Der neutrale Fußballfan dürfte sich beim späten Sonntagsspiel des sechsten Spieltags gefragt haben, warum er seine Zeit mit einem so zähen Kick vergeudet. Was Gladbach und Freiburg boten, wirkte wie ein Abnutzungskampf, bei dem beide Teams vor allem auf Ballkontrolle bedacht waren. Fehlervermeidung hatte oberste Priorität, und Spektakel suchte man im Borussia-Park vergeblich.
Aus dem wilden 4:6 gegen Frankfurt vor einer Woche zog Eugen Polanski mit seinem Trainerteam die einzig sinnvollen Schlüsse. Die Annahme, man könne nach der stabilen Leistung in Leverkusen im Heimspiel gegen Frankfurt gleich mehrere Schritte auf einmal erzwingen, führte ins Debakel. Gegen Freiburg war es daher notwendig, wieder bei Null anzufangen, den Fokus auf die Defensive zu legen und sich nicht in eine Falle locken zu lassen.
Borussia ist wieder auf dem Stand von 2011
Mit attraktivem Fußball, den Borussia Mönchengladbach nach eigenem Selbstverständnis zumindest in Heimspielen zeigen möchte, hatte dieser Ansatz wenig zu tun. Es war jedoch der einzig gangbare Weg. Borussia befindet sich wieder auf dem Stand von 2011, als Lucien Favre übernahm und ein Defensivkonzept etablierte, das zunächst die Rettung und später den Weg nach Europa ebnete.
Im Herbst 2025 ist Borussia Mönchengladbach eine unterdurchschnittlich besetzte Bundesligamannschaft, die leistungsmäßig längst zu den „Kleinen“ der Liga zählt. Auf allen Ebenen sperrte man sich lange, dies anzuerkennen. Die Folgen des jahrelangen Selbstbetrugs sind inzwischen unübersehbar. In dieser Lage muss sogar ein vergleichsweise glanzloses 0:0 gegen Freiburg als Fortschritt gelten.
Defensive Staffelung hat oberste Priorität
„Es ist wichtig, dass wir die kleinen Steps auch würdigen“, sagte Eugen Polanski nach der Partie. Der Ansatz, seine Mannschaft in einem kompakten 4-4-2 gegen den Ball spielen zu lassen und der defensiven Ordnung höchste Priorität einzuräumen, war die richtige Wahl. Da auch Freiburg sein kontrollorientiertes Konzept verfolgte, entwickelte sich ein intensives, jedoch unspektakuläres Spiel. Keiner wollte den ersten Fehler machen, und beide Teams konnten den Gegner nicht zu gravierenden Patzern zwingen.
Borussia kam zu einigen Halbchancen, jedoch keiner zwingenden Möglichkeit. Freiburg war mit einem Lattentreffer dem Sieg etwas näher und hätte in der Schlussphase womöglich einen Elfmeter zugesprochen bekommen können. Dass das grenzwertige Einsteigen von Castrop ungeahndet blieb, war Glück für die Borussen. Im ersten Durchgang wurde Gladbach nach einem Foul an Castrop allerdings ein Freistoß an der Strafraumgrenze verwehrt – und ein Platzverweis für Freiburgs Treu wegen einer möglichen Notbremse wäre ebenfalls denkbar gewesen. Der Schiedsrichter ließ beide Szenen weiterlaufen, weshalb am Ende niemand Anlass zur Beschwerde hatte.
Handlungsbedarf hinter den Kulissen
Mit nun saisonübergreifend 13 sieglosen Spielen in Folge haben die Borussen einen Negativrekord in ihrer Bundesliga-Geschichte aufgestellt. Nach sechs Spieltagen – davon vier zu Hause – steht das Team mit drei Punkten auf einem Abstiegsplatz. Die Lage ist prekär und wird es vorerst bleiben. Entscheidend ist nun, in der sportlichen Leitung klare Strukturen zu schaffen. Ein erfahrener Sportdirektor mit Visionen, aber ohne unrealistische Vorstellungen, muss für die strategische Planung installiert werden. Dass das Winter-Transferfenster genutzt werden muss, steht außer Frage.
Ebenso muss die Trainerfrage bald geklärt werden. Eugen Polanski hinterlässt bisher einen mehr als ordentlichen Eindruck, und eine Fortsetzung der Zusammenarbeit ist denkbar. Die endgültige Entscheidung kann jedoch erst fallen, wenn feststeht, wer Sportchef wird. Hinter den Kulissen besteht dringender Handlungsbedarf – und sportlich muss der nächste Schritt vorbereitet werden. Am Freitagabend nach der Länderspielpause geht es zu Union Berlin und zumindest dort weiterhin mit Eugen Polanski als Chefcoach.
von Marc Basten