Nachdreher aus München

»Eine wahnsinnig gute und geschlossene Mannschaftsleistung«

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Ausgelassener Jubel der Borussen nach dem Coup in München (Foto: Sebastian Widmann / Bongarts / Getty Images)

Welch ein Abend in München. Zum Höhepunkt des Oktoberfestes gewinnt Borussia Mönchengladbach bei den Bayern mit 3:0! Der höchste Sieg der Fohlenelf beim Rekordmeister, gleichzeitig der Sprung auf Tabellenplatz 3.

Welch ein Tag ... Nicht nur die Fans von Borussia Mönchengladbach rieben sich verwundert die Augen und mussten sich mehr als einmal kneifen. Tanzten da nach dem Abpfiff in der schon halbleeren Allianz Arena tatsächlich die Gladbacher ausgelassen vor ihren Anhängern, während oben auf der Anzeigetafel ein sattes 0:3 leuchtete? Ja tatsächlich - Borussia feierte den Auswärtssieg, noch dazu den höchsten in München überhaupt.

Was war geschehen? In den ersten Minuten der Partie hatte nicht viel darauf hingedeutet, dass es nach dem Schlusspfiff ein solches Szenario zu bestaunen geben würde. Viel mehr sah es danach aus, als ob es nur eine Frage der Zeit sei, bis die Bayern in Führung gehen würden. »Die Bayern waren in den ersten sieben, acht Minuten sehr gut im Spiel - ähnlich wie gegen Amsterdam«, bestätigte Dieter Hecking. »Wenn wir da ein Gegentor kriegen, kann es auch ganz anders laufen.«

Doch dann folgte nach zehn Minuten die erste Ballstafette der Borussen, an deren Ende der (mal wieder) sensationelle Abschluss von Alassane Plea stand. Wer wissen will, was das für ein Klassetor war, der sollte sich die Szene nochmal am TV anschauen und auf den verstörten Gesichtsausdruck von Manuel Neuer achten.

»Der eine oder andere von uns hat sich auch überrascht gefühlt«

Das Tor war ein Wirkungstreffer für die ohnehin angeknacksten Bayern. »Das hat uns natürlich in die Karten gespielt«, sagte Hecking. Und es kam noch besser, als nur sechs Minuten später der zweite Treffer fiel. »Wir bleiben vorne und haben die schnelle Balleroberung«, lobte Hecking. Lars Stindl bewies, dass er von seinen Vollstreckerqualitäten in der langen Reha-Zeit nichts verloren hat. 2:0 für Borussia nach 16 Minuten, dazu war der Schachzug mit Plea über links und Stindls überraschendem Startelfcomeback voll aufgegangen - besser konnte es nicht laufen. »Der eine oder andere von uns hat sich auch überrascht gefühlt«, grinste Hecking.

Was sich danach auf dem Rasen entwickelte, war eine Mixtur aus zwei Komponenten. Zum einen waren da die sichtlich verunsicherten Bayern, zum anderen die aufmerksam und extrem laufstark verteidigenden Borussen. Am Ende liefen die Gladbacher 124 Kilometer - sieben mehr als die Münchener. »Dann haben wir es wahnsinnig gut gemacht«, lobte Hecking. »Wir haben sehr, sehr gut verdichtet und das Tempo aus dem Spiel der Bayern genommen.«

Interessant der Fakt, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit bei den Borussen (7,3) höher war als bei den Bayern (6,8). Das unterstreicht den Eindruck, dass dem Rekordmeister vor allem die Geschwindigkeit fehlte, um den Gladbacher Defensivverbund auseinanderzuspielen.

Borussia feiert den höchsten Saisonsieg und tut was fürs Toverhältnis

Was die Borussen auf der anderen Seite fußballerisch zeigten, war zwar ordentlich, aber keinesfalls überragend. Vor allem in der zweiten Halbzeit gab es kaum Phasen, in denen der Ball länger kontrolliert wurde. Hätten die Bayern nicht mit dieser Mischung aus Lethargie und Verkrampftheit gespielt, wäre es wohl nicht gutgegangen für die Fohlen. »Wir hatten natürlich auch das Quäntchen Glück, was du brauchst, wenn du in München gewinnen willst«, räumte Hecking ein. »Es waren viele knappe Situationen. Wenn die eine Abseitsentscheidung pro Bayern ausfällt, dann steht es 1:2 und dann kommt die nächste Welle. Dann sitzt du vielleicht hier und hast nicht gewonnen.«

So aber gab es nach hinten heraus noch das Sahnehäubchen mit Herrmanns Treffer zum 3:0. So irreal es sich auch anhört nach einem Auswärtsspiel in München - mit dem höchsten Saisonsieg hat Borussia sogar etwas fürs Torverhältnis getan und sprang zumindest für eine Nacht auf Tabellenplatz 2. Aufgrund des Kantersiegs von Leipzig über Nürnberg am Sonntag geht Borussia als Tabellendritter in die Länderspielpause.

»Wir haben eine wahnsinnig gute und geschlossene Mannschaftsleistung abgerufen«, sagte Dieter Hecking. »Wir haben gewusst, wenn wir Stabilität und Körpersprache zeigen, wenn wir Zweikämpfe annehmen und gewinnen, dann werden wir unsere Möglichkeiten nach vorne bekommen. Das ist aufgegangen.«

Und so tanzten nach Schlusspfiff die Gladbacher ausgelassen vor dem Fanblock, von der Anzeigetafel leuchtete das historische 0:3 und den Bayern hatte es nicht nur das Oktoberfest ordentlich verhagelt. Es gibt wahrlich schlechtere Szenarien ...

 


von Marc Basten

 

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