Ein gutes Jahr ist es her, da machte Raffael das Spiel seines Lebens. Oder besser gesagt die Halbzeit seines Lebens. Champions League in Gladbach, zu Gast der große FC Barcelona. Für Borussia Mönchengladbach der Gipfel der Entwicklung der letzten Jahre. Etwas größeres als ein Pflichtspiel in der Königsklasse gegen Barcelona konnte es nicht geben.
Seit dieser magischen Nacht ist im Borussia-Park eine gewisse Ernüchterung eingekehrt. Barcelona und die Champions League sind längst Vergangenheit, in der Bundesliga misst man sich mit Frankfurt, Stuttgart und Hannover auf Augenhöhe. Nach all den Jahren, in denen es kontinuierlich bergauf ging und ein Highlight das nächste jagte, erscheint der Alltag eher grau.
Sinnbildlich für diese Entwicklung kann Raffael herangezogen werden. Damals gegen Barcelona brillierte er in der ersten Hälfte und stellte einen Neymar völlig in den Schatten. Doch er war bereits angeschlagen, übernahm sich und musste zu Beginn der zweiten Halbzeit verletzt raus. Seitdem ist Raffael auf der Suche nach seiner Form.
Weitere Verletzungen warfen ihn in der Vorsaison zurück, seine Qualitäten blitzten nur noch ab und an auf. Die Vorbereitung im Sommer machte Raffael mit, richtig frisch wirkte er nicht. Doch der Brasilianer war noch nie ein ›Vorbereitungsmeister‹, so dass sich alle darauf beriefen, dass ›Raffa‹ da sein wird, wenn die Saison losgeht.
Nach sieben Bundesligaspielen ist Raffael immer noch nicht wirklich angekommen. Die Hoffnung, dass der Doppelpack im Heimspiel gegen Stuttgart den Knoten lösen würde, erfüllte sich nicht. In Dortmund und zuletzt gegen Hannover wurde er bereits frühzeitig ausgewechselt. »Er war nicht so gut im Spiel, dann muss er halt mal in der 60. Minute raus«, sagte Dieter Hecking. Öffentlich Alarm schlagen wollte der Trainer nicht, doch auch er wird sich seine Gedanken machen müssen. Was ist nur mit Raffael los?
Einige Beobachter meinen, der Brasilianer zolle dem Alter Tribut. Für sein Spiel brauche Raffael eine besondere körperliche und geistige Frische, die er mit 32 nicht mehr ohne Weiteres abrufen könne. Andere machen die Spielausrichtung der Mannschaft dafür verantwortlich, dass Raffael die Leichtigkeit abhandengekommen ist. Tatsächlich gewinnt man den Eindruck, dass sich der Stürmer fast krampfhaft in Einzelaktionen flüchtet, weil das Kombinationsspiel so brüchig ist.
Vermutlich ist es eine Mixtur aus allem, die dazu führt, dass Raffael hinterherhinkt. Doch gerade das können sich die Borussen nicht leisten, weil sie elementar von den Qualitäten des Ex-Berliners abhängen. Vor allem auch, weil Lars Stindl ebenso noch nicht in Topverfassung ist und die Alternativen im Angriff überschaubar sind.
Damit Borussia erfolgreich durch den Herbst kommt, müssen alle dabei helfen, den sensiblen Brasilianer wieder in die Spur zu bekommen. Nicht zuletzt der Spieler selbst, aber eben auch Trainer und Kollegen. Es gilt, das Rätsel Raffael ganz schnell zu lösen.