Es war regnerisch am Borussia-Park, als Gerardo Seoane seine Spieler erstmals auf den Trainingsplatz beorderte. Für den Schweizer ist es die dritte Saisonvorbereitung in Gladbach. »Wir haben unsere Akkus im Urlaub aufgeladen, kommen motiviert zurück und wissen: Wir wollen es besser machen«, sagte Seoane. »Die Ambitionen sind da, die Herausforderungen auch«.
Noch muss vieles ins Blaue hinein geplant werden, denn es ist nach wie vor nicht abzusehen, wie der finale Kader aussehen wird. »Das Transferfenster ist noch lange offen, es kann sich also noch einiges tun«, sagte Seoane. Sportchef Roland Virkus konnte am Sonntag nur den Sachstand wiederholen, mit dem man sich in die Sommerpause verabschiedet hat. »Ich habe schon gesagt, dass dieses Transferfenster sehr herausfordernd wird«, erklärte er. »Wir beobachten den Markt, schauen, was in unserem Kader passiert, welche Spieler uns verlassen - und dann reagieren wir.«
Reagieren statt agieren
Die selbst auferlegte Handlungsbeschränkung ist also weiterhin Programm in Gladbach. Oder wie es CEO Dr. Stegemann ausdrückte: »Wir sind aktuell an der einen oder anderen Stelle vielleicht nicht ganz so aggressiv wie andere Vereine«. Am Sonntag jedenfalls sah auf dem Trainingsplatz vieles aus wie immer. Ko Itakura, eigentlich allgemein als Verkaufskandidat Nummer 1 gehandelt, war ebenso vor Ort wie Marvin Friedrich, Luca Netz, Jonas Omlin oder Joe Scally, die ebenfalls mehr oder weniger mit einem möglichen Vereinswechsel in Verbindung gebracht werden.
Neben der Tatsache, dass sich die beiden noch nicht ganz fitten Neuzugänge Jens Castrop und Kevin Diks zumindest präsentierten, wurden zwei weitere Personalentscheidungen verkündet. Der Vertrag mit Tobias Sippel wurde um ein weiteres Jahr verlängert – für den 37-Jährigen ist eine doppelte Funktion vorgesehen. Er trainiert weiterhin mit den Profis und übernimmt parallel Aufgaben als Torwarttrainer im Jugendbereich. Zudem wurde der Vertrag mit dem 16-jährigen Wael Mohya verlängert. Mohya wurde mit der U17 Deutscher Meister und trainiert in den nächsten Wochen bei den Profis, um Erfahrungen zu sammeln.
Neuhaus mit der U23 ins Trainingslager - und dann?
Natürlich war am Sonntag am Borussia-Park auch Florian Neuhaus ein Thema. Der ehemalige Nationalspieler trainierte bereits am Vormittag mit der U23 und wird mit Borussias zweiter Mannschaft auch ins Trainingslager fahren. Eine Zukunft bei den Profis ist nur noch schwer vorstellbar, doch die Verantwortlichen halten sich bedeckt. Roland Virkus äußerte sich gar nicht zum Thema, Gerardo Seoane sagte lediglich, dass sich so etwas niemand wünscht im Verein, »schon gar nicht ein Trainer. Der Verein hat dazu Stellung bezogen, und das ist für uns aktuell der Maßstab.«
»Wir haben uns entschieden, sein Verhalten zu sanktionieren. Für mich gehört dazu: Wenn eine bestimmte Zeit vorbei ist, dann spricht man wieder miteinander und blickt nach vorn. Mehr möchte ich dazu nicht sagen«, erklärte Dr. Stegemann. »Wir haben mit ihm alles besprochen, wir haben gut überlegt, welche Entscheidung wir treffen. Diese Entscheidung wurde gemeinsam mit dem Aufsichtsrat und dem Präsidium abgestimmt.«
Kleindienst-Comeback im November?
Zum Trainingsauftakt waren Tomáš Čvančara und Robin Hack nicht vor Ort - beide fehlten krankheitsbedingt. Rocco Reitz, Lukas Ullrich und Oscar Fraulo haben nach der U21-EM noch Urlaub und sollen einsteigen, wenn Borussia ins Trainingslager am Tegernsee startet. Nico Elvedi, der nach der Saison noch mit der Schweiz im Einsatz war, wird in den nächsten Tagen zurückerwartet. Nathan Ngoumou (Achillessehnenriss) und Tim Kleindienst (Knie-OP) werden noch einige Zeit in der Reha verbringen.
Bei Tim Kleindienst besteht die Hoffnung, dass er doch noch in diesem Jahr zurückkehren könnte. »Aktuell ist er voll im Zeitplan. Wenn alles gut läuft, glauben wir, dass Tim im November wieder auf dem Platz stehen kann«, sagte Roland Virkus. »Tim ist sehr forsch in der Reha, am liebsten würde er schon heute wieder trainieren – aber da müssen wir realistisch sein.« Realismus - und sehr viel Geduld - wird allgemein in Mönchengladbach in den nächsten Wochen und Monaten gefragt sein. Von Euphorie war am Sonntag jedenfalls nicht viel zu spüren - und das lag nicht nur am Wetter.
von Redaktion TORfabrik.de