Dumm gelaufen und doch noch ein versöhnliches Ende

»Eine Super-Moral gezeigt«

Created by von Marc Basten und Jan van Leeuwen
Xhaka beglückwünscht Drmić (Foto: Dirk Päffgen)

Xhaka beglückwünscht Drmić (Foto: Dirk Päffgen)

Es war ein kurioses Spiel in Sinsheim. Borussia Mönchengladbach war zunächst hoch überlegen, lag dann plötzlich scheinbar aussichtslos zurück und erkämpfte sich drei Minuten vor Schluss durch Johnsons Schuss zum 3:3 doch noch einen Punkt. Das fühlte sich letztlich wie ein Sieg an.

Es begann optimal für die Gladbacher Borussen in Sinsheim. »Wir hatten uns vorgenommen, das Spiel schnell in den Griff zu bekommen«, sagte André Schubert. »Das ist uns gelungen«. Seine Elf war hoch überlegen, beherrschte Ball und Gegner und ging durch Fabian Johnson nach einem wunderbaren Anspiel von Mo Dahoud bereits nach fünf Minuten in Führung.

»Danach hätten wir dranbleiben und das Spiel dominanter gestalten müssen«, so Schubert. »Aber wir haben in der Folge zu wenig in die Tiefe gespielt und hatten dadurch eine Reihe von leichten Ballverlusten im Aufbau. Damit haben wir den Gegner mit seinen schnellen Spielern zu Kontern eingeladen«.

Es war schon erstaunlich, dass sich in dieser Phase kollektiv Wackler und Ungenauigkeiten aneinanderreihten. »Wir waren ein Stück weit träge«, hatte Max Eberl festgestellt. Das zeigte sich auch bei der Ecke zum Ausgleich (Xhaka: »Da schlafen wir«) und beim Hoffenheimer Führungstor durch Polanski. Gleich vier Borussen träumten vor sich hin und ließen Amiri bei dessen Assist ungehindert.

In der Halbzeit nahmen sich die Gladbacher vor, diesen dummen Rückstand ganz schnell zu egalisieren und das Spiel zu drehen. »Wir wollten eine Reaktion zeigen«, erklärte Granit Xhaka. »Und dann kriegen wir sofort das 1:3«. Der Aussetzer von Lars Stindl war ein »ganz blödes Ding«, wie André Schubert es umschrieb. Einen Vorwurf wollten jedoch weder der Trainer noch die Kollegen an Stindl richten. »Sowas passiert«, meinte Schubert.

Das Match schien verloren, zumal den Borussen noch das aufreibende Spiel vom Mittwoch gegen Sevilla in den Knochen steckte. »Da können die Beine schon schwer werden«, sagte Max Eberl. »Umso erstaunlicher, wie sich die Mannschaft danach zusammengerissen hat«, betonte André Schubert.

Der Coach stellte früh um, nahm den schon verwarnten Dahoud aus der Partie, brachte Hazard und beorderte Drmić in die Spitze. Mit Erfolg - der Schweizer erzielte nach Flanke von Unglücksrabe Stindl per Kopf sein erstes Tor für die Borussia und brachte das Team zurück ins Spiel.

Als man sich festzulaufen drohte, nahm Schubert den nächsten Wechsel vor. Für Korb kam Elvedi, der zunächst als ›Postbote‹ in Erscheinung trat. Er reichte Zettel an die Kollegen weiter. »Das waren jetzt keine Harry-Potter-Zettel«, erklärte André Schubert anschließend. »Mit Elvedis Einwechslung haben wir taktisch umgestellt und Dreierkette gespielt. Lars und Granit haben als zentrale Spieler einfach die Information bekommen«. Co-Trainer Frank Geideck hatte lediglich die neue Grundformation aufgeschrieben.

Die ›Message‹ kam jedenfalls an und die Borussen schafften es, in der Schlussphase nochmal Druck aufzubauen. Drei Minuten vor Schluss gelang der Ausgleich, der schon in seiner Entstehung bemerkenswert war. Ausgangspunkt des Angriffs war ein Rückpass von Stindl aus fast identischer Position wie bei seinem Blackout. »Wir wollen mutig spielen und das ist kurz nach der Pause in die Hose gegangen«, sagte Fabian Johnson. »Aber beim Ausgleich war es eine ähnliche Situation, und da hat es geklappt«. Die Gladbacher kombinierten sich stark aus der eigenen Hälfte heraus, Raffael spielte einen tollen Pass in den Lauf von Johnson und der erzielte ein Klasse-Tor. »Natürlich freue ich mich über meine zwei Tore«, sagte der Ex-Hoffenheimer. »Aber viel bedeutender ist, dass wir hier nicht verloren haben«.

»Fabian ist ein wichtiger Strukturspieler«, sagte Max Eberl. »Wenn er jetzt auch noch Tore schießt, wird er zum Führungsspieler«. »Wir haben eine Super-Moral gezeigt«, sagte Johnson und verwies auf die Mannschaftsleitung.

Die stellte auch André Schubert nochmals in Vordergrund, als er auf die ›Schubert-Serie‹ angesprochen wurde. »Bei uns steht und fällt alles damit, dass wir ein Team sind. Ich möchte nicht, dass es nur auf eine Person fokussiert wird«.

Als Team werden die Borussen nach zwei freien Tagen die Vorbereitung auf den Knaller am Samstag gegen die Bayern aufnehmen. »Wir sind sicher nicht auf Augenhöhe mit den Bayern, das ist in Deutschland niemand«, so Schubert. »Aber wir werden das Spiel mit Mut und Selbstvertrauen angehen und sind sicher auch in der Lage, solche Topmannschaften in einem einzelnen Spiel zu packen. Wir müssen eine Lösung finden, wie wir Bayern bespielen können, das wird superspannend«.

Granit Xhaka, der in Sinsheim um die fünfte Gelbe Karte und damit eine Sperre gegen die Bayern herumkam, freut sich auf den Klassiker. »Wir müssen uns gegen die Bayern nicht verstecken«, sagte der Schweizer. Dass man gegen den Rekordmeister anders auftreten muss, ist klar. »Wir können sicher nicht so offen spielen wie heute«, sagte Xhaka. »Aber wir werden auch nicht zu zehnt am eigenen Sechzehner stehen«. Es werde darum gehen, so Xhaka, »clever genug zu sein, den Bayern wenig Torchancen zu ermöglichen« und selbst Initiative zu ergreifen und »die Chancen zu nutzen«.

Ein wenig hört es sich an, als ob ein Schützenfest zu erwarten sei. »Wenn es am Ende 4:3 für uns steht, nehme ich das gerne mit«, so Xhaka. Der Kapitän ist, genauso wie der mit vier gelben Karten vorbelastete Oscar Wendt, gegen die Bayern an Bord. Dagegen ist ein Einsatz von Ibrahima Traoré wohl eher unwahrscheinlich. »Es wird schwierig«, sagte Schubert. »Ibra ist schon am Anschlag gewesen, hat mit einer hohen Taktung gespielt. Wir wollen nichts riskieren«.

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