Nachdreher aus Sinsheim

Eine Katastrophe im Quadrat

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Totalschaden für Julian Weigl und die Borussia in Sinheim (Foto: Eibner - Imago Images)

Borussia Mönchengladbach verliert in der Nachspielzeit mit 3:4 in Hoffenheim. Das mag nach Dramatik und Pech klingen, doch es war schlichtweg die nächste dumme und unentschuldbare Niederlage einer Mannschaft, der es in allen Bereichen an Qualität mangelt.

Für den neutralen Zuschauer mag das Spiel in Sinsheim ein unterhaltsames Spektakel gewesen sein, doch aus Sicht von Borussia Mönchengladbach war es eine Katastrophe im Quadrat. Dass man in der Schlussminute einen Punkt in Händen hielt, war angesichts der gezeigten Leistung schmeichelhaft. Wie dämlich man den Glücks-Punkt dann doch noch herschenkte, war der nächste Beweis, dass diese Mannschaft am Rande des Totalzusammenbruchs steht. 

Die defensive Stabilität wurde vor dem Spiel als oberstes Ziel angepriesen und personell war alles darauf ausgerichtet. Einmal mehr blieb die Mannschaft den Nachweis schuldig, dass sie die Basis des Spiels, nämlich das Verteidigen, auf Bundesliganiveau beherrscht. Zu Beginn der Partie hielt man Hoffenheim noch allein aufgrund der Vielzahl an Spielern hinter dem Ball von Chancen ab. Aber eine defensive Ausrichtung beinhaltet nicht nur Verschieben und Begleiten, sondern auch eine konsequente Zweikampfführung. Und dieses aktive Verteidigen, also auf Ballgewinne ausgerichtete Aggressivität in den Zweikämpfen, war allenfalls punktuell zu sehen.  

Nur beim Ausgleich passte mal alles zusammen

Zumal bei eigenem Ballbesitz einmal mehr die fußballerischen Defizite deutlich wurden. Die Versuche, sich aus dem Pressing der Hoffenheimer mit spielerischen Mitteln zu befreien, führten spätestens ab der dritten Station zu einer Panikreaktion inklusive Ballverlust. So wie bei Reitz vor dem 0:1, was ihm natürlich so niemals passieren darf. Allerdings spielte auch die Passivität der Kollegen eine Rolle, die ihm keine Option boten, die Situation mit einem schnellen Abspiel zu lösen. 

Aggressivität, fußballerische Klasse und Standfestigkeit bewiesen die Borussen vor der Pause lediglich beim Ausgleich, als Hack nach einer starken Balleroberung (Wöber, Reitz) und einem gedankenschnellen Pass (Plea) durchstartete. Hack blieb unter Bedrängnis stabil und vollendete gekonnt - ein rundum gelungener Treffer. Eigentlich boten die defensiv auch eher fahrigen Hoffenheimer noch einiges mehr an, aber die Borussen kamen meist über Ansätze nicht hinaus. 

Die Umstellungen von Seoane fruchten nicht

Die Umstellungen nach der Pause (Friedrich zentral, Elvedi rechts und Itakura mit einer Art Sonderbewachung für Kramaric) fruchteten überhaupt nicht, auch wenn Gerardo Seoane nach dem Spiel etwas anderes behauptete. Hoffenheim erhöhte den Druck und kam zu mehreren Chancen. Die Abstimmung in Gladbachs Defensivverbund passte überhaupt nicht mehr, was schließlich darin mündete, dass Wöbers Fehleinschätzung Prömel den Weg zu seinem sehenswerten Distanzschusstreffer ebnete.

Zwar waren die Borussen nach dem neuerlichen Rückstand besser im Spiel, aber sie leisteten sich weitere schlimme Fehler. Der Ballverlust von Weigl vor dem 1:3 war schon schrecklich, aber wie er sich dann von Kabak mit einer simplen Bewegung ausspielen ließ, war eines Bundesligaspielers unwürdig. 

Das nächste Kapitel im dicken Buch der Unzulänglichkeiten

Dass die Borussen in den letzten 25 Minuten nicht gänzlich zusammengebrochen sind, lag zunächst daran, dass sich Hoffenheim mit dem Verwaltungsfußball schwerer tat als nötig. Beim Anschlusstreffer von Hack offenbarte die Hoffenheimer Hintermannschaft, warum sie genauso viele Gegentore kassiert hat wie die Schießbude Borussia auf der anderen Seite. Die Gladbacher witterten Morgenluft und dank des listigen dritten Tores durch Hack in der Schlussminute schienen sie tatsächlich noch einen unerwarteten Punkt einheimsen zu können. 

Doch was dann passierte, war das nächste Kapitel im dicken Buch der Unzulänglichkeiten von Borussia Mönchengladbach. Einen langen Ball von Hoffenheims Torwart ließ Bebou per Brust auf Weghorst abtropfen. Der hatte dreißig Meter vor dem Tor massig Platz und kam bei aller Schwerfälligkeit so weit auf Touren, dass er ungestört auf halbrechts zu Becker passen konnte. Der wiederum setzte sich gegen den halbherzig dagegenhaltenden Scally durch und passte auf Bebou, dessen Laufweg Elvedi nicht mitgemacht hatte. Elvedis Versuch, Bebou dann zu attackieren, war extrem kläglich und auch Scally stellte sich beim Blockversuch ungeschickt an. 

Angesichts des labilen Zustands droht ein Horrorszenario

Während Wöber, Netz, Weigl und Itakura zwar alle im Strafraum waren, aber ohne Gegnerorientierung nur auf den Ball schauten, standen halblinks im Strafraum Kaderabek und Stach komplett frei. Die hätten sich fast noch gegenseitig behindert, aber sie hatten ausreichend Zeit sich zu sortieren, weil Netz die Situation viel zu spät realisierte, sodass Stach Bebous flache Hereingabe ungestört ins Eck schießen konnte. 

Am Ende standen die Borussen einmal mehr bedröppelt und mit leeren Händen da. Der Plan, mit defensiver Stabilität zum Erfolg zu kommen, wurde mit vier Gegentoren und 28 zugelassenen Torschüssen pulverisiert. Die taktischen Anpassungen nach der Pause destabilisierten das Konstrukt zusätzlich und die exorbitanten persönlichen Fehler sind in dieser Häufigkeit kein Zufall, sondern ein Zeichen fehlender individueller Qualität. Die Situation in der Tabelle bleibt extrem angespannt und angesichts des labilen Zustands der Borussia droht ein Horrorszenario an den letzten Spieltagen der Saison.

 


von Marc Basten
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