Eine intensive Woche am Tegernsee

»Wir hätten gerne noch ein bisschen mehr«

Created by von Marc Basten
Richtungsweisend (Foto: TORfabrik.de)

Richtungsweisend (Foto: TORfabrik.de)

Das Fazit des Trainingslagers am Tegernsee fällt durchaus zufriedenstellend aus, sieht man von den Testspielergebnissen ab. Es gibt viele gute Ansätze, aber auch noch einiges an Arbeit für die restlichen Wochen der Vorbereitung.

Am Samstag ging es nochmal rund auf dem Trainingsplatz in Rottach-Egern. Die letzte Einheit von Borussia Mönchengladbach im diesjährigen Sommertrainingslager stand auf dem Programm und Dieter Hecking hatte Torschussübungen angeordnet. Aus sechzehn Metern, volley, mit einem oder zwei Kontakten - es durfte geballert werden.

Yann Sommer und Tobi Sippel rauchten die Handschuhe, ihnen machte der Beschuss dennoch Spaß. Als so mancher Kracher sehenswert im Tor einschlug, war bei den zahlreich anwesenden Fans der eine oder andere Seufzer auszumachen: »Na also, es geht doch.«

Es ist die fehlende Konsequenz im Abschluss, die sich durch die letzte Saison gezogen hat und auch in der Vorbereitung präsent ist. Gute Kombinationen werden nicht finalisiert, was in der Woche am Tegernsee in den Spielformen im Training immer mal wieder sichtbar wurde. Genauso in den Testspielen, auch wenn Dieter Hecking einschränkte, »der Schwerpunkt gegen Nizza und Leeds lag nicht im Spiel nach vorne. Trotzdem hätte man sich gewünscht, dass ein bisschen mehr geht.«

»Es fehlt nicht viel, aber wir hätten gerne noch ein bisschen mehr«

Der 52-Jährige redet nicht um den heißen Brei herum. »Was ich kritisch anmerke und was uns auch im letzten Jahr schon etwas gefehlt hat, ist die letzte Gier. Das werden wir als Mannschaft ausführlich besprechen. Da müssen sich die Typen auf dem Platz entwickeln und das durch Körpersprache untermauern. Es fehlt nicht viel, aber wir hätten gerne noch ein bisschen mehr.«

Am Sonntag im bislang letzten Testspiel in Nürnberg wurde die Problematik nochmals verdeutlicht. Die Mannschaft erarbeitete sich gegen den Zweitligisten kaum Torchancen und blieb sehr harmlos. »Der Club startet nächste Woche in die Liga und wir sind am Ende des Trainingslagers«, sagte Hecking nach der Partie. »Aber das soll keine Entschuldigung sein. Wir müssen das Spiel einfach besser annehmen. Vielleicht haben sie gedacht, dass es nach der frühen Führung schon von alleine läuft. Aber wenn du mental und körperlich nicht dagegenhältst, bekommst du Probleme. Und die hatten wir heute. Es war eine Frage der Körpersprache, der Club war giftiger und griffiger und hat uns in vielen Zweikämpfen den Schneid abgekauft.«

Hieran wird bis zum Pflichtspielstart nachhaltig gearbeitet werden müssen, auch wenn Testspielergebnisse noch nie ein echter Gradmesser waren. Zudem wird ab sofort die Integration der Confed-Cup-Sieger Matthias Ginter und Lars Stindl erfolgen. »Das wird aber kein Problem«, ist sich Hecking sicher. In den verbleibenden drei Wochen Vorbereitung wird es auch um die Feinjustierung des 5-4-1 Systems gehen, das der Trainer in den Tagen am Tegernsee einstudieren ließ. »Das zweite Spielsystem war das Thema hier in Rottach-Egern«, erklärte Hecking. »Das 4-4-2 brauchen wir nicht ständig zu trainieren, das hat die Mannschaft drauf.«

Die Integration der Neuzugänge läuft nahezu geräuschlos ab

»Ein Ansatz könnte sein, dass wir die beiden unterschiedlichen Systeme im Training gegeneinander spielen lassen, damit Sicherheit in die Abläufe kommt«, führte Hecking aus. Das Trainingsprogramm wird weiterhin intensiv sein, aber nicht für alle. »Die Spieler, die seit dem ersten Tag da sind, sind ein bisschen im Loch«, hat Hecking erkannt. »Sie brauchen mal eine Durchschnaufpause.« Die vor dem Trainingslager eingestiegenen Nationalspieler werden dagegen weiter gefordert. »Sie sind gut unterwegs«, befand der Trainer.

Die Integration der Neuzugänge läuft nahezu geräuschlos ab. Vincenzo Grifo, Denis Zakaria und sehr überraschend auch Mickaël Cuisance machen den Eindruck, als ob sie schon lange dazugehören würden. Auch die beiden 18-jährigen Reece Oxford und Julio Villalba wirken nicht wie Fremdkörper, selbst wenn Villalba noch kein deutsch versteht. Die Amtssprache in Gladbach ist ohnehin ein 'Fußball-Kauderwelsch' angesichts der vielen Nationalitäten im Team. »Die Mannschaft hat einen sehr guten Draht untereinander gefunden«, sagt Hecking.

»Das als Problem darzustellen, wäre total falsch«

Die Neuzugänge, so Hecking, hätten bislang »all das erfüllt, was wir uns von ihnen versprochen haben. Bei dem einen oder anderen haben sich die Eindrücke noch verstärkt.« Somit ergeben sich für den Trainer viele Variationsmöglichkeiten. »Im defensiven Mittelfeld mit Kramer, Zakaria, Bénes, Strobl, Hofmann, Cuisance hast du schon eine Auswahl. Das Gleiche kann man nach vorne fortsetzen - die Außenbahnen sind umkämpft mit Johnson, Hazard, Herrmann, Hofmann, Traoré, Grifo", zählte Hecking auf.

Auf den Trainer könnte also ein Luxus-Problem zukommen. »Das als Problem darzustellen wäre total falsch«, beschwichtigt Hecking. »Es gehört gut moderiert, das wird meine Aufgabe sein. Da wird nicht jeder von begeistert sein, weil er seine Leistung vielleicht anders einschätzt als der Trainerstab. Aber es ist halt Profifußball.«

 

Copyright © 2000- 2024 TORfabrik.de [Marc Basten] Nachdruck und Weiterverbreitung,
auch auszugsweise, nur mit Genehmigung.

TORfabrik.de ist ein offiziell eingetragenes Magazin bei der
Deutschen Nationalbibliothek (ISSN 1610 - 4919)
Herausgegeben von Marc Basten, Altenkleusheimer Str. 12, 57462 Olpe

Unterstützt durch unseren Sponsor & Partner: tops.net GmbH & Co. KG