Einwurf nach dem Spiel gegen den 1.FC Köln

Borussia verzockt und verbockt das Derby

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Ein ganz anderes Derby, als gedacht (Foto: Ina Fassbender / Getty Images)

Borussia Mönchengladbach verliert das rheinische Derby auf eine Art und Weise, die viele Fragen aufwirft. Angefangen von der Aufstellung bis hin zur fußballerischen Armut - die Borussen haben es aber mal so richtig verbockt.

Aus einer ›Pflichtaufgabe mit Pflichtsiegauftrag‹, wie wir es im Vorfeld tituliert haben, wurde für Borussia Mönchengladbach eine extrem blamabele Derby-Schlappe. Dass so etwas möglich sein könnte, hatten selbst die größten Pessimisten unter den Gladbachfans nicht gedacht. Dieser Tiefschlag kam aus dem Nichts und hinterlässt erhebliche Kollateralschäden.

Bis eine Stunde vor Spielbeginn gab es keine Anzeichen, dass dieser Abend so schieflaufen könnte. Dann wurde die Aufstellung verteilt und die sorgte allenthalben für Erstaunen. Gleich sieben Veränderungen gegenüber dem Mittwoch in Stuttgart - das kam überraschend. Rotationen sind in Gladbach bekannt, aber ein derartiges Ungleichgewicht war neu. Angesichts der Besetzung der Bank ist es nicht despektierlich, die Startformation als eine bessere ›B-Elf‹ zu bezeichnen.

Ein Derby unterschwellig als ein besseres ›Warm-Up‹ abzuwerten, ist schon sehr gewagt.

Marco Rose begründete die extreme Rotation damit, dass man angesichts der kommenden Aufgaben den Spielern aus der zweiten Reihe Praxis verschaffen müsse, weil sie in den nächsten Wochen zwangsläufig gefordert werden. Einerseits eine nachvollziehbare Argumentation, andererseits aber auch ein riskantes Unterfangen. Ein Derby unterschwellig als ein besseres ›Warm-Up‹ abzuwerten, ist schon sehr gewagt. Wie Rose vor dem Spiel am Sky-Mikrofon bestätigte, war ihm bewusst, dass ihm die Rotation um die Ohren fliegen wird, wenn es schiefgehen sollte. Er hat gezockt - und ist damit auf die Nase gefallen.

Nun wäre es sicherlich zu einfach, die Niederlage alleine mit der Rotation zu begründen. Ohne Zweifel hatte die Gladbacher Startelf die Klasse und das Format, eine Mannschaft wie den 1.FC Köln zu schlagen. Selbst der frühe Rückstand sorgte nur eine Viertelstunde für Stirnrunzeln, weil man den Fauxpas durch den Ausgleichstreffer korrigieren konnte. Doch was danach kam, war sehr dünn. Der Biss fehlte, aber vor allem die fußballerische Komponente. Schaffte man es z.B. am Mittwoch in Stuttgart in der ersten Halbzeit, mit hohem Passtempo nach vorne zu kombinieren, so blieb man gegen Köln erschreckend langsam, einfallslos und fehlerbehaftet.

Köln verdienter Derbysieger - das schmerzt doppelt und dreifach

Die Kölner schafften es mit relativ simplen Mitteln, nahezu jegliche Gefahr vom eigenen Tor fernzuhalten. Und weil sie nach der Pause den Fehler von Lainer eiskalt bestraften, befanden sie sich plötzlich sogar auf der Siegerstraße. Zu diesem Zeitpunkt war das Spiel bereits gehörig verkorkst, so dass auch die eilig aufs Feld gesandte A-Offensive mit Plea, Thuram und Hofmann kaum Impulse brachte. Die Gladbacher ließen sich nicht hängen und liefen fast 120 Kilometer. Aber es fehlte an der letzten Überzeugung im kämpferischen Bereich und vor allem an fußballerischen Lösungen. Am Ende muss man attestieren, dass sich Köln den Sieg vollkommen verdient hat - was aus Gladbacher Sicht gleich doppelt und dreifach schmerzt.

Und deshalb ist diese Niederlage auch mehr als nur ein Betriebsunfall, weil man sich halt mal verschätzt und Pech gehabt hat. Sportlich gesehen ist es ein möglicherweise entscheidender Rückschlag beim Kampf um Platz 4. Die Aufbruchstimmung, die zum Jahresbeginn mit den Siegen über Bayern und Dortmund erzeugt wurde, ist mit einem Mal verpufft. Die Fans sind entsetzt, dass ausgerechnet das Derby leichtfertig hergeschenkt wird. Sie leiden ohnehin unter dem nun fast einjährigen Ausschluss und fühlen sich zurecht brüskiert, weil dieses für sie so wichtige Prestigeduell nicht als solches gewichtet wurde.

Schneller als gedacht: Das Herumeiern in Sachen Rose / BVB wird zu einem akuten Problem

Noch schneller als gedacht wird nun auch das Herumeiern in Sachen Rose / BVB zu einem akuten Problem. Wie schon vor der Derbypleite gefordert, muss hier dringend eine Lösung her. Selbst wenn es in der täglichen Arbeit wirklich keine besondere Rolle spielen sollte, so wirkt sich die Thematik zumindest unterschwellig auf die Mannschaft aus. Das fehlende Feuer im Derby dürfte ein stückweit auch damit zusammenhängen.

Ganz gewiss darf man unter dem Eindruck einer schmerzhaften Derbyniederlage nicht alles schlechtreden, was anderthalb Jahre richtig gut gelaufen ist. Dennoch bewegt man sich bei Borussia Mönchengladbach im Moment auf gefährlich dünnem Eis. Es gilt einiges zu klären und gerade zu rücken, damit man einer positiven Erfolgsgeschichte nicht noch weitere traurige Kapitel hinzufügen muss. Ein verbocktes Derby ist da mehr als genug.

 


von Marc Basten

 

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