Der nächste Klotz am Bein

TV Ärgernisse

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Matthias Sammer ist der Experte bei Eurosport. Doch wer schaut zu? (Foto: Alexander Hassenstein / Bongarts / Getty Images)

Matthias Sammer ist der Experte bei Eurosport. Doch wer schaut zu? (Foto: Alexander Hassenstein / Bongarts / Getty Images)

Keine neue Vielfalt, sondern lediglich eine Menge Ärger bedeutet für den Großteil der Pay-TV-Zuschauer die Rechtevergabe in der Bundesliga zur neuen Saison.

Schon die Vergabe der TV-Rechte im letzten Jahr mutete etwas eigentümlich an. Da kaufte Eurosport/Discovery die Rechte an 40 Bundesligaspielen, die freitags und montags ausgestrahlt werden. Sky, wo bislang alle Partien live gezeigt wurden, legte zwar die Rekordsumme 3,504 Milliarden Euro für die Übertragungsrechte 2017/18 bis 2020/21 auf den Tisch, muss aber seine Angebotspalette gezwungenermaßen verkleinern.

Eurosport/Discovery verfügt nicht über eine eigenständige Pay-TV/Decoder-Infrastruktur und Sky investiert eine Rekordsumme, um die die chronisch Pay-TV-skeptischen Deutschen mit einem zerfledderten Angebot zu gewinnen. Das hört sich wenig schlüssig an und nunmehr entpuppt sich das Ganze als ein großes Ärgernis – für den Fan, der einfach nur die Spiele seines Vereins sehen will.

Dafür ist er nämlich gezwungen, weiter ein komplettes Sky-Abo abzuschließen und muss sich zusätzlich um eine Lösung bemühen, Eurosport empfangen zu können. Das geht übers Internet mit dem „Eurosportplayer“ für 29,99 Euro im Jahr. Der Player funktioniert allerdings nicht auf allen internetfähigen Endgeräten, zudem ist eine schnelle Internetverbindung Voraussetzung, was in Deutschland jedoch keinesfalls flächendeckend der Fall ist. Ein ‚Ruckelstream‘ fürs vermeintliche Premium-Produkt Bundesliga – das kann es nicht sein.

Viele zeigen Eurosport die kalte Schulter

Allgemein ging man daher davon aus, dass sich Sky und Eurosport hinter den Kulissen einigen würden, und eine Ausstrahlung von Eurosport über einen Kanal erfolgt, den Sky-Nutzer empfangen könnten. Doch eine Übereinkunft blieb aus, so dass Eurosport jetzt neben dem Internet über die Plattform „HD+“ die 40 Spiele vertreibt. Hierfür ist allerdings Voraussetzung, dass der interessierte TV-Konsument ein „HD+“ Jahresabo für 70 Euro abschließt – er kann dafür diverse Free-TV-Sender in HD sehen – und monatlich 5 Euro für die Bundesliga zahlt. In Summe also pro Jahr 130 Euro zum Sky-Abo oben drauf.

Das wiederum sorgt bei vielen Fans für Entrüstung. Zwar veröffentlicht Eurosport/Discovery keine genauen Zahlen, doch ganz augenfällig lehnen es viele der ‚Normal-Fußball-Konsumenten‘ ab, sich diesen weiteren Klotz ans Bein zu binden. Der Tenor ist klar: Bei ein paar Euro mehr, aber keinen technischen Verrenkungen und keinen Abo-Anbietern, die einem wieder nur unnütze Pakete mit langen Vertragslaufzeiten verkaufen, würden die meisten in den sauren Apfel beißen. Aber angesichts dieses Wirrwarrs und des Machtkampfs zulasten des Zuschauers zeigen viele Eurosport die kalte Schulter.

Dabei hat man als Sky-Kunde schon genug Scherereien. Dass dort der Bestandskunde nach Strich und Faden hinters Licht geführt wird, während Neukunden mit Lockangeboten überhäuft werden, ist längst bekannt. Wer die Kündigungsfristen nicht verschläft, wird sich immer besser stehen, wenn er entweder um gute Konditionen bei einer Verlängerung im letzten Moment feilscht oder aber einen Neuvertrag abschließt. Ein Sky-Abo war bislang nur oberflächlich ein ‚Rundum-Sorglos-Paket‘, jetzt wird alles noch ärgerlicher. Vom anhaltenden Qualitätsverfall der Sky-Produktionen mal ganz abgesehen.

Aus einem Monopolisten werden zwei – zulasten des Kunden

Die DFL, die dieses unausgegorene Modell ‚Sky-Eurosport‘ erst möglich gemacht hat, schiebt dem Bundeskartellamt den Schwarzen Peter zu. Die Behörde hatte die Auflage erteilt, dass ein Unternehmen nicht alle Live-Rechte exklusiv erhalten dürfe. Daher mussten die Rechte an mindestens zwei Bieter gehen. Normalerweise sollen solche kartellrechtlichen Vorschriften Monopolisten einen Riegel vorschieben und für Wettbewerb sorgen. Doch in diesem Fall gibt es keinen Wettbewerb, bei dem sich der Kunde zwischen zwei Anbietern entscheiden kann, sondern zwei Monopolisten, die ihren Teil vom Kuchen exklusiv und zu eigenen willkürlichen Bedingungen anbieten. Ausbaden muss das der Endverbraucher, der durch das Kartellrecht eigentlich geschützt werden soll.

Gleichwohl hat der Kunde nach wie vor eine Wahl. Entweder, er macht das alles mit oder er lässt es. Vielleicht ist es ja genau der richtige Zeitpunkt, um der latent wachsenden Übersättigung und dem ausufernden Geschäft wirklich abzuschwören. Jedenfalls vernimmt man vermehrt die Stimmen derjenigen, die ihr Sky-Abo auslaufen lassen und keinen Gedanken an Eurosport verschwenden. Die Spiele ihres Lieblingsvereins verfolgen sie übers Radio, die Highlights in der Sportschau reichen an bewegten Bildern aus. Und wenn an den zerstückelten Spieltagen die übrigen Teams spielen, nutzen sie die Zeit halt für etwas anderes. Als gewonnene Lebensqualität bezeichnen sie das. Gar nicht so abwegig.

 


von Marc Basten

 

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