Nun ist das lange angekündigte 125. Jubiläum der Borussia also auch schon wieder Geschichte. Auch wenn nicht jedem die Statue gefällt oder es trotz der vielen ‚Legenden‘ auf dem Goldenen Teppich einige enttäuschte Gesichter gab, weil der eine oder andere relevante Altstar fehlte, war es unterm Strich ein gelungenes Jubiläumswochenende im Borussia-Park.
Die Jubiläumstrikots werden jetzt wieder eingepackt, Pyrotechnik ist ab sofort wieder ein Verbrechen, und der Rauch des Feuerwerks hat sich unter die Wolken des kühlen Augustabends gemischt. Von nun an richtet sich der Fokus darauf, der glorreichen Geschichte von Borussia Mönchengladbach weitere, möglichst unfallfreie Kapitel hinzuzufügen.
Eine außergewöhnliche Intensität
So brachte das Spiel gegen den FC Valencia am Samstagabend einige Aufschlüsse. Vor allem bestätigte sich der Eindruck der bisherigen Vorbereitung inklusive der Testspiele, dass eine für Gladbacher Verhältnisse außergewöhnliche Intensität zu sehen ist. Selbst sonst eher durch ein gewisses Phlegma auffallende Spieler wie Nico Elvedi oder Luca Netz sind erstaunlich frisch bei der Sache. Es lag gewiss nicht nur an den äußeren Umständen, dass der Auftritt gegen Valencia deutlich leidenschaftlicher war als die meisten Vorbereitungs- oder Saisoneröffnungsspiele in den Vorjahren.
Es ist nicht ungeschickt von Gerardo Seoane, in allen Bereichen einen offenen Konkurrenzkampf auszurufen. So kann sich niemand zu sicher sein und es schleifen lassen. Wie es sich darstellt, wenn sich in Richtung des Ligaauftakts in drei Wochen die Startelf formiert, bleibt freilich abzuwarten. Zudem wird es noch Veränderungen im Kader geben – Shuto Machino wird jetzt ins Training einsteigen, und so werden in der Offensive die Karten neu gemischt. Ko Itakura scheint nun endgültig auf dem Absprung, was wiederum die Situation in der Abwehr neu ordnet.
In der Mittelfeldzentrale ist es besonders eng
Eine sehr aufschlussreiche Erkenntnis gegen Valencia war, dass Kevin Diks in der Innenverteidigung einen ausgezeichneten Eindruck hinterließ. Seine Versetzung nach innen im Falle des Abgangs von Itakura erscheint die logische Konsequenz. Auch wenn dadurch der Konkurrenzkampf auf der rechten Abwehrseite zum Erliegen kommt, weil es zu Joe Scally dann keine ernsthafte Alternative mehr gibt. Im Mittelfeld dagegen herrscht regelrechtes Gedränge: Rocco Reitz – Kapitän gegen Valencia –, Philipp Sander und Neuzugang Jens Castrop präsentieren sich in einer Verfassung, die den bisherigen Automatismus, dass Julian Weigl immer spielt, außer Kraft setzen dürfte.
Leider gab es am Samstagabend den schmerzhaften Dämpfer, dass Wael Mohya mit einer Knieverletzung vom Platz musste. Auch wenn die Diagnose aktuell noch nicht bekannt ist, könnte das richtig bitter werden – für den Youngster, aber auch für Borussia. Denn so, wie sich der 16-Jährige in den vergangenen Wochen und auch gegen Valencia präsentiert hat, ist er nicht nur ein Versprechen für die Zukunft, sondern ein ganz konkreter Kandidat für den Pflichtspielkader.
Etwas Vorfreude auf den Saisonstart mitgenommen
Auch wenn es bei Borussia einige gute Ansätze gibt, besteht doch noch viel Steigerungspotenzial. Das gilt insbesondere für den spielerischen Bereich. »Fußballinhaltlich haben wir noch viele Themen aufzuarbeiten«, sagte Gerardo Seoane entsprechend. »Da lassen wir uns nicht vom Resultat blenden. Wir waren offensiv nicht so sorgfältig mit dem Ball, deshalb gab es mehr Spielkontrolle ohne als mit Ball.« Auch wenn Seoane berechtigt die »Kompaktheit und Bissigkeit« lobte, so musste er auch eingestehen, dass es eigentlich kein echtes Zu-Null-Spiel war, weil die Spanier einige Male in guter Position fahrlässig abschlossen.
Außerdem darf nicht unerwähnt bleiben, dass die gelobte Galligkeit auch damit zu tun hat, dass die Spieler bislang jeweils nur 45 Minuten gespielt haben. Es ist etwas anderes, sich für eine Halbzeit auszupowern, als die Kräfte über 90 Minuten einteilen zu müssen. Auch hier wird es unweigerlich noch Anpassungen geben müssen. Dennoch lässt sich nach diesem Wochenende voller historischem Pathos im Borussia-Park auch ein wenig Vorfreude auf den Saisonstart mitnehmen.
von Marc Basten