Einwurf nach dem Spiel in Dortmund

Hütter und das Team lassen das Desaster über sich ergehen

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Bedröppelt und tief enttäuscht - die Borussen nach dem Desaster im Westfalenstadion (Foto: Norbert Jansen / Fohlenfoto)

Borussia Mönchengladbach macht ein relativ ordentliches Auswärtsspiel in Dortmund, wo man lange ebenbürtig ist, aber die entscheidenden Details zugunsten des Gegners ausfallen. Doch dann lässt man sich nach hinten heraus naiv abschlachten und so mutiert eine einkalkulierte Niederlage zu einem Desaster. Für das Adi Hütter die Verantwortung trägt.

Es ist schwer in Worte zu fassen, was an diesem frühen Sonntagabend bei Dauerregen im Dortmunder Westfalenstadion passiert ist. Da leuchtet ein 6:0 auf der Anzeigetafel, der Dortmunder Anhang vergnügt sich mit der Parodie der Gladbacher Torhymne, Marco Rose grinst breit vor sich hin und Marco Reus ist zum x-ten Male man of the match, wenn es gegen seinen Ex-Klub geht. Was ein grausames Gesamtbild, das sogar noch schlimmer wird, wenn man es sich im Detail anschaut.

Denn eigentlich sah es eine zeitlang ganz ordentlich aus, was die abstiegsbedrohten Gäste da beim wankelmütigen Tabellenzweiten auf den Rasen brachten. Man war über weite Strecken auf Augenhöhe und hatte im ersten Durchgang drei richtig hochkarätige Torchancen und nach dem Seitenwechsel einen Lattenkracher zu verzeichnen. Der Zwischenstand von 0:2 spiegelte nach etwas mehr als einer Stunde keineswegs die gezeigten Leistungen wider. Es war bis dahin “nur” dumm gelaufen für die Fohlenelf. Die eigenen Chancen wurden nicht genutzt und auf der anderen Seite waren zwei der drei Dortmunder Gelegenheiten drin.

Was in den letzten zwanzig Minuten passierte, ist nicht weniger als eine Vollkatastrophe

Natürlich darf man auch das nicht schönreden, denn vor allem das 0:2 war unnötig wie ein Kropf. Dass die Abwehrkette bei Dortmunder Ballbesitz so weit rausrückt, war unglaublich naiv. Prompt war die Zentrale offen wie ein Scheunentor und Marvin Friedrich hechelte vergeblich hinter Malen her. Eine Dreierkette funktioniert nur dann, wenn man sich gegenseitig absichert - oder zumindest einen Sprinter wie Zakaria hat. Aber Elvedi und Ginter kommen im defensiven Umschaltspiel schon schwer in die Puschen - und Friedrich ist sogar noch langsamer.

Mit Ruhm bekleckerten sich die Borussen also auch vor der 70. Minute nicht unbedingt, aber zumindest schien sich der Schaden im Rahmen zu halten. Als dann das 0:3 fiel, war jedem klar, dass der Drops gelutscht ist. Doch was danach passierte, ist nicht weniger als eine Vollkatastrophe. Es ist schlichtweg unfassbar, dass man sich in den letzten zwanzig Minuten derart abschlachten ließ. Es war ja keineswegs so, dass Dortmund plötzlich alles nach vorne geworfen und ein Powerplay aufgezogen hätte. Nein, die Gladbacher ließen sich ein ums andere Mal wie blutige Anfänger auskontern. Das war so entsetzlich einfältig, dass es schmerzte. Aber die Mannschaft machte einfach weiter so. Lud Dortmund zum Kontern ein und ließ alles einfach über sich ergehen.

Wie ein Tritt in die Weichteile - mit Anlauf

Es war wirklich grausam mit anzusehen. Auch Adi Hütter dürfte ähnlich empfunden haben, jedenfalls äußerte er auf der Pressekonferenz nach dem Spiel ebenfalls sein Unverständnis über das Verhalten der Mannschaft nach dem 0:3. Blöd nur, dass Hütter kein hilfloser Beobachter ist, sondern ein Hauptverantwortlicher dieses Desasters. Es ist ja nicht so, dass da mal kurz die Ordnung flöten ging, sondern es waren geschlagene zwanzig Minuten, in denen es drunter und drüber ging. Während tausende Gladbachfans verzweifelt ihren Fernseher angebrüllt haben, damit dieser Irrsinn aufhört und die Spieler endlich verteidigen, schauten Hütter und seine beiden Co-Trainer bräsig und tatenlos zu, wie man Dortmund in schrecklicher Naivität eine Konterchance nach der anderen auf dem Silbertablett servierte.

Ja, ein Trainer kann nichts dafür, dass der Schuss von Jonas Hofmann an die Latte klatscht und der von Marius Wolf via Unterkante der Latte im Tor landet. Aber ein Trainer kann etwas dafür, wenn seine Mannschaft zwanzig Minuten lang nahezu jegliche Kontrolle verliert und er nichts macht. Nichts. Nada. Niente. Nothing. Er lässt sie einfach so ins Verderben laufen. Wohl wissend, welche Folgen eine solche Klatsche im Nachgang haben wird. Eine ‘normale’ Niederlage in Dortmund hätte niemanden überrascht oder gar umgeworfen. Aber das, was da ab der 70. Minute passiert ist, kommt in dieser prekären Situation einem Tritt in die Weichteile gleich - mit Anlauf. Und das lässt neben einem dumpfen Schmerz auch die Zweifel an Adi Hütter immer deutlicher werden. Er meidet das Wort ‘Abstiegskampf’ weiter wie der Teufel das Weihwasser, klammert sich an die vermeintliche Qualität des Kaders und verharrt beim Coaching in der gleichen Tatenlosigkeit, wie seine Mannschaft beim Verteidigen. Nicht zuletzt die verheerende Bilanz von 46 Gegentoren in 23 Spielen zeigt, wohin der Weg führen wird, wenn man einfach so weitermacht.

 


von Marc Basten

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