Einzelkritik: Borussia Mönchengladbach - VfB Stuttgart 3:1 (2:1)

Erspielt und erkämpft – Borussias Sieg über den VfB

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Mit voller Entschlossenheit - Patrick Herrmann setzt den Schlusspunkt gegen den VfB (Foto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Die Gladbacher Borussen sind gegen den VfB Stuttgart fast drei Kilometer mehr gelaufen als der Gegner und weisen eine positive Zweikampfbilanz aus. In der Anfangsphase gefielen die Borussen spielerisch, später erarbeiteten sie sich den wichtigen Heimsieg. Die Einzelkritik:

Tobias Sippel: Eine gewisse Verunsicherung war ihm nach dem Fauxpas gegen Union noch anzumerken. Einen Schuss von Guirassy hielt Sippel erst im Nachfassen, bei hohen Bällen konnte er zwar letztlich klären, wirkte aber keineswegs wie der ‘Herr des Strafraums’. Beim Gegentor war der 34-Jährige machtlos. In der Spieleröffnung verpuffte einiges, aber Sippel leitete auch den wunderbaren Spielzug vor dem 2:0 ein. Das allerdings mit einem Risikopass, den Hofmann so gerade noch auf Scally verlängern konnte – so nah liegt im Fußball alles beieinander. Nach der Pause hatte er Schwierigkeiten bei einem abgefälschten Schuss, später bewahrte er seine Mannschaft mit einem starken Reflex aus kurzer Distanz gegen Guirassy vor dem Ausgleich. Diese Aktion war auch wichtig für Sippels Selbstvertrauen. Note 3,0.

Joe Scally: Auch wenn er am Ball in einigen Situationen etwas hibbelig agierte, war Scally in seinem Passspiel diesmal deutlich gefestigter als zuletzt. Mit seinem Klasse-Pass auf Thuram stand er an der Basis des 2:0. Kurz darauf kam er im Strafraum zu Fall, aber da wollte er zu deutlich einen Elfmeter schinden. Der leichte Kontakt durch Torwart Müller reichte nicht, um so abzuheben. Kurz nach der Pause, als Scally einen Pass von Führich im Strafraum leicht mit der Hand blockte, hatte er Glück, dass ein möglicher Elfmeterpfiff ausblieb und sich auch der VAR nicht meldete. Defensiv hatte der US-Amerikaner keinen leichten Stand gegen Stuttgarts gefährliche linke Seite mit Sosa und Führich. Das Kopfball-Timing des 19-Jährigen ließ in einigen Situationen zu wünschen übrig. Bei der Riesenchance des VfB ließ er Guirassy zu einfach an den Ball kommen. Note 3,5.

Marvin Friedrich: Zu Beginn wirkte er etwas unsicher, als er einen einfachen Pass in die Füße des Gegners spielte. Bei seinen Versuchen, mit langen Bällen das Geschehen zu verlagern, war Friedrich entweder unschlüssig oder nicht präzise genug. Beim Anschlusstreffer machte es Tiago Tomas zwar richtig gut, dennoch hätte Friedrich das besser verteidigen können. Nach der Pause verteidigte der 26-Jährige im Verbund mit Jantschke ordentlich und kam in einer Szene richtig gut vor den Mann. Bei der Großchance des VfB in der 83. Minute blieb er allerdings ohne Auge für die Strafraumbesetzung passiv im Raum. Note 3,5.

Tony Jantschke: War beim Guirassy-Kopfball in der 11. Minute zweiter Sieger, ansonsten bot der Routinier bei seiner Startelfpremiere in dieser Saison eine bemerkenswert gute Vorstellung. Wenn man es nicht besser wüsste, hätte man denken können, Jantschke wäre der Abwehrchef. Er grätschte überall, wo es nötig war und erhielt mehrfach Szenenapplaus für seine klärenden Aktionen. Der 32-Jährige agierte stabil, zuverlässig und unaufgeregt. Bei einem Stuttgarter Konter nach der Pause fehlte ihm zwar das Tempo, aber letztlich konnte er im Verbund mit Koné gegen Führich doch klären. In der 81. Minute musste Jantschke angeschlagen raus, was eine merkliche Schwächung bedeutete. Note 2,5.

Ramy Bensebaini: War mit seinem Pass auf Plea am ersten Tor beteiligt und setzte Plea auch beim 2:0 mit einem Direktpass in Szene. Er selbst ließ einen ordentlichen Volley-Schuss ab, den der Torwart parierte. Glück hatte der Algerier, als er Anton im Gerangel mit einer Schlagbewegung vom Leib hielt und dafür nur Gelb sah. Das war eigentlich eine klare Tätlichkeit. Nach der Pause strauchelte er und traf Stenzel mit der Hand – hierfür hätte Bensebaini auch verwarnt und damit mit Gelb-Rot vom Platz verwiesen werden können. Das Temperament des 27-Jährigen ist einerseits eine große Stärke, andererseits aber auch ein Risikofaktor, was diesmal so gerade noch gutgegangen ist. Note 3,5.

Julian Weigl: Keine spektakuläre, aber elementare Leistung des 27-Jährigen. Als ‘Balance-Bewacher’ lief er pausenlos Räume zu, sicherte Koné ab und verteilte sauber die Bälle mit funktionalen Kurzpässen. Dabei wählte Weigl stets die besonnene Variante, was sich in einer Passquote von 94 % ausdrückt. In den Zweikämpfen ging er mit der nötigen Schärfe zu Werke. Stellenweise rückte er bei Ballbesitz ein wenig zu weit auf und hatte Mühe, in der Rückwärtsbewegung schnell genug wieder in Position zu kommen. In der Endphase wartete Weigl mit einigen klärenden Aktionen auf, u. a. auch mit einer Kopfballabwehr. Note 3,0.

Manu Koné: Die Zwangspause durch die Sperre schien dem Franzosen gutgetan zu haben, denn er wirkte frischer als zuletzt. Er war viel unterwegs und fand eine gute Mischung aus Antritten mit Ball und schnellen Abspielen. Ein paar Schludrigkeiten leistete sich der 21-Jährige allerdings auch. So leitete er in Halbzeit 2 mit einem für Weigl gedachten Fehlpass einen gefährlichen Konter ein. Immerhin bereinigte Koné gemeinsam mit Jantschke die Situation, indem sie Führich im Strafraum stoppten. Durch eine Anzahl guter Zweikämpfe (u. a. gegen Führich am Sechzehner in der 56. Minute) sorgte Koné für Ballgewinne. In der Offensive hatte er kurz nach Wiederbeginn nach Thuram-Zuspiel eine Gelegenheit, doch er zögerte und wollte den Ball auf seinen rechten Fuß legen, wodurch Stenzel zur Ecke klären konnte. Ein Torschuss aufs kurze Eck wurde von Müller pariert. In der Nachspielzeit schickte er Herrmann mit einem gut getimten Zuspiel auf den Weg in die Glückseligkeit und heimste so einen Assist ein. Note 3,0.

Jonas Hofmann: Stand nach seiner Schulterverletzung etwas überraschend direkt in der Startelf. Dass dies eine gute Entscheidung war, zeigte sich bereits nach vier Minuten. Im richtigen Moment lief Hofmann in den Strafraum und sein Abschluss zum 1:0 war humorlos trocken. So muss das sein. Der 30-Jährige trug ganz entscheidend zu einer gewissen Variabilität im Gladbacher Spiel bei. Bei eigenem Ballbesitz ließ sich Hofmann oft zurückfallen, um von da aus das Geschehen mitzugestalten. Dabei kam zwar nicht jeder Pass an, doch es waren stets die richtigen Ideen erkennbar. Vor dem 2:0 leitete er den riskanten Sippel-Pass mit Geschick und dem Quäntchen Glück perfekt auf Scally weiter. Hofmann machte die nötigen Wege zurück und packte sogar eine Grätsche aus. Allerdings ließ er die Stuttgarter bisweilen etwas einfach gewähren – so setzte er Sosa vor dem Anschlusstreffer nicht genügend unter Druck. Vorne bekam Hofmann einen langen Abschlag von Sippel leider nicht unter Kontrolle, zudem wurde ein gefährlicher Schuss von ihm noch geblockt. Note 2,5.

Christoph Kramer: Führte die Borussia als Kapitän aufs Feld und sortierte sich wieder als ‘Zehner’ ein, nachdem er in Berlin auf der Doppel6 agiert hatte. Kramer lief bei gegnerischem Ballbesitz hoch an und machte dann die Wege mit zurück. Er bewegte sich ständig zwischen den Linien und hatte am Ball einige gute Ansätze. Klasse war die Flanke zur Plea-Chance. Ein paarmal misslang das Direktspiel und mitunter hielt er zu lange inne und vertändelte eine zügige Folgeaktion. Bei der Defensivarbeit war der 31-Jährige engagiert und griff auch mal zu einem geschickten taktischen Foul, wenn es nötig war. Als Jantschke rausmusste, rückte Kramer in die Innenverteidigung. Dort solide, obwohl er sich u. a. vor der Großchance von Guirassy im Vorfeld zu weit herauslocken ließ. Note 3,5.

Alassane Plea: Startete perfekt in die Partie, indem er auf links das Bensebaini-Zuspiel aufnahm und die überlegte Hereingabe in den Rückraum auf Hofmann spielte, der die Führung besorgte. Plea war extrem spielfreudig, nahm am Ball direkt Tempo auf und bestach durch seine enorme Spiel-Intelligenz. Der Franzose zeigte echte Spielmacher-Qualitäten. Er selbst hatte eine vorzügliche Torchance nach Kramer-Flanke, als er leicht gezogen wurde. Löblich, dass er sich da nicht fallen ließ, allerdings hätte er den Ball eigentlich im Tor versenken müssen. Der Zauberpass mit dem Außenrist auf Thuram zum 2:0 war ein Meisterwerk. Der 29-Jährige arbeitete auch respektabel mit nach hinten. Note 1,5.

Marcus Thuram: In der schwungvollen Anfangsphase der Borussia agierte er vergleichsweise unauffällig, war dann aber mit seinem entschlossenen Abschluss zum 2:0 zur Stelle. Den Traumpass von Plea nahm Thuram mit fließender Bewegung optimal mit rechts an und vollendete mit links. Bei seinen Pässen war der 25-Jährige sehr sicher, von den langen Bällen – insbesondere von Sippel – konnte Thuram allerdings kaum einen festmachen. Im Ganzen gesehen wirkte der Franzose weniger aktiv als sonst und kam zwei-, dreimal dem Ball nicht entgegen. In der Nachspielzeit blieb er bei einem Stuttgarter Angriff einfach stehen. Dafür setzte er sich kurz danach an der Mittellinie stark durch und ebnete den Weg zu Herrmanns Treffer. Note 3,0.

Lars Stindl (81. Minute für Jantschke): Übernahm nicht nur die Position von Kramer, sondern auch die Kapitänsbinde. Wirklich in Szene setzen konnte sich der 34-Jährige allerdings nicht und verzeichnete nur zwei Ballkontakte. Ohne Note.

Luca Netz (87. Minute für Plea): Kam auf der linken Seite auf fünf Ballaktionen und haute noch einen Ball klärend ins Seitenaus. Ohne Note.

Patrick Herrmann (90.+3 Minute für Hofmann): Eigentlich sollte nur an der Uhr gedreht werden, doch Herrmann sorgte mit seinem Sprint und dem präzisen Abschluss für den emotionalen Schlusspunkt. Ohne Note.

 

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