Einwurf nach dem Spiel gegen Leverkusen

Der Fall Ginter: Hütters Konsequenz ist richtig - trotz der Niederlage

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90 Minuten auf der Bank gegen Leverkusen - Matthias Ginter (Foto: Norbert Jansen / Fohlenfoto)

Matthias Ginter saß gegen Bayer Leverkusen 90 Minuten auf der Bank. Schon vor dem Spiel wurde sich auf diese Personalentscheidung gestürzt und nachdem Borussia verloren hat, kocht die Sache richtig hoch. Dabei war die Maßnahme von Adi Hütter konsequent und richtig.

Es war ein gruselig nebliger Abend im Borussia-Park und auf Seiten von Borussia Mönchengladbach gab es nur Verlierer. Die nächste Heimniederlage wurde besiegelt und gleichzeitig das zarte Pflänzchen Hoffnung nach dem unerwarteten Sieg in München wieder zertrampelt. Und als i-Tüpfelchen obendrauf wird mit dem ‘Fall Ginter’ der nächste Nebenkriegsschauplatz befeuert, der im Endeffekt nur von den wirklich wichtigen Dingen ablenkt. Denn das Risiko, dass Adi Hütter im Falle einer Niederlage für seine wie auch immer geartete Personalentscheidung unter Beschuss stehen würde, musste er einkalkulieren.

Jetzt, wo Ginter nicht gespielt und Borussia verloren hat, wirft man dem Trainer die Demontage eines Nationalspielers sowie eine selbst herbeigeführte Schwächung der Mannschaft vor. Hätte andererseits Ginter anstatt Friedrich gespielt und Borussia wäre ebenso als Verlierer vom Platz gegangen, würde man Hütter vorhalten, Neuzugang Friedrich nicht zu vertrauen und stattdessen auf einen Profi zu setzen, der sich mit Borussia nicht mehr identifiziert. Egal wie man es dreht - Hütter konnte im Fall einer Niederlage nur doppelt verlieren. So ist es nun gekommen und der Österreicher dürfte erfahren genug sein, die aktuelle künstliche Aufregung beiseite zu schieben.

Hütter hat nicht mit Ginter den Superstar auf die Bank gesetzt und stattdessen den einbeinigen Blinden spielen lassen

Denn grundsätzlich hat der Trainer konsequent und richtig gehandelt. Es war zuvorderst weniger eine Entscheidung gegen Ginter, sondern vielmehr eine Entscheidung pro Friedrich. Borussia hat Friedrich nicht als Perspektivspieler fürs nächste Jahr geholt, der jetzt mal reinschnuppern soll, sondern als Soforthilfe. Weil es eben gerade im Defensivverbund dringend einen Spielertyp braucht, der präsent ist und der vorangeht. Und das soll Friedrich sein, deshalb hat man ihn gekauft und sich das Geld ‘aus den Rippen geschnitten’, wie Max Eberl es ausdrückte. Wenn also dieser neue Mann körperlich im Saft steht und er sich nicht groß akklimatisieren muss, dann sollte er auch direkt spielen. Und genau so hat es Hütter gemacht. In dem Wissen, dass Friedrich diesen Vertrauensvorschuss wohlwollend zur Kenntnis nehmen und die auf ihn wartenden Herausforderungen gestärkt angehen wird.

Dass es Hütter wichtiger ist, sich eine Vertrauensbasis mit Friedrich zu schaffen, als auf die Befindlichkeiten von Ginter Rücksicht zu nehmen, ist nur verständlich. Zumal es ja nicht so ist, dass Hütter mit Ginter den Superstar auf die Bank gesetzt und stattdessen einen einbeinigen Blinden spielen lassen hat. Ganz objektiv gesehen hat Friedrich gewiss kein überragendes Spiel gemacht, sondern ein durchschnittlich solides. Halt genau das, was in nahezu jeder Einzelkritik in den letzten viereinhalb Jahren über Matthias Ginter nachzulesen ist. Zu argumentieren, Hütter hätte die Mannschaft mit dem Verzicht auf Ginter sehenden Auges geschwächt, ist schlichtweg Blödsinn.

Natürlich war es ein Fingerzeig, dass Ginter einen Wechsel im Winter forcieren soll

Wichtig wird nun sein, dass Hütter konsequent bleibt und die Sache durchzieht. Dass Matthias Ginter dabei auf der Strecke bleiben könnte, ist ein Stück Normalität in diesem Geschäft. Der Spieler hat sich nichts zuschulden kommen lassen, aber es gibt auch keinen Anlass, ihn mit Samthandschuhen anzupacken. Er hat schließlich auch keine Anstrengungen unternommen, dem Verein etwas mehr zurückzugeben, als es sein Arbeitsvertrag vorsieht. Befremdlich mag das Gladbacher Verhalten allenfalls denen vorkommen, welche die Geschichten von der ‘großen Familie Borussia’ und den ausschließlich tollen Jungs für bare Münze nehmen. So etwas gibt es im Haifischbecken Fußballbundesliga schon lange nicht mehr - wenn es das überhaupt mal gegeben hat. Es ist und bleibt ein knallhartes Geschäft, bei dem es letztlich vor allem um Geld geht.

Und auch diesbezüglich dürfte das Interesse von Borussia klar definiert sein. Man hat für Friedrich in Zeiten leerer Kassen eine Ablöse zahlen müssen und mit dem Ex-Unioner einen weiteren Spieler auf der Payroll. Bedeutet umgekehrt, dass man Ginter möglichst noch für einen gewissen Transfererlös abgeben sollte um gleichzeitig auch dessen üppiges Gehalt einzusparen. Insoweit ist die Nichtberücksichtigung von Ginter natürlich ein Fingerzeig, dass der Spieler einen Wechsel im Winter eigenständig forcieren soll. Borussia sucht die letzte Möglichkeit, um den ohnehin schon großen finanziellen Verlust aus der ‘Investition Ginter’ noch irgendwie zu minimieren. Und Ginter wird sich überlegen müssen, ob das zu erwartende Handgeld für einen ablösefreien Wechsel im Sommer ein halbes Jahr als Backup für Friedrich aufwiegt. Eine kurzfristige Trennung wäre für alle Beteiligten fraglos die sinnvollste Lösung.

 


von Marc Basten

 

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