Vor dem Spiel gegen Hertha BSC

Abstiegskampf? Ach Quatsch, Borussia macht auf heile Welt

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Christian Peintinger wird am Samstag Chefcoach sein, Armin Reutershahn wird ihn unterstützen. (Foto: Norbert Jansen / Fohlenfoto)

Borussia Mönchengladbach empfängt am Samstag um 18.30 Uhr Hertha BSC zum wohl wichtigsten Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte. Es geht um die Existenz des Klubs, doch die Verantwortlichen machen immer noch auf heile Welt. Und jetzt fällt auch noch Jonas Hofmann länger aus.

Es gibt eigentlich genügend erschreckende Nachrichten, die einen in diesen Tagen erreichen. Da sollte der Fußball doch zumindest etwas Ablenkung bieten, aber was bei und mit Borussia Mönchengladbach passiert, zieht einen definitiv noch mehr runter. Nicht nur die desaströsen Auftritte im Wochenrhythmus auf dem Platz, sondern auch die miserable Außendarstellung des Klubs. Die Pressekonferenz am Donnerstag vor dem Spiel gegen Hertha BSC reiht sich da nahtlos ein. [Link zum Video - auf eigene Gefahr]

Und da ist weniger der Auftritt von Christian Peintinger gemeint. Der 54-Jährige Österreicher, seines Zeichens Co-Trainer bei der Borussia, vertrat auf der Pressekonferenz Cheftrainer Adi Hütter, der positiv auf Covid-19 getestet wurde. Peintinger wird auch am Samstag die Mannschaft gegen Hertha coachen. Die Trainingswoche sowie die Vorbereitung auf das Spiel erfolgen in enger Absprache mit Hütter - während der Partie soll es aber keinen Kontakt zum ‘Chef’ geben.

Muskelfaserriss - Jonas Hofmann fehlt wochenlang

Peintinger gab sich aufgeräumt, ließ ein paar passende Floskeln folgen und gab zu verstehen, dass er - genau wie sonst sein Chef - über Aufstellung und Matchplan öffentlich nichts sagen werde. Allerdings musste er als Überbringer einer Hiobsbotschaft fungieren: Jonas Hofmann hat sich einen Muskelfaserriss zugezogen und wird Borussia in den nächsten Wochen fehlen. Zudem sind Stefan Lainer und Marvin Friedrich erst seit Mittwoch wieder komplett im Training, so dass es noch einige Fragezeichen gibt, welche Spieler letztlich am Samstag einsatzbereit sind. Fehlen wird auf jeden Fall der gelbgesperrte Ramy Bensebaini.

Die Voraussetzungen für das Kellerduell gegen Hertha sind also wenig erbaulich und wenn man noch den ganzen Ballast dazu nimmt, den die Mannschaft in den letzten Monaten mit sich rumschleppt, muss einem mehr als nur mulmig werden. Die Situation ist so ernst, wie seit 2011 nicht mehr - die Existenz von Borussia Mönchengladbach steht auf dem Spiel. Doch anstatt eine Aufbruchstimmung zu erzeugen, an den Zusammenhalt zu appellieren und sich gemeinsam auf den Abstiegskampf einzuschwören, macht man in Gladbach einfach weiter auf heile Welt.

Krise? Virkus macht auf easy peasy

Selbstverständlich ist es richtig, dass sich Roland Virkus jetzt nicht da hinsetzt und von Abstiegsangst erzählt oder in die Falle läuft, dem Trainer ein öffentliches Ultimatum zu stellen. Auch ist es richtig, dass ein Sportdirektor, den man in die erste Reihe stellt und der das Gesicht des Vereins sein soll, Überzeugung und Stärke zeigen muss. Aber bitte doch nicht so! Virkus bügelte Kritik einfach weg, so als ob die ganze Krise nur ein Hirngespinst wäre. Völlig absurd, dass man irgendetwas hinterfragen müsste. Das Trainerteam arbeitet total fokussiert und jetzt macht es gegen Hertha halt der Peinti, anstatt der Adi. Alles easy.

Dass Christoph Kramer quasi öffentlich um Hilfe fleht, war ja gar nicht so, sondern aus der Emotionalität heraus. Gesprochen habe man mit Kramer - er solle sowas künftig intern halten. Grüppchen in der Mannschaft gibt es wie überall, aber die arbeiten nicht gegeneinander, sondern zusammen. Ja, die Situation ist kompliziert und da helfen drei Punkte. Ganz einfach. Es gibt auch keinen Plan B, weil es Plan A gibt und das ist so, weil Plan A funktioniert. Die Mannschaft kann es. Und überhaupt - wie kann man nur fragen, ob man auch für die zweite Liga plant?

Realistisch bleibt für Samstag nur die vage Hoffnung, dass den Gladbachern irgendwas vor die Füße fällt, was selbst sie nicht versemmeln können

Immerhin kann man Virkus nicht vorwerfen, er würde vom einzigen Konzept, das der Verein seit dem Herbst verfolgt, abweichen. ‘Augen zu und durch’ ist die Karte, auf die man gesetzt hat und auf die man weiterhin krampfhaft setzt. Sehenden Auges wurde eine Transferperiode verschenkt, anstatt den unausgewogenen Kader mit Blick auf den bevorstehenden Existenzkampf zu präparieren - man hat sogar noch Qualität abgegeben. Seitdem meidet man das Wort ‘Abstiegskampf’ in der offiziellen Sprachregelung wie der Teufel das Weihwasser, während man alle zwei Wochen für eine neue Definition des Begriffs ‘Tiefpunkt’ sorgt. Gleichzeitig verstreicht eine Trainingswoche nach der anderen, ohne das grundlegende Problem der fehlenden defensiven Stabilität in den Griff zu bekommen. Christian Peintinger sprach in der PK richtigerweise die »Inaktivität beim Verteidigen« an, die in Stuttgart zu den Gegentoren geführt hat. Man habe daran gearbeitet, sagte der Hütter-Vertreter.

Ob das diesmal etwas gebracht hat, wird sich am Samstag gegen die Hertha zeigen. Die Berliner sind bekanntlich in einem ähnlich desaströsen Zustand wie die Borussen und daher ist ein Sieg gegen den direkten Konkurrenten schlichtweg Pflicht. Sonst gehen im Borussia-Park bald die Lichter aus, auch wenn die Verantwortlichen immer noch so tun, als ob es nur ein paar kurzfristige harmlose Irritationen sind. Realistisch bleibt für Samstag nur die vage Hoffnung, dass den Gladbachern irgendwas vor die Füße fällt, was selbst sie nicht versemmeln können.

 


von Marc Basten

 

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