Der Urlaub für die meisten Gladbacher Borussen neigt sich langsam aber sicher dem Ende entgegen. Am Sonntag steht das erste Training auf dem Programm, bereits am Freitag herrschte reger Betrieb im Borussia-Park. Natürlich hatte die Verkündung der Verpflichtung von Breel Embolo oberste Priorität, die sich letztlich doch länger hinzog, als allgemein erwartet wurde. Doch um kurz nach 15 Uhr durfte Borussias Presseabteilung die vorbereitete Meldung dann endlich unters Volk bringen.
Borussias neuer Coach Marco Rose freut sich jedenfalls, dass Embolo bei der Fohlenelf einen Vertrag bis 2023 unterschrieben hat. »Wir wollen einen fußballerischen Stilwechsel und Breel Embolo bringt die Dynamik, Power und Wucht mit, die dafür gebraucht wird«, sagte der 42-Jährige. »Er hatte eine schwierige Zeit auf Schalke, es ist für ihn viel unglücklich gelaufen mit den Verletzungen. Er ist ein guter, aber trotzdem noch entwicklungsfähiger Spieler. Aber wir sollten ihm nicht gleich einen riesigen Rucksack an Erwartungen aufsetzen«. Zumal Embolo noch nicht von Beginn an voll ins Training einsteigen kann. »Er hat noch eine kleine Verletzung nach einem Schlag auf den Mittelfuß«, erklärte Rose. Dadurch verpasste er die Nations-League-Finalspiele mit der Schweiz. »Er kuriert die Verletzung im Moment aus und wir rechnen damit, dass er in den nächsten Tagen ins Lauftraining einsteigt. Wir hoffen, dass es zügig geht, dass er mit dem Team trainieren kann und dann gesund bleibt.«
Lainer »ist eine Naturgewalt« – Lang vor dem Absprung
Neben Embolo wird alsbald auch die Verpflichtung von Marcus Thuram bekanntgegeben werden können. »Max Eberl macht es hinsichtlich der Transfers, die getätigt werden, sehr clever«, lobt Rose die Einkaufspolitik seines Sportdirektors. Neben Embolo und Thuram wollen die Borussen noch einen »flexiblen Abwehrspieler, optimal wäre ein Linksfuß« haben, wie Rose erklärt. Vieles deutet auf Malang Sarr aus Nizza hin – offiziell halten sich die Gladbacher weiter an die Prämisse, erst etwas zu sagen, wenn die ‚Tinte trocken‘ ist. Das ist bereits bei Stefan Lainer der Fall, den Rose natürlich bestens kennt. »Er ist eine Naturgewalt«, schwärmt der Coach. »Dazu ist er ein richtig solider Fußballer, der eine unfassbare Mentalität hat und ohne Ende marschiert. Er ist nicht klein zu kriegen. Stefan bringt eine neue Komponente in den Kader«.
Dass sich durch die Verpflichtung von Lainer die Chancen auf Spielzeit für Jordan Beyer und besonders Michael Lang nicht erhöhen, ist klar. Beyer soll »als großes Talent auf dieser Position« weiter herangeführt werden, Lang dürfte nach einem Jahr den Abflug aus Gladbach planen. Der Schweizer suchte bereits das Gespräch mit Rose und dieser teilte ihm mit, dass die Ausgangslage nicht einfach sei, wenn Lainer und Beyer fit sind. Doch für Lang, sowie für andere Wackelkandidaten gilt: Wenn sie zum endgültigen Kader gehören und besser trainieren als die anderen, wird Rose sie auch spielen lassen.
»Gemeinsam den Borussia-Stil für die nächsten Jahre kreieren«
Auf Trainingsdisziplin legt der neue Trainer besonderen Wert. »Ich versuche, Energie vorzuleben und fordere Energie in jedem Training ein. Jedes Training und jede Übungsform wird mit einhundert Prozent gemacht, das ist mir unheimlich wichtig«. Darüber hinaus will er die Truppe über die Arbeitsatmosphäre zusammenschweißen. »Unsere Aufgabe ist es, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich jeder wohlfühlt. Dann herrscht ohnehin eine positive Stimmung und dann müssen noch die Ergebnisse kommen.« Dass das angesichts der Neuausrichtung vor allem zu Beginn schwierig sein könnte, ist Rose bewusst. »Ich will die Euphorie gar nicht kleinreden, aber wenn es am Anfang nicht so läuft wie erhofft, ist die Euphorie ganz sicher schnell vorbei. Dann werden andere Töne angeschlagen. Damit muss ich dann auch leben.«
Dass die Fohlenelf künftig für einen anderen Fußball stehen soll als bislang, ist der Plan. Doch keinesfalls soll Gladbach nun RB Salzburg II werden. »Ich werde nicht die Schablone aus Salzburg drauflegen«, stellt Rose klar. »Es gibt keinen Marco-Rose-Fußball. Wir müssen uns die Dinge gemeinsam erarbeiten, müssen versuchen, gemeinsam den Borussia-Stil für die nächsten Jahre zu kreieren.« Die Grundprizipien stehen jedoch fest: »Gutes Positionsspiel, nach Ballgewinnen umschalten, eher vorwärts verteidigen als nach hinten laufen, die Bälle so schnell wie möglich zurückgewinnen, wenn wir sie verloren haben«. Doch ein ‚Harakiri-Pressing‘ wird es unter Rose nicht geben. »Man darf nicht erwarten, dass wir auf den Platz gehen und es nur noch Attacke und Angriff geben wird.«
»Ich bin niemand, der auf eine Grundordnung festgelegt ist«
Die Balance wird auch künftig über allem stehen und die Feinjustierung wird ihre Zeit brauchen. »Wir müssen versuchen, uns diese Dinge nach und nach anzueignen. Das ist ein Prozess, die Resultate werden nicht von heute auf morgen zu sehen sein. Ich möchte aber schon, dass wir es relativ schnell sichtbar machen und erfolgreich sind«. Ein starres Spielsystem, wie einige es Rose andichten, wird es nicht geben. »Ich bin niemand, der auf eine Grundordnung festgelegt ist«, so Rose. »Aber ich wechsele im Spiel auch nicht drei- oder viermal die Grundordnung. Ich halte viel von Automatismen, dass die Spieler wissen, was sie in der jeweiligen Grundordnung zu tun haben. Grundsätzlich gilt: Wir wollen vertikal spielen, egal, ob im 4-3-3, 3-4-3 oder 4-4-2 mit Raute.«
von Marc Basten