Einzelkritik: Borussia Mönchengladbach - VfL Wolfsburg 2:2 (1:2)

Ein Punkt des Willens nach wiederholten Defensivpatzern

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Jonas Hofmann konnte dem Spiel nicht so seinen Stempel aufdrücken wie gewohnt (Foto: Norbert Jansen / Fohlenfoto)

Borussia Mönchengladbach kassierte auch gegen den VfL Wolfsburg zwei Gegentore, schaffte aber immerhin noch ein relativ versöhnliches Remis. Das hilft im Abstiegskampf ein wenig weiter, doch die Probleme im Defensivverbund sind nach wie vor akut. Die Einzelkritik:

Yann Sommer: Gleich der erste Schuss auf sein Tor war ein Treffer. Wind schoss aus kurzer Distanz, Sommer hatte zwar noch die Finger am Ball, konnte den Einschlag aber nicht mehr verhindern. Bei der Ecke zum 0:2 blieb er auf der Linie kleben und hatte gegen den Kopfball von Bornauw keine Abwehrchance. Es bleibt dabei, dass der Fünfer eigentlich das Hoheitsgebiet eines Torhüters ist und oftmals reicht es ja schon, wenn dieser ins Getümmel springt und einen strafbaren Gegnerkontakt provoziert. Sommer macht das nicht, verlässt sich auf seine Vorderleute, die ihn in diesem Fall im Regen stehen ließen. Die Vehemenz, mit der er Bornauw danach wegen des unflätigen Jubels an den Kragen wollte und dafür Gelb sah, hätte der 33-Jährige besser beim Eckball an den Tag gelegt. Darüber hinaus gab es für den Schweizer kleinere Pflichtaufgaben, die er seriös erledigte. Einigen seiner Abschläge fehlte es an Präzision. Note 3,5.

Matthias Ginter: Nominell war er der rechte Innenverteidiger in der Dreierkette. In der Praxis sah das allerdings meist anders aus. Dass Ginter Casteels mit einem schönen Schuss zu einer Glanzparade zwang (63.), am Ende in Überzahl vehement mit nach vorne drängte und bei der Dreifach-Chance beteiligt war sowie in der Nachspielzeit das zu früh bejubelte vermeintliche Siegtor erzielte, war in Ordnung. Doch schon vorher war Ginter ständig irgendwo im Halbfeld auf dem Weg nach vorne, während er seine eigentliche Aufgabe in der Abwehrkette sträflich vernachlässigte. Er war mehrfach weit weg vom Geschehen - u.a. bei der Mega-Chance von Philipp - und wenn er zur Stelle war, dann leistete er sich Aussetzer. So wie vor dem 0:1, als er Wind einfach nach innen ziehen ließ und ihm scheinbar bereitwillig die Tür öffnete. Wie es zu so einem Blackout kommen konnte, bleibt ein Rätsel. Auch beim 0:2 sah der Nationalspieler schlecht aus, als er zwar an Bornauw dran war, aber sich nur an den Gegenspieler klammerte, anstatt mit hochzusteigen. Das Bemühen kann man dem 28-Jährigen nicht absprechen, aber ein derart vogelwilder Auftritt eines erfahrenen Spielers ist Gift für eine nach Stabilität suchende Mannschaft. Note 5,0.

Nico Elvedi: Übernahm aufgrund des Ausfalls von Friedrich die zentrale Rolle in der Dreierkette. Zumindest agierte der Schweizer positionsgetreu, aber er wurde sichtlich blass um die Nase, wenn es ans Eingemachte ging. In der ersten Halbzeit waren die weichen Knie unübersehbar - nicht nur bei der zweiten Chance von Wind wirkte der Schweizer verunsichert. Am Ball strahlte er wenig Ruhe aus, überließ das Aufbauspiel aber bis auf wenige Ausnahmen ohnehin den Kollegen. Im zweiten Durchgang stabilisierte sich der 25-Jährige und griff zwei-, dreimal bei Konteransätzen der Wolfsburger im richtigen Moment zu. Ein Kopfball von Elvedi flog am Tor vorbei und nach einer Freistoßhereingabe von Hofmann verpasste er den Ball nur um wenige Zentimeter. Note 4,0.

Jordan Beyer: Ersetzte den erkrankten Friedrich und übernahm die Position links in der Dreierkette. Beyer wirkte nicht ängstlich, hatte aber mehrfach Orientierungsprobleme. Die Abstimmung mit Elvedi passte nicht wirklich - was besonders bei der zweiten Wind-Chance auffällig war. Im Passspiel machte es der 21-Jährige ordentlich und spielte einige gute Bälle mit der nötigen Schärfe. Nach der Pause lief er sich mit einem unbedachten Dribbling vorne fest. In der Rückwärtsbewegung wollte er den Ballverlust korrigieren, foulte dabei aber Schlager und sah die Gelbe Karte. Es war seine fünfte Verwarnung und damit wird er am nächsten Wochenende in Stuttgart gesperrt fehlen. Note 4,0.

Stefan Lainer: Lieferte ein ‘typisches Lainer-Spiel’ auf der rechten Bahn ab. Wie immer war der Österreicher fleißig, unangenehm und erfolgreich im Zweikampf. Er suchte den direkten Weg nach vorne und rückte einige Male nach innen, was auch damit zu tun hatte, dass Ginter hinter ihm massiv nach vorne schob. Am Ball machte es Lainer weitestgehend ordentlich - u.a. spielte er vor dem Anschlusstreffer den Pass auf Plea. Einige Aktionen, wie der missglückte Versuch eines Hackentricks, waren zu hektisch. Der 29-Jährige hatte zwei Torchancen: Im ersten Durchgang verzog er überhastet den Rebound nach einem Schuss von Hofmann aufs kurze Eck, in der zweiten Halbzeit touchierte der Ball nach seinem Schuss den Außenpfosten. In der 81. Minute machte Lainer Platz für Herrmann. Note 3,5.

Christoph Kramer: Konnte bei seinem Startelfcomeback nicht für die erhoffte Stabilität sorgen, sondern verbreitete zeitweise sogar ungewohnt viel Hektik. Die fehlende Spielpraxis war ihm sowohl beim Anlaufverhalten, als auch bei seinen Aktionen am Ball anzumerken. Gerade wenn es schnell gehen musste, spielte der 31-Jährige mehrfach unsaubere Pässe. Bei eigenem Ballbesitz ließ er sich oft zurückfallen um von hinten heraus aufzubauen, ohne dabei wirklich Akzente setzen zu können. Als Störfaktor des Wolfsburger Kombinationsspiels war Kramer einige Male erfolgreich, u.a. mit einer wichtigen Grätsche gegen Roussillon. Nach einer Stunde wurde er von Koné abgelöst. Note 4,0.

Florian Neuhaus: Machte auf der Doppel-6 vor der Pause ein sehr unauffälliges Spiel - außer dem Pass auf Plea vor der Thuram-Chance direkt zu Beginn und einem guten Zuspiel auf Thuram nach etwas mehr als einer halben Stunde war vom Nationalspieler nicht viel zu sehen. Nach dem Seitenwechsel war Neuhaus deutlich präsenter und zielstrebiger in seinen Aktionen. Er setzte einige Male gut nach, eroberte Bälle und behielt den Kopf oben. Ein Distanzschuss misslang ihm gründlich. Defensiv war der 24-Jährige nicht immer auf der Höhe, aber für eine starke Grätsche gegen Steffen bei einem Wolfsburger Konter erhielt er Szenenapplaus. In der Nachspielzeit eroberte er mit viel Nachdruck den Ball und bereitete die letzte Chance durch Embolo vor. Note 3,5.

Ramy Bensebaini: Sorgte auf der linken Seite für einigen Wirbel, blieb allerdings bei mehreren kopflosen Dribblings hängen. Seine teilweise chaotische Spielweise ist dennoch ein Trumpf, weil er die Gegenspieler fordert und immer für eine Überraschung gut ist. Weniger gut war die Defensivarbeit - sowohl vor dem 0:1 als auch später bei weiteren Hereingaben kam Bensebaini zu spät, um zu blocken. Das ist angesichts der fehlenden Kompromisslosigkeit der Innenverteidiger beim Verteidigen von Flanken ein großer Schwachpunkt. Der Algerier hängte sich rein und ging mit seinem Einsatzwillen voran. Leider brachte der 26-Jährige beim Torabschluss nur ein Schüsschen mit rechts und einen Linksschuss vom Sechzehner zustande, der weit über den Kasten flog. Note 3,5.

Jonas Hofmann: War wie gewohnt umtriebig und viel unterwegs, konnte dem Spiel aber diesmal nicht seinen Stempel aufdrücken. Er zeigte immer mal wieder gute Ansätze mit schnellen Pässen und unzähligen Läufen, mit denen er sich in Position bringen wollte. Doch entweder kamen die Anspiele nicht durch oder aber die Aktion konnte nicht optimal abgeschlossen werden - Hofmann haderte zeitweise sichtlich mit sich und dem Spiel. Dazu passte auch seine Chance in der 19. Minute nach Doppelpass mit Thuram, als er aus spitzem Winkel an Casteels scheiterte, der sich im kurzen Eck breitgemacht hatte. Es sollte der einzige Torschuss des Nationalspielers bleiben. Bei seinen Assist-Versuchen hatte er ebenfalls Pech: Eine Freistoßhereingabe verpasste Elvedi nur knapp und nach einer Direktablage von Hofmann touchierte Lainers Schuss den Außenpfosten. Als Embolo in der 86. Minute flankte, war Hofmann zu überrascht, dass der Ball durchrutschte, um ihn noch irgendwie aufs Tor befördern zu können. Note 3,5.

Alassane Plea: Setzte seinen Aufwärtstrend fort und war der beste Borusse an diesem Nachmittag. Der Franzose startete mit einem feinen Steckpass zur ersten Chance von Thuram und war im weiteren Verlauf der Spieler, der die kreativen Momente kreierte. Es gelang ihm nicht alles und auch Plea hatte Phasen, in denen er abtauchte, aber letztlich stehen neun Torschussvorlagen aus dem Spiel heraus zu Buche - ein absoluter Topwert. Vor dem Anschlusstreffer eroberte der 28-Jährige erst aufmerksam den Ball und flankte dann fein auf Thuram. Den Ausgleich durch Embolo bereitete Plea ebenfalls mit einer ausgezeichnet getimten Flanke vor, nachdem er Embolo zuvor schon mit einem Steckpass eine gute Möglichkeit aufgelegt hatte. Plea selbst hatte in der 77. Minute die Riesenchance, als er einen Rebound aus kurzer Distanz über den Kasten bugsierte. Er zeigte auch den nötigen Biss, u.a. unterband er in der 82. Minute einen Konter, als die Innenverteidiger nicht zur Stelle waren. Note 2,0.

Marcus Thuram: Machte an diesem Nachmittag zweifellos einen Schritt in die richtige Richtung, auch wenn er längst noch nicht wieder der Alte ist. Thuram hatte gleich zu Beginn eine Möglichkeit, als er nach Plea-Pass nicht genug Druck hinter den Ball bekam. Nach einer Viertelstunde wurde ein gefährlicher Schuss des Franzosen im Strafraum von Bornauw geblockt. Danach hatte er zwei, drei unglückliche Szenen. Doch bevor der 24-Jährige wieder in ein Loch fallen konnte, gelang ihm der Anschlusstreffer. Er streckte sich mit allem was drin war nach dem Flankenball von Plea und traf per Kopf. Danach wirkte Thuram deutlich stabiler und traute sich auch endlich wieder in Laufduelle. Seine Wehrhaftigkeit und Entschlossenheit provozierte letztlich den Platzverweis von Lacroix. In der 77. Minute räumte er das Feld für Embolo. Note 3,0.

Manu Koné (60. Minute für Kramer): Brauchte keine Anlaufzeit, war direkt drin im Geschehen und sorgte offensiv für deutliche Belebung. In der Defensive hatte der Franzose allerdings großes Glück, dass sein Tritt auf das Sprunggelenk von Kruse nicht den fälligen Elfmeter nach sich zog. Mit seinem Schuss vom Sechzehner eröffnete Koné die ‘Triple-Chance’, bei der auch Ginter und Plea innerhalb weniger Sekunden scheiterten. An der Entstehung des Ausgleichs war der 20-Jährige mit seinem Zuspiel auf Plea beteiligt. Note 3,0.

Breel Embolo (77. Minute für Thuram): War ebenfalls sofort auf Betriebstemperatur und hatte nach Steckpass von Plea eine erste Chance von halblinks im Strafraum, die Casteels parierte. Kurz darauf verwertete er die Plea-Flanke per Kopf am zweiten Pfosten zum Ausgleich. Der Schweizer eroberte in der Rückwärtsbewegung den Ball und schlug wenig später von links eine Flanke, die Hofmann verpasste. In der letzten Minute der Nachspielzeit ließ Embolo noch einen ordentlichen Schuss von der Strafraumgrenze ab, den Casteels aber ebenfalls hielt. Ohne Note.

Patrick Herrmann (81. Minute für Lainer): Kaum stand er auf dem Platz, fiel der Ausgleich - allerdings ohne seine Beteiligung. Beteiligt war Herrmann am vermeintlichen Siegtreffer in der Nachspielzeit, als er sich gegen Roussillon durchsetzte und der Ball über Hofmann nach vorne kam und Ginter letztlich traf. Das Tor wurde wieder einkassiert, weil Herrmann Roussillon beim Kampf um den Ball getroffen hatte. Schade, denn dieser Zweikampf kam nur zustande, weil Herrmann der Ball zuvor etwas vom Fuß gesprungen war. Ohne Note.


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