Einwurf nach dem Ende der Ära Eberl

Was Borussia aus dem ‘Fall’ Eberl lernen kann

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Auch Roland Virkus kann aus den Fehlern seines Vorgängers lernen (Foto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Das Kapitel Borussia Mönchengladbach und Max Eberl ist endgültig beendet. Es war eine Erfolgsgeschichte aus dem Bilderbuch, deren Ende viele desillusionierte Menschen zurücklässt. Die Fans müssen sich mit einer harten Realität auseinandersetzen, aber auch Borussia als Verein kann aus dem ‘Fall’ Eberl lernen.

Jetzt ist es also offiziell: Borussia Mönchengladbach und Max Eberl gehen endgültig und unumkehrbar getrennte Wege. Den ehemaligen Geschäftsführer und Sportdirektor zieht es tatsächlich zum Konstrukt nach Leipzig. Dort wird Eberl künftig mit Geld zugeschmissen und wenn er sich nicht ganz blöd anstellt, dürfte er sich irgendwann auch mal seinen Traum von etwas ‘Blechernem’ erkaufen. Das ist legitim, das ist das Business. Das passt zwar überhaupt nicht zu dem Max Eberl, den man in über 20 Jahren in Gladbach kennen und schätzen gelernt hat, aber Veränderungen sind halt Bestandteil des Lebens.

Wie schon an anderer Stelle ausgeführt, muss man im Fall Eberl differenzieren. Die mentale Erschöpfung, die im Januar zu seinem Abgang führte, ist unzweifelhaft. Dass es soweit kommen konnte, war das Ergebnis einer langen Entwicklung. Dazu dürfte auch der Wunsch nach beruflicher Veränderung gezählt haben und dem Vernehmen nach hatte RB schon deutlich lauter angeklopft, als zunächst angenommen. Dennoch ist die Schlussfolgerung falsch, dass Eberl einzig wegen seines Wechselwunschs eine Show abgezogen und in den Sack gehauen hat. Es ist einiges zusammengekommen und RB war letztlich ein Puzzlestück von vielen.

Eberl hat die Baupläne für sein Denkmal verbrannt

Dass Eberl nun nach Leipzig geht, stößt bei allen Borussen wenig überraschend auf eine Menge Unverständnis. Aber es ist die ganz persönliche Entscheidung von Max Eberl. Er war schon länger als Geschäftsführer bei Borussia abberufen und hat nun mit der Vertragsauflösung auch formell alle Brücken abgerissen. Dass er dabei auch die Baupläne für das Denkmal, das man ihm in Gladbach für sein Lebenswerk irgendwann errichtet hätte, verbrannt hat, ist ebenso seine Entscheidung. Genauso schießt er bewusst nahezu alles an Ansehen in den Wind, was ihm in Mönchengladbach zuteil geworden ist. Darüber darf man sich wundern, doch auch das hat Eberl nur mit sich selbst auszumachen.

Dass die Borussenfans enttäuscht sind, ist nachvollziehbar. Die Realität anzuerkennen, dass der Profifußball einfach nur ein mieses Business ist, in dem die Protagonisten mit den Emotionen ihrer Fans spielen, ist hart. Bei Spielern oder Trainern wissen die Fans mittlerweile, dass diese nur die von Hans Meyer genannten Passanten sind - auch wenn es manchmal schwerfällt. Der Fall Eberl zeigt nun, dass man auch Sportdirektoren in diese Kategorie einsortieren muss. Niemand, wirklich niemand, ist größer als der Verein und alle handelnden Personen sind austauschbar.

Medial omnipräsent und gleichzeitig den Fokus in seinem Kernbereich verloren

Die Fans sollten einen Haken an das Kapitel Eberl machen und sich auf Borussias Gegenwart und Zukunft konzentrieren. Das ist spannend genug. Nebenbei kann man natürlich Richtung Leipzig schielen und darauf hoffen, dass Max maximalen Misserfolg hat. Und wenn Eberl tatsächlich irgendwann mal mit einem Titel kokettieren kann, darf man das auch einfach emotionslos zur Kenntnis nehmen, weil es einem ziemlich schnuppe ist.

Bei Borussia muss man aber aus dem ‘Fall Eberl’ die richtigen Lehren ziehen. Man hat einen Sportdirektor, der mit einem Angebot von Bayern wedelte, mit allen Kompetenzen ausgestattet und ihn quasi unantastbar gemacht. Dass Eberl in den letzten Jahren medial omnipräsent war, gleichzeitig aber den Fokus in seinem Kernbereich verlor, wurde mehr oder weniger stillschweigend hingenommen. Obwohl sich die Anzeichen mehrten, dass einiges in die falsche Richtung lief - nicht zuletzt bei der teuren Verpflichtung von Adi Hütter.

Offensichtlich hat Virkus aus den Fehlern seines Vorgängers gelernt

Der Verein ist gut beraten, künftig mit internen Kontrollinstanzen dafür Sorge zu tragen, dass es solche einseitigen Abhängigkeitsverhältnisse nicht mehr gibt. Insoweit ist die anfänglich oft belächelte Inthronisierung von Roland Virkus als Sportdirektor ein guter Anfang. Virkus steht nicht in Verdacht, seinen Job als Karrieresprungbrett oder als Plattform zur Selbstdarstellung zu sehen. Virkus hatte einen komplizierten Einstieg, weil er direkt eine Krisensituation moderieren musste und da gab er teilweise im kommunikativen Bereich eine sehr unglückliche Figur ab. Doch mittlerweile hat er deutlich an Profil gewonnen - und zwar in seinem ureigensten Aufgabenbereich.

Er hat die überfällige Trennung von Hütter vollzogen und Daniel Farke geholt, nachdem mit Lucien Favre der Favorit des Präsidiums abgesprungen war. Und Virkus hat bei der Kaderzusammenstellung unter wahrlich nicht einfachen Gegebenheiten saubere Arbeit geleistet. Offensichtlich hat er auch aus den Fehlern seines Vorgängers gelernt: Im Gegensatz zu Eberl, der bei jeder Pressekonferenz dabei war und sich zu Gott und der Welt ausließ, erscheint Virkus nur noch temporär bei diesen Terminen. Er lässt dem eloquenten Daniel Farke den Vortritt in dem Wissen, dass dieser zur aktuellen sportlichen Lage alles sagen kann, was gesagt werden muss. Das sollte Virkus unbedingt so beibehalten. Überhaupt hat sich Borussias Öffentlichkeitsarbeit in letzter Zeit positiv entwickelt. Es ist nämlich durchaus richtig und angebracht, einige Dinge - wie den ‘Fall Eberl’ und seine Begleiterscheinungen - einfach nicht zu kommentieren und das auch konsequent so zu halten.

 


von Marc Basten

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