Als der Abpfiff im Nürnberger Stadion erklang, war die Besonderheit des Augenblicks allgegenwärtig. Hier die gefasst ergriffenen Nürnberger, die sich mal wieder mit einem Abstieg abfinden müssen. Dort die Gladbacher Borussen mit ihrem Großaufgebot an Auswärtsfans, denen tausendfach die Steine von den Herzen purzelten und die kurz darauf ausgelassen die Rückkehr nach Europa feierten. Nach den ganzen Irrungen und Wirrungen der letzten Wochen und Monate konnten endlich die Fesseln gelöst werden - ein befreiender Moment für Fans und Mannschaft gleichermaßen.
Dabei hatte lange Zeit nichts darauf hingedeutet, dass die Borussen am Ende einen Sieg feiern würden, bei dem sie sogar noch etwas fürs Torverhältnis getan haben. »Zur Halbzeit hätte ich nicht damit gerechnet, dass wir heute mit 4:0 gewinnen würden«, gestand Christoph Kramer ein. Er und seine Kollegen hatten sich nach einer ordentlichen Anfangsphase lange sehr schwergetan. »Meine Mannschaft war vor der Pause etwas zu zurückhaltend auf dem Weg nach vorne«, umschrieb es Dieter Hecking und erklärte, dass da durchaus Angst mit im Spiel war: »Es war uns wichtig, dass wir kein Gegentor kassieren.«
Drmić beendet seine Zeit in Gladbach als Wegbereiter für Europa
Immerhin stimmte die Defensivarbeit über weite Strecken - Nürnberg sorgte allenfalls über den flinken Misidjan für Gefahr, der Wendt vor einige Probleme stellte. Aber als es drauf ankam, wurde deutlich, warum der Club kein wirklich konkurrenzfähiger Bundesligist ist: Es fehlt schlichtweg an der Qualität. So verteidigten es die Borussen letztlich sauber, blieben aber im eigenen Spiel erneut vieles schuldig. Das änderte sich mit Führungstreffer in der 56. Minute. Ausgangspunkt war ein mutiger Antritt von Beyer, dann blitzte der ›Hinrunden-Hofmann‹ mit einem perfekten Zuspiel in den Lauf von Drmić auf, der wiederum im Stile eines Torjägers vollendete.
Natürlich war es ›die‹ Geschichte des Nachmittags, dass der faktisch aussortierte Schweizer dem wichtigen Tor gegen Hoffenheim nun den Türöffner in Nürnberg folgen ließ und damit seine komplizierte und letztlich trostlose Zeit in Mönchengladbach als Wegbereiter für Europa beenden wird. Das 1:0 löste bei den Borussen viele Knoten, während die Nürnberger auch durch den Zwischenstand aus Stuttgart sämtliche Resthoffnung verloren. »Nach dem Ergebnis aus Stuttgart und unserem Führungstor wurde es natürlich einfacher«, sagte Hecking. »Man hat gesehen, zu was die Mannschaft offensiv in der Lage ist«.
»Jetzt haben wir noch ein Endspiel um die Champions League«
Die lange vermisste Spielfreude stellte sich wieder ein. »Nach unserem Führungstreffer hat es endlich mal wieder richtig Spaß gemacht«, freute sich Christoph Kramer. »Es hat uns extrem gutgetan, mal wieder in Führung zu gehen«, meinte Sportdirektor Max Eberl. »Danach haben die Jungs gezeigt, was sie können. Daran kann man sehen, wie sehr der Kopf eine Rolle spielt«. Ohne Ballast und gegen einen nur noch körperlich anwesenden Gegner erspielten sich die Gladbacher den höchsten Auswärtssieg der Saison und machten die Europacupteilnahme perfekt.
»Wir haben einen großen Schritt getan«, strahlte Max Eberl. »Platz sieben ist sicher, Rang sechs scheint sehr sicher und jetzt haben wir noch ein Endspiel gegen Dortmund um die Champions League.« Das Saisonfinale, mit dem zuletzt eher negative Gedanken verknüpft waren, wird mit einem Mal zum großen Showdown. »Der Europapokal ist uns nicht mehr zu nehmen und es ist schön für uns, dass wir jetzt schon etwas in den Händen haben«, sagte Kramer. »Das nimmt etwas den Druck vor dem Saisonfinale«.
von Marc Basten und Jan van Leeuwen