Verdienter Punkt in Leipzig

»Heute hat man Kerle gesehen«

Created by von Marc Basten, Jan van Leeuwen und Nadine Basten
Zweikampfstark - Denis Zakaria (Foto: Boris Streubel / Bongarts / Getty Images)

Zweikampfstark - Denis Zakaria (Foto: Boris Streubel / Bongarts / Getty Images)

Borussia Mönchengladbach holte bei RB Leipzig einen Punkt und durfte sich als heimlicher Sieger führen, weil man zweimal einen Rückstand wettmachte und am Ende dem Dreier näher war als die Gastgeber.

Dass sich die Gladbacher Borussen nach dem Abpfiff der Partie in Leipzig ein wenig grämen mussten über den einen Auswärtspunkt, konnte zur Halbzeit niemand ahnen. Zu drückend war die Überlegenheit der Leipziger, die zwar nicht viele Torabschlüsse hatten, das Geschehen jedoch eindeutig dominierten.

»Wir haben uns in der ersten Halbzeit schwergetan«, bestätigte Lars Stindl. »Aber wir hatten drei Riesenchancen, da hätten wir mehr Kapital draus schlagen müssen.« »Nach zwei Minuten hätten wir eigentlich führen müssen«, ergänzte Dieter Hecking. »Das war eine 100%ige von Hofmann. Das hätte uns in die Karten gespielt, aber so konnten die Leipziger ihr Spiel aufziehen.«

Die Borussen hatten teilweise riesige Probleme, doch sie blieben mit Glück und Geschick in der Spur. Weil das Elfmetertor aus dem Nichts durch Hazard die Fohlen im Spiel hielt und Leipzig es gleichzeitig versäumte, mit dem dritten Tor für die Vorentscheidung zu sorgen. »Eigentlich haben wir kaum etwas zugelassen«, resümierte Matthias Ginter. »Das ist nicht gerade einfach gegen Leipzig, die vorne eine große Wucht haben, wenn die Mittelfeldspieler nachrücken.«

»Wir haben das Spiel in die Hand genommen, wie wir es eigentlich von Anfang an vorhatten«

Die Pausenführung der Gastgeber war hochverdient und eigentlich gab es keine Anzeichen, dass der zweite Durchgang komplett anders verlaufen würde. Doch als Forsberg unmittelbar nach Wiederanpfiff auf dem Weg zum 3:1 im letzten Moment vom eingewechselten Herrmann gebremst wurde, kippte die Partie zugunsten der Borussen.

»Wir haben das Spiel in die Hand genommen, wie wir es eigentlich von Anfang an vorhatten«, sagte Stindl. Die Gladbacher agierten unerwartet selbstbewusst, der Ball lief plötzlich über mehrere Stationen und gleichzeitig wurden die Zweikämpfe auf einem ganz anderen Level geführt. »Wir können uns wehren, aber wir können auch Fußball spielen«, stellte Sportdirektor Max Eberl zufrieden fest. »Das geht sehr häufig von Kramer und Zakaria aus«, so Eberl weiter. »Wenn du das Gefühl hast, im Zentrum Zweikämpfe zu gewinnen und den Gegner nicht so leicht durchzulassen, dann hast du als Mannschaft viel Stabilität.«

Die Leipziger jedenfalls zeigten sich beeindruckt von den Comeback-Qualitäten der Gladbacher. »Wille, Kampf und die Basisdinge, die gegen Frankfurt fehlten, haben wir heute gebracht«, sagte Matthias Ginter. »Es gehört Moral dazu, nach zwei Rückständen zurückzukommen.«

»Wir konnten nicht ganz ins letzte Risiko gehen«

Die Borussen verdienten sich den Ausgleichstreffer durch das herrliche Tor von Lars Stindl und waren anschließend dem Sieg näher als die Leipziger. Mit etwas Wohlwollen hätte es sogar noch einen zweiten Elfmeter für die Fohlenelf geben können. »Obamekano hat mich nicht so wahrgenommen und wollte den Ball wegspitzeln«, schilderte Stindl die fragliche Szene. »Ich spüre den Kontakt, aber der Schiedsrichter hat das anders wahrgenommen.« »Das hätte man auch anders beurteilen können«, sagte Dieter Hecking. Letztlich hätten sich die Leipziger nicht beschweren können, aber ein wirklich klarer Elfmeter war es nicht.

Dagegen gab es hinsichtlich der Berechtigung des Platzverweises für Keita keine zwei Meinungen. »Das ist eine klare Rote Karte, da brauchen wir nicht drüber zu reden«, meinte Hecking. »Den Fuß hätte ich in dieser Höhe ehrlich gesagt nicht erwartet«, sagte ›Opfer‹ Christoph Kramer. »Mir geht es gut, es sah schlimmer aus, als es ist«, gab er Entwarnung. Die Risswunde an der Oberlippe blutete heftig, doch Kramer wollte unbedingt weiterspielen. »Jemanden wie Chris, der sich dann nicht auswechseln lassen möchte, will man natürlich sehen«, lobte Max Eberl und fügte grinsend hinzu: »Man muss ja fairerweise sagen, dass er mit der Wunde jetzt besser aussieht als ohne.«

Die Laune der Gladbacher wäre wahrscheinlich noch um einiges besser gewesen, wenn man die Überlegenheit der zweiten Halbzeit zum Auswärtssieg genutzt hätte. »Wir haben sehr gut gespielt, aber es ist immer wieder ein schmaler Grat«, sagte Dieter Hecking. »In der zweiten Halbzeit hatten wir richtig Oberwasser und irgendwie hätte es schon ein bisschen mehr sein können«, ergänzte Christoph Kramer. »Aber man musste im Umschaltspiel schon sehr aufpassen, weil sie brandgefährlich sind. Da konnten wir nicht ganz ins letzte Risiko gehen.«

»Wir pfeifen personell gerade aus dem letzten Loch«

Immerhin durften sich die Gladbacher als moralische Sieger fühlen. »Heute hat man Kerle gesehen«, lobte Max Eberl den Auftritt der Mannschaft. »Ich möchte die Borussia so sehen, wie sie heute gespielt hat, nur ohne die Gegentore. Aber ich bin weit davon entfernt, nach jedem Spiel eine Tendenz auszugeben. Wir müssen stabile Leistungen bringen und stabil punkten.«

Der Fokus richtete sich schon am Samstagabend auf das Heimspiel gegen Stuttgart am frühen Dienstagabend. »Diese Saison wird eine wahre Ochsentour werden, deshalb müssen wir von Spiel zu Spiel denken«, berief sich Eberl auf Favres Grundsätze. Zumal die Personalprobleme nach Leipzig nicht gerade kleiner geworden sind. »Jonas Hofmann musste mit muskulären Problemen raus, Chris Kramer war auch ein Wackelkandidat, ob er durchspielen kann«, sagte Dieter Hecking. »Wir pfeifen personell gerade aus dem letzten Loch. Aber wir müssen uns durch die Woche durchbeißen.«

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