Nachdreher aus dem Olympiastadion

»Nicht überrumpeln lassen«

Created by von Marc Basten
Dritter Auswärtssieg in Folge (Foto: Boris Streubel / Bongarts / Getty Images)

Dritter Auswärtssieg in Folge (Foto: Boris Streubel / Bongarts / Getty Images)

Der 4:2-Auswärtssieg von Borussia Mönchengladbach bleibt auch in der Nachbetrachtung kurios. Trotz der 3:0-Führung nach zwanzig Minuten war es letztlich eine enge Kiste. Am Ende waren alle erleichtert.

Der Auftakt in das Topspiel im Berliner Olympiastadion war atemberaubend. Eine spektakuläre 3:0-Führung nach wenigen Minuten mit einem Traumtor des zuletzt kriselenden Raffael - die Fohlenelf eroberte die Hauptstadt im Schnelldurchlauf. »Da denkt man nach zwanzig Minuten, das läuft heute wie Butter«, sagte Dieter Hecking anschließend.

Während Herthas Trainer Pal Dardai seine Mannschaft ungewohnt offensiv ein- und aufgestellt hatte, wählte Hecking die vorsichtigere Variante. »Wir wollten uns bewusst etwas defensiver verhalten, Hertha etwas mehr Ballbesitz lassen und aus einer guten Ordnung offensive Nadelstiche setzen.«

Das gelang bereits nach fünf Minuten. »Denis Zakaria macht einen überragenden Lauf über die linke Seite und findet Lars etwas glücklich«, beschrieb Hecking den Angriff zur frühen Führung. »Mit seinen langen Schritten zieht Denis die Aufmerksamkeit auf sich und wir können uns da ein Stück weit im Schatten der Verteidiger freilaufen«, ergänzte Lars Stindl. »Und dann sieht er oftmals auch noch den besser postierten Mitspieler. Hier hatte er etwas Glück, dass der Ball abgefälscht wurde.«

Stindl, Hazard und Raffael treffsicher

Stindl verwertete im Stile eines Mittelstürmers, was auch der Bundestrainer mit Wohlwollen registrierte. Nachdem Stindl der Nationalmannschaft unter der Woche in letzter Sekunde das Remis rettete, brachte er nun die Borussia beim Blitzstart in Front. Kurz darauf folgte der nächste Torschuss des Kapitäns, doch Rekik lenkte den Ball ab - mit der Hand.

»Das habe ich gar nicht wahrgenommen«, sagte Stindl. »Ich habe mich nur geärgert, dass der Ball nicht aufs Tor gegangen ist und dachte, es gibt Ecke.« Doch der Videoassistent schaltete sich ein und Schiedsrichter Dankert entschied auf Handelfmeter. ›Unglückliche Aktion von Rekik, aber vertretbarer Handelfemeter‹, lautete das Resümee, auf das sich alle Beteiligten im Anschluss einigten. Thorgan Hazard verwandelte (14.), sechs Minuten später nagelte Raffael den Ball aus 28 Metern in den Winkel.

Kopflose Borussen trotz einer 3:0-Führung

Zu diesem Zeitpunkt sprach nichts dafür, dass die Borussen in die Gefahr geraten könnten, sich die von Hecking angesprochene Butter vom Brot nehmen zu lassen. Doch genau das passierte. »Wir müssen uns ankreiden, dass wir ein bisschen zu passiv waren und die Herthaner noch mal zurück ins Spiel kommen lassen haben«, sagte Stindl. »Wir haben zu viele Eingaben zugelassen, hatten eine Serie von Standards gegen uns, die gefährlich waren«, ergänzte Hecking. »Dann war es irgendwo zwangsläufig, dass da der Anschlusstreffer fällt.«

Es war schon kurios, wie kopflos die Borussen in diesem Abschnitt wirkten - trotz eines komfortablen Vorsprungs. »Daraus müssen wir lernen«, forderte Stindl. »In solchen Phasen ruhig zu agieren und uns da nicht überrumpeln zu lassen.« Zur Halbzeit hatte nicht nur Herthas Trainer Pal Dardai das Gefühl, dass die Partie noch komplett kippen könnte. »Machen wir früh das 2:3, dann gewinnen wir«, erklärte der Ungar sein Befinden beim Seitenwechsel.

»Wir hatten eine Antwort parat«

Doch die Borussen hatten sich gefangen und ließen sich nicht mehr so einfach übertölpeln wie zuvor. »Ich habe der Mannschaft in der Halbzeit mitgegeben, dass wir uns nicht auf dem 3:1 ausruhen können und das vierte Tor machen müssen«, erklärte Hecking. »Das hat aus den unterschiedlichsten Gründen nicht geklappt, aber wir haben es im Ansatz sehr, sehr gut gespielt.«

Tatsächlich waren die Borussen dem 4:1 näher als die Hertha dem zweiten Treffer, der dann doch in der 71. Minute quasi aus dem Nichts fiel. »Es wurde dann nochmal eng, aber wir hatten eine Antwort parat«, so Hecking. Erstaunlicherweise waren seine Mannen durch den Anschlusstreffer nicht die Spur verunsichert und behielten die Oberhand. »Das Tor von Raffael war toll herausgespielt mit dem Doppelpass von Herrmann und Stindl«, lobte Hecking.

»Nach dem 3:0 hätte der Sack zu sein müssen«

Der zweite Treffer des Brasilianers bedeutete die Entscheidung an diesem denkwürdigen Abend. Die Borussen hätten es sich nach der klaren Führung zu Beginn deutlich leichter machen können. »Das müssen wir uns heute vorwerfen lassen«, sagte Christoph Kramer. »Nach dem 3:0 hätte der Sack zu sein müssen. Gut war, dass wir nach dem 2:3 weitergespielt und die Ruhe behalten haben.«

Der dritte Auswärtssieg in Folge katapultiert die Borussen nicht nur in der Tabelle nach oben (Kramer: »Das ist wichtig für den Kopf«), sondern bringt auch weiteres Selbstvertrauen vor dem Topspiel am nächsten Wochenende gegen die Bayern. »Wir wissen um deren Stärke, aber wir werden alles raushauen«, kündigte Lars Stindl ein heißes Topspiel an. Die Vorfreude darauf war im kalten Olympiastadion jedenfalls schon deutlich zu spüren.

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