Nachdreher aus dem Borussia-Park

Mehr als nur eine gefühlte Niederlage

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Frustration trotz spätem Ausgleichstor - Tim Kleindienst (Foto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Borussia Mönchengladbach beendet die Serie von drei Niederlagen in Folge mit einem 4:4-Spektakel gegen Hoffenheim und geht trotzdem geschlagen vom Platz. Die vorherrschende Enttäuschung im Borussia-Park war verständlich.

Ein neutraler Zuschauer dürfte am Samstagnachmittag im Borussia-Park auf seine Kosten gekommen sein. Ein Spiel mit einigen Wendungen, Spektakel und acht Toren - der Unterhaltungswert war gegeben. Dass die vielen Tore weniger den glänzenden Leistungen der Angriffsreihen, sondern vielmehr dem auf beiden Seiten oftmals untauglichen Defensivverhalten zurückzuführen sind, darf dabei nicht unerwähnt bleiben. »Es gibt selten Spiele, in denen beide Mannschaften gefühlt eine Niederlage einfahren«, sagte Borussias Trainer Gerardo Seoane. »Heute ist so ein Tag«.

Wie tief der Frust bei den Borussen sitzt, wurde beim Ausgleichstreffer von Tim Kleindienst zu Beginn der Nachspielzeit deutlich. Normalerweise würde das Stadion in so einem Moment explodieren, doch dieses Mal »hat sich keine Sau gefreut«, wie Sportchef Roland Virkus es anschließend ausdrückte. »Das habe ich nicht verstanden«, sagte Virkus. 

Kein Grund für Freudensprünge

Die Erklärung liegt jedoch auf der Hand. Die Art und Weise, wie die auf dem Silbertablett servierte Chance, sich für Europa zu qualifizieren, hergeschenkt wurde, hat deutliche Spuren hinterlassen. Das hat nichts mit unrealistischen Erwartungen zu tun, sondern mit der großen Enttäuschung darüber, wie mutlos das Ganze angegangen und letztlich vergeigt wurde. Dass Mannschaft und Verantwortliche in der ‘Crunch-Time’ der Saison die gleiche Ausstrahlung an den Tag legen, wie letztes Jahr beim Pokalspiel in Saarbrücken, ist einfach nur frustrierend und lässt alle vermeintlichen Fortschritte in dieser Saison in einem anderen Licht erscheinen. 

Wenn die Mannschaft dann gegen Hoffenheim nach einer 2:0 und 3:2-Führung am Ende noch mit Ach und Krach ein 4:4 rettet, ist das kein Grund für große Freudensprünge. Die Enttäuschung über die Gesamtsituation und die Tatsache, dass Hoffenheim alles andere als eine überzeugende Leistung gereicht hat, um vier Tore zu erzielen, führen letztlich verständlicherweise dazu, dass sich dieses Remis wie die nächste Niederlage anfühlt. 

Körperlich, mental und fußballerisch - der Ist-Zustand stimmt bedenklich

Es gibt durchaus plausible Gründe, wie die Personalsituation in der Innenverteidigung, warum Borussia teilweise »auf der letzten Rille läuft«, wie Roland Virkus sagte. Wenig verständlich ist es jedoch zum Beispiel, warum Fabio Chiarodia in der 75. Minute von Krämpfen geplagt wird und dann ausgewechselt werden muss. Er ist zwar die Intensität eines Bundesligaspiels nicht gewohnt, aber dennoch sollte man einen gesunden 19-jährigen Profi in den ungestörten Trainingswochen auf ein Level bekommen, dass dieser die Energie für 90 Minuten hat. Gerade auf der nicht so laufintensiven Position des Innenverteidigers muss das möglich sein.

So gibt es insgesamt in allen Bereichen viele Fragezeichen. Der körperliche Zustand der Mannschaft ist angesichts der nahezu idealen Umstände mit nur einem Spiel pro Woche offensichtlich alles andere als optimal. Mental ist das Team deutlich weniger weit, als man es zwischenzeitlich angesichts der neuen Hierarchie in der Kabine gehofft hatte. Zudem gibt die aktuelle Phase der Vermutung neue Nahrung, dass Gerardo Seoane nicht der Trainer ist, der eine Mannschaft auf der emotionalen Seite ‘packen’ kann. Und nicht zuletzt stellt sich die Frage, wo im fußballerischen Bereich die Fortschritte zur Vorsaison zu sehen sein sollen.

Eher Schulterzucken als Euphorie

Roland Virkus erklärte am Samstag, dass vor der Saison jeder den tabellarischen Ist-Zustand nach dem 32. Spieltag unterschrieben hätte. Das ist zweifellos richtig, weil damals das Szenario des totalen Absturzes greifbar war. Daher ist es natürlich ein Erfolg, dass Borussia nie in die Nähe der Gefahrenzone geriet und Ende März sogar an Platz 4 schnuppern durfte. Doch der Verlauf der Saison, gepaart mit den eher trüben Aussichten auf eine spürbare Qualitätssteigerung im kommenden Transferfenster, gibt keinen Grund zur Selbstzufriedenheit. Und angesichts des unverkennbaren Trends in den vergangenen Wochen muss sich wirklich niemand wundern, dass ein 4:4 gegen Hoffenheim, zumal nach einem solchen Spielverlauf, eher für Schulterzucken als für Euphorie sorgt. 

 


von Marc Basten

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