Einzelkritik: Schalke 04 - Borussia Mönchengladbach 0:2 (0:1)

Erst mau, dann schlau

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Di Santo und Korb (Foto: Norbert Jansen / Fohlenfoto)

Di Santo und Korb (Foto: Norbert Jansen / Fohlenfoto)

Borussia Mönchengladbach ließ in der Schalker Arena eine Halbzeit lang vieles vermissen. Doch dann besann man sich und ließ dem mauen ersten Durchgang eine schlaue zweite Hälfte folgen. Das reichte zu einem letztlich verdienten Erfolg im Pokal.

Yann Sommer: Hatte zwei kleinere Ausrutscher in der Arena. Einmal schoss er di Santo an und einmal rutschte er bei einem Abschlag im wahrsten Sinne des Wortes aus. Beides blieb ohne Folgen. Der Goalie war ohne Zweifel der wertvollste Borusse an diesem Abend. Er hielt drei 100%ige (zweimal gegen Huntelaar, einmal gegen di Santo) und ‚guckte‘ zudem den Huntelaar-Kopfball gegen den Pfosten. Einige präzise Abschläge komplettierten seine Leistung. Note 1,0.

Julian Korb: Konnte nicht an seine Gala-Vorstellung vom Sonntag anknüpfen. Er hatte in der Defensive Schwierigkeiten mit dem quirligen und ideenreichen Meyer, wobei ihm kein grober Fehler unterlief. Auffällig, dass er bei einigen hohen Bällen Kopfballsieger blieb. Im Offensivspiel um Anschluss bemüht, aber früh unter Druck gesetzt und dort mit einigen unklaren Aktionen. So als er unmittelbar vor der Trainerbank unter Bedrängnis ins Aus spielte. Nach dem Seitenwechsel schenkte er in einer Situation erst den Ball weg und spielte dann Foul. Kurz danach wurde Korb, leicht angeschlagen mit einem Pferdekuss, ausgewechselt. Note 3,5.

Andreas Christensen: Konnte ebenfalls nicht an die Qualität seiner letzten Auftritte anschließen. Er agierte diesmal nicht so souverän und hatte manche Wackler dabei. Schob sich einige Male sehr weit nach vorne, um entweder Huntelaar oder di Santo bei der Ballannahme zu stören, was jedoch nicht gelang und eilige Rückzugs-Läufe zur Folge hatte. Sein Aufbauspiel, am Sonntag noch herausragend, geriet auch mangels Anspielstationen mehrfach ins Stocken. Nach der Pause mit der Führung im Rücken hatte er mehr Platz und Ruhe beim Aufbau. In einer Situation schoss er jedoch einen Schalker an, der Ball ging ins Seitenaus. Defensiv hatte Christensen einige gute Szenen gegen den eingewechselten Sané. Note 3,5.

Tony Jantschke: Stand wie die gesamte Elf unter Druck und war defensiv mehr gefordert, als ihm lieb war. Schalke spielte mehrfach in die Schnittstellen, wo Jantschke einiges im letzten Moment wegblocken konnte. Allerdings vermochte er auch nicht alles abräumen, so dass Schalke zu mehreren guten Chancen kam. In den Luftduellen gegen Huntelaar und di Santo war Jantschke meist unterlegen. Als Korb rausging, übernahm er dessen Position auf der rechten Seite. Von dort startete er auch den folgenschweren Flankenlauf, als Hojbjerg ihn zu Fall brachte. Zum Glück ist die Verletzung nicht so schwer wie befürchtet. Biss sich durch und spielte die trotz hängender Schulter und Schmerzen zu Ende. Note 3,0.

Oscar Wendt: Defensiv sehr gefordert, Schalke kam sehr oft über Borussias linke Seite. Den einen oder anderen Gegenspieler musste er ziehen lassen. Dass die Seite im Verhältnis zum Sonntag teilweise sehr offen war, lag vermutlich auch daran, dass Johnson als Unterstützer zunächst fehlte. Wendt sah Gelb nach einem Allerweltsfoul. Nach der Pause, mit der Führung im Rücken und dem eingewechselten Johnson an seiner Seite, war es deutlich entspannter. Er schaltete sich sehr oft kombinierend nach vorne ein oder tankte sich auf eigene Faust durch. Das war das richtige Rezept – nicht hinten drin stehen, sondern das dritte Tor wollen, ohne dabei die Defensive zu vernachlässigen. Note 3,0.

Håvard Nordtveit: Stand für Dahoud in der Startelf und machte ein sehr ordentliches Spiel. Es war die beste Leistung des Norwegers seit langem. Er verteilte die Bälle mehr als ordentlich, spielte sachlich in der Gefahrenzone und kippte im Wechsel mit Xhaka zwischen die Innenverteidiger ab. Seine Fouls beging er diesmal in der Offensive, u.a. nach einer eleganten, aber gescheiterten Mitnahme-Idee im Strafraum. Positiv, dass er durchaus mit Mut nach vorne rückte, dabei überraschte er mit der einen oder anderen untypischen ›Vorbeischlängel-Aktion‹. Auch in der ›Abwicklungsphase‹ der Partie nicht nachlassend und immer um Anschluss nach vorne bemüht. Ein Distanzschuss flog über das Tor, trotzdem war es den Versuch wert. Note 2,5.

Granit Xhaka: Geriet zu Beginn mehrfach in die Zwickmühle, als er die Gegenspieler im Rücken nicht wahrnahm. Gleich dreimal ließ er sich überraschen und von hinten den Ball abnehmen. Das war schon arg fahrlässig und wurde nur durch Glück bzw. Schalker Einfältigkeit nicht bestraft. Andererseits war es im ersten Durchgang fast ausschließlich Xhaka, der für die Gladbacher Bälle eroberte, indem er den Gegner energisch stellte. Zudem war er wichtig als ›Anführer‹, weil er sich nichts gefallen ließ. Er warnte die mehrfach sehr unsauber zur Sache gehenden Schalker mit Worten und Gestik, einmal musste er von Sommer richtig ›abgekühlt‹ werden. Nach der Pause mit mehr Raum sehr souverän und die Grundordnung immer im Blick haltend. Wertvoll war der Kapitän erneut beim Kopfballspiel nach gegnerischen Standards. Note 3,0.

Ibrahima Traoré: Litt in der ersten Halbzeit unter dem lahmenden Umschaltspiel der Kollegen. Daher kam er kaum an oder in den gegnerischen Strafraum. Er versuchte es mit ein paar Einzelaktionen, u.a. einem Kabinettstückchen an der Seitenlinie. Die versandeten weitestgehend, auch weil ihm hier und da der Ball versprang. Profitierte davon, dass nach der Pause insgesamt deutlich mehr Zug drin war. Es gab Räume und Traoré mischte im Umschalt- und Konterspiel munter und aufgedreht mit. Gab den Assist zur Elfmetersituation, wobei sein Pass auf Stindl eigentlich etwas zu scharf geraten war. Beim Klasse-Konter kurz drauf touchierte sein Schuss noch den Pfosten. Wäre da das 0:3 gefallen, wäre es der Beginn einer absoluten Demontage der Schalker gewesen. In der restlichen Spielzeit war Traoré weiter der ›Faktor Highspeed‹ im Konterspiel. Note 2,5.

Thorgan Hazard: Dass so viele Schalker Angriffe über die linke Seite rollten, war ein Indiz für die angesprochenen Defensivdefizite des Belgiers. Wenngleich man ihm sicherlich erhöhte Bereitschaft anmerkte, sich in der Arbeit gegen den Ball zu verbessern. Offensiv gelang ihm, wie den Kollegen auch, vor der Pause kaum etwas. Sein verschenkter Freistoß unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff war eigentlich unverzeihbar. Nach Wiederbeginn zentral unterwegs und mit einer deutlichen Leistungssteigerung. Fuhr den Konter zum Elfmeter, als er zunächst mit Ball lief und Traoré gut anspielte. Machte es beim Strafstoß besser als sein Bruder Eden tags zuvor, der im Pokal im Elfmeterschießen vergab. Wobei Thorgans Schuss auch nicht gut platziert war. Der Treffer gab ihm sichtlich Rückenwind, er wirbelte vorne und ging die Wege mit nach hinten. Spitzelte den Ball mit der Hacke knapp am Tor vorbei, zudem gab er noch einen guten Distanzschuss ab. Machte eine Viertelstunde vor Schluss entkräftet Platz für Dahoud. Note 3,0.

Lars Stindl: Wie schon am Sonntag Borussias bester Feldspieler. Zwar gab es auch von ihm in den ersten 40 Minuten allenfalls Bruchstücke, doch dann war er zur Stelle. Reagierte schnell auf Matips Ausrutscher und entwickelte dann eine herausragende Zielstrebigkeit. Muteten die ersten zwei Schritte vielleicht noch etwas schwerfällig an, konnte er Tempo aufnehmen, bewies Standfestigkeit bei der Mördergrätsche von Kolasinac mit offener Sohle und schloss konzentriert und eiskalt ab. In der zweiten Halbzeit bei fast allen Angriffen involviert. Ganz stark, wie er Bälle behauptete und immer mit Übersicht und Vernunft abspielte. Holte den Elfmeter heraus, indem er den eigentlich nicht zu verarbeitenden Ball mit der Fußspitze ›heiß‹ machte und das ungestüme Einsteigen des Keepers nutzte. Schlau auch, wie er ein gewolltes Foul an der Seitenlinie rausholte, als er sich ›alleine‹ fühlte. Sein Laufpensum war wieder überragend. Note 2,0.

Josip Drmić: Der Schweizer musste lange auf seine erste Chance unter André Schubert warten. Sein Pech, dass er keinen bleibenden Eindruck hinterlassen konnte. Das gesamte Offensivspiel war im ersten Durchgang schwach wie nie unter Schubert und ausgerechnet da sollte sich Drmić in Szene setzen. Dem Ex-Leverkusener fehlte die Bindung, zudem gab es Missverständnisse bei den Laufwegen mit den Kollegen. Und bei den wenigen vielversprechenden Ansätzen wirkte er letztlich unglücklich, weil er entweder ungenau spielte, wegrutschte, technische Fehler machte oder sich ziemlich simpel abkochen ließ. Zur Halbzeit wurde er ausgewechselt. Dennoch sollte man nicht den Stab über Drmić brechen. Ohne Spielpraxis und mit nur wenig brauchbaren Bällen war es schwierig. Note 4,5.

Fabian Johnson: Ein ganz wichtiger Schachzug von Schubert, den US-Amerikaner zur Pause einzuwechseln. Mit ihm war die linke Seite sofort dicht, er presste, was das Zeug hielt, ackerte und rackerte. Mit vielen Störaktionen unterband er Schalker Kombinationen und mit zahlreichen ›Steals‹ eröffnete er die eigenen Angriffe. Ging nicht auf die Provokationen der Schalker ein und blieb cool. Bei den eigenen Konterangriffen immer auf der Höhe. Spielte gut auf Stindl und rannte in einer Situation rasendschnell mit Ball über die rechte Seite. Note 2,0.

Álvaro Dominguez: Rückte für die letzte halbe Stunde ins Team und übernahm Jantschkes Position in der Innenverteidigung. Brachte gegen die Schalker Stürmer etwas mehr ›Body‹ ins Abwehrzentrum und ließ nichts anbrennen. Als das Spiel immer mehr abgewickelt wurde, ließ er gut den Ball laufen und holte sich so noch etwas Praxis nach seiner Verletzungspause. Ohne Note.

Mo Dahoud: Kam in der letzten Viertelstunde für Hazard und übernahm dessen zentrale Position. Sorgte mit schlauen Aktionen für Ballbesitz und Sicherheit, ließ sich einmal geschickt ›taktisch‹ foulen. Die Selbstverständlichkeit seines Auftretens ist bemerkenswert, seine Technik ohnehin. Allerdings ließen die geschlagenen Schalker Dahoud auch weitestgehend in Ruhe. Ohne Note.

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