Ein Debakel in Dortmund

»Von der ersten Minute an überfordert«

Created by von Marc Basten und Jan van Leeuwen
Gladbacher Gastgeschenke (Foto: Lars Baron / Bongarts / Getty Images)

Gladbacher Gastgeschenke (Foto: Lars Baron / Bongarts / Getty Images)

Borussia Mönchengladbach musste in Dortmund eine vernichtende Niederlage über sich ergehen lassen. Nicht nur das krasse Resultat von 1:6, sondern auch die Art und Weise des Auftritts schmerzte.

Die Temperatur im Dortmunder Westfalenstadion war deutlich angenehmer als Anfang Dezember des letzten Jahres. Ansonsten sah an diesem Samstagabend alles ziemlich ähnlich aus. Damals überfuhr der BVB die Gladbacher mit 4:1, der mutlose und in allen Belangen unzureichende Auftritt läutete gleichzeitig die Schlussrunde für Trainer André Schubert an.

Nun gab es also die nächste Klatsche in Dortmund, diesmal fiel sie mit 1:6 sogar noch krasser aus. Es ist nicht anzunehmen, dass schon wieder eine ernsthafte Trainerdiskussion entbrennt, ein Schuss vor den Bug ist es jedoch allemal. Auch für Dieter Hecking. Es muss hinterfragt werden, wie ein solcher Auftritt zustande kommt, bei dem die Mannschaft nicht mal annähernd das umsetzt, was der Trainer ihr mit auf den Weg gegeben hat.

Nicht hinten reindrängen lassen, aggressiv verteidigen, selbst Fußball spielen und Dortmund beschäftigen - so sollte es theoretisch laufen. Praktisch war es genau das Gegenteil. »Wir waren von der ersten Minute an überfordert«, gab Tobias Sippel unumwunden zu. »Hier in Dortmund sind schon einige unter die Räder gekommen, die genau diese Fehler gemacht haben. Wir haben denen schön in die Karten gespielt. Wir wussten es vorneherein und konnten es dennoch nicht umsetzen.«

»Ich schäme mich auch ein bisschen«

Der Vertreter von Yann Sommer war noch der fähigste Gladbacher an diesem tiefschwarzen Abend. »Mit sechs Gegentoren kann man nicht der Beste sein«, relativierte Sippel. »Wir haben es im Kollektiv nicht gut gemacht. Ich schäme mich auch ein bisschen.«

Derweil war Dieter Hecking bemüht, nach außen die Fassung zu bewahren. Als erfahrener Trainer weiß er, dass es nach so einer Demütigung nichts bringt, nun auch noch verbal auf die Mannschaft einzudreschen. Dennoch gab es nichts schönzureden nach diesem peinlichen Auftritt. »In den ersten 25 Minuten haben wir es noch ganz gut verteidigt, allerdings war es mir schon da viel zu sehr aufs Verteidigen ausgerichtet«, sagte der Trainer.

»Auf diesem Niveau geht das so nicht, wir haben den Gegner eingeladen und eine Mannschaft wie Dortmund bestraft das«, so Hecking weiter. »Vor dem 1:0 hatten wir keinen Zugriff, beim zweiten Tor war es ein Fehler im Spielaufbau und beim 3:0 gab es Abstimmungsprobleme in der Viererkette.«

»Man muss auch mal taktische Fouls machen«

Fatal vor allem, dass die Gladbacher die Anspiele in die Schnittstellen auf die schnellen Aubameyang, Philipp und Pulisic überhaupt zuließen. Die Dortmunder Aufbauspieler waren berauscht von der Freiheit, die sie da genossen. Sowas erleben sie nur noch selten, weil die meisten Gegner sich darauf verstehen, ein Spiel zu zerstören. Ganz anders jedoch die Elf vom Niederrhein, die so brav daherkam wie ein Knabenchor.

»Wir haben wenig Zweikämpfe geführt, kaum welche gewonnen und keine Fouls gemacht«, brachte es Sippel auf den Punkt. »So kannst du die Dortmunder nicht bremsen. Man muss auch mal taktische Fouls im Mittelfeld machen, um den Spielfluss herauszunehmen.« Doch sogar als es nach der Pause mal kurz versucht wurde, scheiterten die Gladbacher. Die erste Freistoßflanke der Dortmunder führte direkt zum 4:0, weil Aubameyang völlig frei zum Kopfball kam. Ein erschreckendes Abwehrverhalten.

»Nach dem 4:0 schaust du auf die Uhr und hoffst nur noch, dass die Zeit irgendwie schnell rumgeht«, gab Sippel zu. Doch schon zur Pause war das Ding durch, wobei die Gladbacher trotz aller Defizite ihre Chancen hatten. »Wir hatten drei sehr gute Möglichkeiten in der ersten Halbzeit«, sagte Lars Stindl, der eine davon mit einem kümmerlichen Schuss vergab. Zweimal schoss Hazard genau auf Bürki, im zweiten Durchgang sogar noch ein drittes Mal. »Wir haben wahrlich nicht gut gespielt, aber wir hatten unsere Gelegenheiten. Die müssen wir dann aber auch nutzen, gerade in so einem Spiel.«

»Natürlich müssen wir einiges ansprechen«

So aber führte Dortmund die Gladbacher regelrecht vor. »Vom Spielfluss, vom Positionsspiel und allem drum und dran, hatten wir keine Chance«, sagte Stindl. »Wir müssen neidlos anerkennen, dass Dortmund eine Klasse besser war.«

Nun geht es darum, diese Klatsche zu verdauen und dafür zu sorgen, dass es keine Langzeitfolgen gibt. »Natürlich müssen wir einiges ansprechen«, so Stindl. »Aber wir müssen das dann auch abhaken und uns auf das Spiel gegen Hannover konzentrieren.« »Für uns heißt es, diese Niederlage schnell zu verarbeiten«, ergänzte Hecking. Eine sachliche Aufarbeitung wird es dennoch geben. »Es war nicht das erste Mal, dass wir ein Gegentor von außen bekommen, wo in der Mitte einer durchläuft. Da müssen und werden wir dran arbeiten.« Und an vielem anderen auch.

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