Tolles Wetter, erstaunlich gute Stimmung vom Start weg, ansehnlicher Fußball und ein deutlicher Sieg - dieser Freitagabend im Borussia-Park war rundum gelungen. Da passte die Szene des Abends hervorragend in die Gute-Laune-Atmosphäre: Als Christophs Kramers Freistoßtreffer in der Halbzeitpause über die Leinwände flimmerte, feixten und johlten die Zuschauer.
Viele hatten die Aktion gar nicht richtig wahrgenommen, zu ihnen gehörten neben einem Haufen verdutzter Wolfsburger Profis auch Borussias Trainer. »Dadurch, dass Chris Kramer am Ball war, habe ich gar nicht hingeguckt«, erzählte Dieter Hecking. »Ich dachte, Chris legt sich erstmal den Ball hin und die anderen werden schon dafür sorgen, dass er weggeht.«
Doch Kramer ging nicht weg, sondern lauerte auf seine Chance. »Wenn so ein Freistoß ist, dann kommen erstmal die Innenverteidiger nach vorne, dann stellen sich alle wie die deutschen Beamten in den Sechzehner und warten, dass der Ball reingekloppt wird«, sagte Kramer. »Da liegt eine Riesenchance drin, wenn man es ab und zu einfach mal schnell macht.«
»Dann war der Weg frei«
Während die Wolfsburger noch mit dem Mauerbau beschäftigt waren, suchte Kramer den Kontakt mit Schiedsrichter Stieler. »Ich habe ihn gefragt, ob er anpfeifen will, aber er hat gesagt, dass er freigegeben ist. Dann war der Weg frei. Ich musste mich aber erstmal an den etatmäßigen Freistoßschützen vorbeimogeln.« Als das geschafft war, schlenzte er den Ball locker ins Torwarteck und hinterließ konsternierte und erboste Wolfsburger.
»Wenn man so ein Tor kassiert, noch dazu das 3:0 kurz vor der Halbzeit, ist man frustriert. Ich kann den Ärger verstehen«, sagte Kramer. »Aber der Ball war freigegeben.« Und das Tor somit nicht nur regelkonform, sondern auch schlau. Wolfsburgs Schlussmann Koen Casteels gab anschließend in der Mixed-Zone zu, das Regelwerk nicht so genau zu kennen. »Ich habe den Schiedsrichter gefragt, aber er hat gesagt, dass er nicht anpfeifen muss. Das wusste ich nicht. Künftig sollten wir immer einen Spieler vor den Ball stellen, um so etwas zu vermeiden.« Diese Einsicht kam am Freitag für Wolfsburg zu spät, während sich die Gladbacher über den höchsten Saisonsieg freuen und Christoph Kramer als ausgekochtes Schlitzohr feiern konnten.