Nachdreher aus Düsseldorf

Die Borussen fischen weiter im Trüben

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Matthias Ginter ist bei Hennigs Treffer zum 3:0 nur Zuschauer (Foto: Alex Grimm / Bongarts / Getty Images)

Wie konnte es zu der Minusleistung in Düsseldorf kommen? Die Gladbacher Borussen wirkten nach dem Schlusspfiff ähnlich ratlos wie zuvor auf dem Platz. Eine wirkliche Erklärung hatte niemand und so fischten die Protagonisten weitestgehend im Trüben.

Es gab während der 90 Minuten in Düsseldorf eine Vielzahl an Momenten, in denen man sich nahezu fassungslos an den Kopf packen musste. Auch im Nachlauf zum desaströsen Auftritt der Gladbacher stockte einem hier und da der Atem. Immerhin vergingen sich die Beteiligten nicht in unseliger Schönrederei, doch letztlich fischten bei der Ursachenforschung alle weitestgehend im Trüben.

»Ich stehe unter dem Eindruck eines Spiels, wo wir alle nach 16 Minuten kotzen hätten können und soll jetzt sagen, wie es weitergeht?«, sagte ein sichtlich verärgerter Max Eberl nach dem Schlusspfiff. Warum die Mannschaft derart lethargisch auftrat und blindlings in die von Düsseldorf aufgestellten Fallen tappte, blieb auch Stunden später ein ungelöstes Rätsel. »Fortuna hat in ihrem Umschaltspiel große Qualität, das wussten wir und darauf hat der Dieter sie auch eingestellt. Aber wenn dann nicht mit aller Macht das Tor verteidigt wird, kriegst du Probleme. Das ist für uns alle extrem enttäuschend.«

»So ein Spiel wie heute kann man nicht einfach hinnehmen«

Dieter Hecking zählte die Mängel ohne Umschweife auf: »Wir waren in einem Tiefschlaf, haben in keinster Weise Zugriff gefunden, waren viel zu nachlässig in beide Richtungen. Bei Ballbesitz haben wir viel zu langsam gespielt, hatten viele einfachste Ballverluste und haben es Fortuna leicht gemacht, in die Balleroberung zu kommen. Wir haben es ihr leicht gemacht im Umschaltspiel. All das, was wir im Vorfeld des Spiels mit der Mannschaft besprochen haben. Dennoch sind wir dreimal reingelaufen. Wenn man im eigenen Strafraum ist, hat man schon mal die Chance zum Gegenspieler hinzugehen, aber wir lassen sie in Ruhe abschließen. Diese Passivität kann ich nicht erklären«.

Dass dieser Auftritt Konsequenzen nach sich ziehen muss, steht fest. »Wir müssen die Art und Weise hinterfragen, wie wir mit den Jungs umgehen«, sagte Hecking. »Da gilt es alles umzudrehen. So ein Spiel wie heute kann man nicht einfach hinnehmen. Als Trainer nicht, aber auch die Mannschaft nicht. Die Mannschaft muss sich zusammenraufen und sagen, was da eigentlich passiert.«

»Wir müssen uns neue Lösungen überlegen«

Die Spieler selbst blieben bei ihren Statements durchweg einsilbig. »Ich muss aufpassen, was ich jetzt aus der Emotion heraus sage«, meinte Kapitän Lars Stindl. »Wir müssen schleunigst diesen Trott rauskriegen«, sagte er lediglich. Weitere Ansagen in Richtung der Mitspieler verkniff er sich. Dass innerhalb des Teams die Bereitschaft fehlt, einander zu helfen und gemeinsam zu fighten, ist offensichtlich. »Wir sind keine Mannschaft, die den Platz umpflügt«, sagte Max Eberl. »Das waren wir noch nie und das werden wir wahrscheinlich auch nie sein. Aber die Bereitschaft, wirklich Fußball spielen zu wollen, die haben wir nicht auf den Platz gebracht. Genauso wenig ist es uns gelungen, im Umkehrschluss gemeinsam das Tor zu verteidigen. Fehler passieren, die haben wir auch heute hinreichend gemacht, aber es war ja keiner da, der dem Partner helfen konnte.«

Neben dem Eindruck, dass die Regulierungsprozesse innerhalb der Mannschaft nicht greifen und offenbar eine durchgängige Selbstüberschätzung vorherrscht, wird auch das entschlüsselte Spielsystem immer mehr zum Problemfall. Immerhin hat sich die Erkenntnis bei Matthias Ginter durchgesetzt, dass man mit dem eindimensionalen und überraschungsfreien Stil nicht durch die Saison kommen kann. »Wir müssen uns neue Lösungen überlegen«, sagte der Nationalspieler vor dem TV-Mikro. »Es funktioniert so nicht mehr mit dem, was wir in der Hinrunde gemacht haben.«

»Ich will nicht alles in Schutt und Asche reden«

Dass die Einsicht sieben Spieltage vor Schluss zu spät kommen könnte, steht zu befürchten. Zumal längst nicht alle davon überzeugt sind. »Wir müssen uns gar nicht über einen Plan, Systeme oder Ideen unterhalten«, sagte Lars Stindl. »Wir müssen die Grunddinge auf den Platz bringen und das haben wir heute nicht getan.« »Wir sind sicher nicht auf einem positiven Weg unterwegs, aber ich will nicht alles in Schutt und Asche reden«, ergänzte Max Eberl.

Es sind vielbeschworenen ›Basics‹, die den Borussen abhandengekommen sind. »Wir haben diese Leichtigkeit verloren, das Positionsspiel, das Passspiel - alles was uns ausgezeichnet hat, haben wir im Moment nicht im notwendigen Maße. Deshalb ist es noch wichtiger, sich auf die grundlegenden Dinge zu fokussieren«, meinte Eberl. »Verteidigen, Ballbesitz, Konzentration und dem Mitspieler helfen ist das, worauf wir wieder Wert legen müssen.«

 


von Marc Basten und Jan van Leeuwen

 

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