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Gegneranalyse | Forechecking: Borussia Dortmund

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Fehlgriff oder doch noch ein Volltreffer? Ramy Bensebaini beim BVB. (Foto: Ina Fassbender - Getty Images)

Für Borussia Mönchengladbach geht es in der Liga mit der Reise zur Namenscousine nach Dortmund weiter. Der BVB wollte nach der verpatzten Meisterschaft alles besser machen, doch aktuell herrscht Krisenstimmung bei den Schwarz-Gelben. Zwei Niederlagen in Folge in der Liga haben deutliche Spuren hinterlassen.

Für Borussia Mönchengladbach gibt es - zumindest auf dieses Jahrtausend bezogen - eigentlich nie einen guten Zeitpunkt, um nach Dortmund zu fahren. Ein Ausreißer war das Jahr 2014, als unter Lucien Favre ein überraschender Sieg gelang. Ansonsten gab es im Westfalenstadion fast ausschließlich ‘Lack’ für die Fohlen. Manchmal waren die Gladbacher knapp dran, oftmals gab es aber eine richtige Abfuhr. Die ‘Marco-Reus-Festspiele’ in Schwarz-Gelb gegen seinen Ex-Klub sorgen rückblickend immer noch für Magenkrämpfe unter den Anhängern der Fohlenelf.

Insofern werden alle echten Borussen am Samstag mit wenig Erwartung ins Westfalenstadion reisen oder dorthin blicken. Etwas Hoffnung könnte die Tatsache machen, dass beim BVB in dieser Saison längst nicht alles rundläuft und aktuell sogar die erste echte Krise ausgerufen wurde. Nach der verduselten Meisterschaft am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison wollte man in Dortmund aus den Fehlern der Vorsaison die Lehren ziehen. Trainer Edin Terzić propagierte die Abkehr vom Spektakel-Fußball, hin zum pragmatischen Ansatz. Ein Stilmittel, das Lucien Favre in Dortmund den Job gekostet hat, doch nach all den erfolglosen Versuchen, die Klopp-Ära zu kopieren, setzt sich auch beim BVB die Erkenntnis durch, dass das nicht funktionieren wird. 

Reus und Hummels erlebten im Spätsommer ihren dritten Frühling

Entsprechend startete der BVB in die Saison: kontrollierter Fußball, wenig aufsehenerregend und manchmal sogar an der Grenze des Erträglichen. Aber die Resultate stimmten. Dass die Dortmunder ihren absoluten Topstar Jude Bellingham verloren hatten, wurde zunächst im Kollektiv aufgefangen. Doch während Bellingham Madrid verzaubert, wurde in Dortmund alsbald deutlich, dass der Mannschaft das Herzstück fehlt. Die Neuzugänge Felix Nmecha und Marcel Sabitzer konnten die Lücke nicht annähernd füllen, die Bellingham hinterlassen hat. Überhaupt wirkte der Transfer von Sabitzer ähnlich überstürzt wie die Verpflichtung von Niclas Füllkrug auf den letzten Drücker. 

Getragen wurden die Dortmunder in den ersten Wochen der Saison von einem starken Julian Brandt und der überraschenden Performance von Marco Reus, den man ursprünglich schon aufs Altenteil verfrachten wollte. Doch Reus und Mats Hummels, der im Spätsommer 2023 ebenfalls seinen dritten Frühling zu erleben schien, halfen dabei, die schon zum damaligen Zeitpunkt erkennbaren Defizite zu übertünchen. In dieser Frühphase der Saison durfte auch Ramy Bensebaini davon sprechen, nach seinem Wechsel von Gladbach nach Dortmund einen guten Start erwischt zu haben. 

Bensebaini wird schon unter der Rubrik Fehlgriff verbucht

Dortmund spielte weiterhin alles andere als meisterlich, aber die Punkteausbeute passte. Bis der FC Bayern zum vermeintlichen Klassiker ins Westfalenstadion kam und den BVB mit 4:0 deklassierte und vorführte. Das war ein echter Wirkungstreffer für die Dortmunder, der gleichzeitig zeigte, dass die trotzige Aufbruchstimmung nach dem Trauma vom 34. Spieltag der letzten Saison nicht viel mehr als ein Pfeifen im Walde war. Zwar gab es in der Champions League noch einen anständigen Auftritt, aber in der Liga ergab man sich in Stuttgart nahezu ohne Gegenwehr. Nach der zweiten Niederlage in Folge beträgt der Rückstand auf Tabellenführer Leverkusen zehn Punkte, acht Zähler sind es zu den Bayern, mit denen man drei Runden zuvor noch gleichauf lag.

Derweil erlebte auch Ramy Bensebaini, dass in Dortmund nicht alles Gold ist, was vermeintlich glänzt. Als Stammspieler in die Saison gestartet, war der Linksverteidiger in den letzten Spielen nur Ersatz. Die Kritik am Algerier wächst zusehends, viele verbuchen ihn schon unter der Rubrik Fehlgriff und trösten sich damit, dass wenigstens keine Ablöse für Bensebaini gezahlt wurde. Ob das für den Ex-Gladbacher schon der Anfang vom Ende in Dortmund ist, oder ob er seine Klasse doch noch zeigen kann, bleibt abzuwarten. Aus Gladbacher Sicht kann man nur hoffen, dass er nicht ausgerechnet am Samstag zur Hochform aufläuft. 

Wenn Dortmund Tempo aufnehmen kann, wird es gefährlich

Denn bei aller Kritik am BVB entspricht die individuelle Klasse der Spieler natürlich gehobenem Bundesliganiveau. Heißt, sie sind definitiv in der Lage, dreizehn andere Ligakonkurrenten zu besiegen, indem sie sich nur nicht selbst ins Knie schießen. Ein Süle, Schlotterbeck, Can, Malen oder Adeyemi sind zwar keine Spieler, die eine Mannschaft zur Meisterschaft tragen, aber sie verfügen schon über gewisse Qualitäten, die Teams wie Gladbach in dieser Fülle nicht haben. Zumal Dortmunds Trainer Edin Terzić gegen Gladbach lediglich auf Felix Nmecha verzichten muss - alle anderen Profis stehen zur Verfügung. So wird der BVB am Samstag in einem 4-2-3-1 mit Zentrumsstürmer Füllkrug und Reus in zentraler Rolle dahinter erwartet. 

Immer dann, wenn Dortmund Raum findet und mit Tempo nach vorn spielen kann, wird es gefährlich. Für Gladbach bedeutet dies, dass es wichtig ist, die dafür notwendigen Räume nicht zu öffnen und schon gar nicht in die Konter zu laufen - was in den Vorjahren mehrfach der Genickbruch war. Bei einer gewissen Grundaggressivität des Gegners tut sich Dortmund oftmals schwer und wenn dann die Kreativkräfte Brandt und Reus aus dem Spiel genommen werden, verpuffen auch das Tempo eines Malen oder Adeyemi. Wenn man dann noch Füllkrug im Zentrum kontrolliert, könnte man den Dortmundern den Zahn ziehen. Allerdings sind die Gladbacher der Lieblingsgegner der Dortmunder und angesichts des anstehenden Blocks von acht Spielen in 25 Tagen wird der BVB alles daran setzen, sich am Samstag den notwendigen Rückenwind zu holen. 

Voraussichtliche Aufstellung Borussia Dortmund:

Kobel - Süle, Hummels, Schlotterbeck, Ryerson - Sabitzer, Can - Malen, Reus, Brandt - Füllkrug

 

 


von Marc Basten
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