Einzelkritik: VfL Bochum - Borussia Mönchengladbach 1:3 (0:3)

Mit Kompaktheit und Umschaltfußball zum Erfolg

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Eine starke Teamleistung in Bochum (Foto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Borussia Mönchengladbach hat den verdienten Auswärtssieg beim VfL Bochum mit kompaktem Defensiverhalten und blitzschnellem Umschaltfußball erreicht. Neben Doppeltorschütze Alassane Plea ragte auch dessen Sturmpartner Jordan heraus. Die Einzelkritik:

Moritz Nicolas: Es ist bemerkenswert, dass man bei Borussias Keeper wie selbstverständlich von einem “gewohnt souveränen Auftritt” sprechen kann. Tatsächlich strahlte der 25-Jährige im Ruhrstadion die Ruhe eines routinierten Keepers aus, der seine Aufgaben konzentriert abarbeitete. Große Prüfungen musste Nicolas zunächst nicht bestehen, da seine Vorderleute resolut abräumten. Die wenigen Pflichtaufgaben, wie bei der Schuss-Flanke von Antwi-Adjei oder einem weiteren gefährlichen Schuss auf sein Tor löste Nicolas sauber. Beim Gegentor aus kurzer Distanz war er machtlos, obwohl er sich noch gut ‘breit’ machte. Vor dem vermeintlichen zweiten Bochumer Tor in der Nachspielzeit wurde Nicolas ganz klar im Fünfmeterraum gefoult und entsprechend musste der Schiedsrichter den Treffer wieder einkassieren. Note 2,5.

Nico Elvedi: Als rechter Akteur in der Dreierkette mit einer sehr konzentrierten Vorstellung. Der Eindruck verfestigt sich, dass der Schweizer sich rechts in der Kette wohler fühlt als links, wo er in den vergangenen Jahren mangels Alternativen eingesetzt wurde. Er antizipierte mutig, ging resolut in die Zweikämpfe und klärte mehrfach frühzeitig. Auch im Kopfballtiming wirkte Elvedi gefestigter als zuvor. Im Aufbauspiel suchte der 27-Jährige zumeist die vertikale Lösung, was mit einiger Streuung verbunden war. Eine Passquote von 50 % ist man vom ehemaligen Querpass-König Elvedi, der regelmäßig auf Quoten von über 90 % gekommen ist, nicht gewohnt. Dennoch ist die insgesamt couragiertere Spielweise eine klare Steigerung. Im zweiten Durchgang zog sich Elvedi in einem Zweikampf eine Blessur am Oberschenkel zu und wurde nach 64 Minuten zur Vorsicht durch Friedrich ersetzt. Note 2,5.

Ko Itakura: Der mittlere Innenverteidiger in der Dreierkette war von Beginn an in seinem Element und ging mit Vehemenz in die Zweikämpfe. Er rückte bei langen Bällen der Bochumer mehrfach früh auf, um den Gegenspieler bereits bei der Ballannahme zu stören. Zwei-, dreimal passte dabei das Timing des Japaners nicht, ohne dass es Folgen hatte. Gegen seinen Nationalelfkollegen Asano klärte Itakura einmal in letzter Instanz und zweimal blockte er Schussversuche der Bochumer, als es brenzlig hätte werden können. Vor der Pause sah er Gelb für ein taktisches Foul im Mittelfeld, direkt nach dem Seitenwechsel hatte er etwas Glück, dass Schiedsrichter Brych nicht überreagierte, nachdem Itakuras Hand unfreiwillig das Gesicht von Antwi-Adjei gestreift hatte. Beim Gegentor kam der 26-Jährige nicht mehr rechtzeitig hin, um den Torschützen noch entscheidend zu stören. Vorn wäre Itakura im ersten Durchgang nach einer Ecke fast wieder per Kopf erfolgreich gewesen - der Ball strich knapp am Tor vorbei. In der Schlusssequenz, als Jantschke für Reitz kam, rückte er ins Mittelfeld vor. Note 3,0.

Maximilian Wöber: Hilft der Stabilität der Borussia durch seine resolute und kompromisslose Spielweise ungemein. Besonders in den Luftduellen zeigte der Österreicher selbst vor solch einem Hünen wie Hofmann keinerlei Scheu. Dass es für gegnerische Stürmer schmerzhaft ist, auf Gladbacher Innenverteidiger zu treffen, hat es lange nicht mehr gegeben. Wöber räumte auf, suchte aber auch den Weg nach vorn. So bereitete er die erste Großchance von Plea vor, als er mit aufgerückt war. Mit seiner Kopfballverlängerung auf Plea heimste Wöber seinen nächsten Assist ein. Schon früh im Spiel bekam er einen Schlag auf den Fuß, hielt aber durch. Zwei Minuten nach dem Bochumer Tor rettete der 25-Jährige auf der Linie und sorgte so dafür, dass das Spiel nicht kippte. Note 2,0.

Franck Honorat: Als rechter Schienenspieler nutzte er von Beginn an den Raum, den die Bochumer gewährten. Bereits nach zwei Minuten traf er nach seinem Sprint über rechts den Außenpfosten, etwas später strich sein Flachschuss um Haaresbreite am langen Pfosten vorbei. Honorat war mit seinem Tempo und schnörkellosen Aktionen an vielen der Gladbacher Umschaltangriffe beteiligt. Seine Standards waren gewohnt gefährlich - die durch Wöber verlängerte Ecke von Honorat verwertete Plea zum 2:0. Nach dem Seitenwechsel zunächst noch bei der Entstehung der Doppelchance von Neuhaus beteiligt, danach war weniger vom 27-Jährigen zu sehen. Die Wege nach hinten machte Honorat mit viel Eifer, der Defensivzweikampf war aber nicht seine große Stärke. Als Scally kam, ging er zunächst auf die linke Seite. Nach hinten raus auf rechts noch mal mit zwei, drei engagierten Antritten und der Flanke zur Kopfballchance von Čvančara. Note 2,5.

Julian Weigl: Es war lobenswert, dass sich der Kapitän komplett in den Dienst der Mannschaft stellte. Statt als strategischer Ballverteiler war Weigl als alleiniger Sechser hauptsächlich dafür verantwortlich, die Stellung zu halten und Räume zu schließen. Elf Ballkontakte wies die Statistik zur Pause für den 28-Jährigen aus, am Ende waren es immerhin 39. Die resultierten vorwiegend aus Defensivzweikämpfen und Klärungsaktionen, aber auch dem einen oder anderen Versuch, das Spiel in der Bochumer Drangphase etwas zu beruhigen. Weigl konnte keine nennenswerten spielerischen Akzente setzen, war aber wichtig für das Gesamtkonstrukt. Note 3,5.

Rocco Reitz: Als rechter Achter mit viel läuferischem Engagement und hauptsächlich damit beschäftigt, den Bochumern die Verarbeitung der zweiten Bälle zu erschweren. Mit seiner Nickeligkeit nervte er die Gegenspieler, auch wenn er in konkreten Duellen das eine oder andere Mal das Nachsehen hatte. Reitz stieß mehrfach mit nach vorn, ein Schuss in der 25. Minute nach einem guten Antritt war überhastet. Nach dem Seitenwechsel war er bei der Entstehung der Neuhaus-Doppelchance involviert, später lief er bei einem Konter mit Ball am Fuß vielversprechend bis an den gegnerischen Strafraum, sein nicht perfektes Abspiel auf Plea wurde jedoch abgefangen. Vielleicht hätte Reitz in dieser Situation besser selbst den Abschluss gesucht. Mit zunehmender Spieldauer schwanden die Kräfte, aber Reitz biss sich bis zur 89. Minute durch. Note 3,5.

Florian Neuhaus: Kehrte etwas überraschend in die Startelf zurück und bekam direkt die Gelegenheit, sich in der von ihm bevorzugten Rolle als Achter zu zeigen. Neuhaus nutzte die Chance eindrucksvoll. Er agierte höchst intelligent im Raum, war stabil in den Zweikämpfen und beschleunigte das Spiel mit klugen Vertikalpässen. Beim 1:0 machte er den richtigen Laufweg und verwertete die Ablage von Plea sehr überlegt. Vor dem 3:0 eroberte Neuhaus tief in der eigenen Hälfte den Ball und passte direkt steil auf Jordan. Nach der Pause hätte der 26-Jährige zwingend seinen zweiten Treffer erzielen müssen. Nach dem abgewehrten Jordan-Schuss probierte es Neuhaus erst mit der Hacke, doch dieser eigentlich gute Versuch wurde geblockt. Den freien Rebound beförderte er dann aus fünf Metern übers Tor - das war schwach. Grandios dagegen ein Dribbling im Mittelfeld, bei dem er sich geschmeidig gegen drei Bochumer durchsetzte. Nach 72 Minuten war Schluss für Neuhaus, der Werbung in eigener Sache betreiben konnte. Note 2,5.

Luca Netz: Vergab nach drei Minuten eine Großchance, als er den Ball nach Pleas Ablage nicht sauber annahm und deshalb die entscheidende Sekunde verlor, sodass sein Schuss noch geblockt wurde. Etwas später legte Jordan perfekt für Netz auf, dem die freie Direktabnahme von der Strafraumgrenze aber komplett missriet. Gleichwohl war der Auftritt in Bochum das bislang beste Spiel von Luca Netz für Borussia. Das war hauptsächlich der bemerkenswerten Defensivleistung des 20-Jährigen geschuldet, der sich in den Zweikämpfen sehr ‘erwachsen’ präsentierte und auch im Kopfballspiel mehrfach mit dem richtigen Timing zur Stelle war. Das war eine ganz deutliche Steigerung zu früheren Darbietungen. Im Umschaltspiel war er mit guten Antritten mehrfach involviert - so stand seine Ballsicherung mit anschließendem Zuspiel auf Plea an der Basis des 1:0. Nach der Pause hatte Netz nach einer abgewehrten Ecke im Bochumer Strafraum die nächste Chance. Diesmal war sein Schuss richtig gut, aber die Parade von Riemann noch besser. Bei einer weiteren Aktion hatte Netz im Strafraum eigentlich freie Schussbahn, wollte aber noch abspielen, anstatt zu schießen. In der Schlussphase plagte er sich mit einem Krampf herum, hielt aber durch. Note 2,5.

Alassane Plea: Bedankte sich für seine nicht unbedingt erwartete Startelfnominierung mit einer in der ersten Halbzeit überragenden Galavorstellung. Mit Spielintelligenz, Geschwindigkeit und vor allem extrem viel Durchsetzungsvermögen hebelte Plea ganz Bochum aus. Mit einer wunderbaren Verlagerung leitete er die erste Chance von Honorat (Außenpfosten) ein, dann legte er für Netz auf und nachdem er mit seinem ersten Torschuss aufs kurze Eck nur knapp das Ziel verfehlt hatte, landete sein abgefälschter Schuss auf der Latte. Alsdann gab der 30-Jährige den perfekten Assist zum 1:0 durch Neuhaus. Wenig später beendete Plea seine Torflaute per Kopf nach der von Wöber verlängerten Ecke, ehe er in der Nachspielzeit einen Konter mit einem unwiderstehlichen ‘Plea-Move’ und einem Schlenzer ins rechte Eck vollendete. Direkt nach dem Seitenwechsel steckte Plea im Strafraum stark zur Jordan-Chance durch, im weiteren Verlauf konnte sich der Franzose dann nicht mehr so zeigen wie zuvor. Nach 72 Minuten war Schluss für Plea nach zwei Toren, fünf Torschüssen, einem Assist und sechs Torschussvorlagen. Note 1,5. 

Jordan: War von Beginn an präsent und bereits bei der Entstehung der Honorat-Chance nach zwei Minuten entscheidend beteiligt. Der 27-Jährige sicherte mehrfach ganz stark den Ball und legte nicht nur ab, sondern machte das Spiel auch mit klugen Vertikalpässen schnell. Mit einem starken Ballgewinn bereitete Jordan den ‘Freischuss’ für Netz vor und als Honorat knapp am Tor vorbeischoss, war es Jordan, der perfekt aufgelegt hatte. Beim 3:0 gab Jordan den Assist auf Plea, wenngleich das Anspiel nicht ganz optimal war. Nach dem Seitenwechsel hatte er zunächst eine Chance per Seitfallzieher, ehe er im Strafraum nach Steckpass von Plea unter Bedrängnis zum Abschluss kam, Riemann jedoch noch abwehren konnte. Jordan wirkte fitter als zuletzt, machte die Wege mit zurück und war auch als Kopfballspieler bei gegnerischen Standards wichtig. Nach etwas mehr als einer Stunde machte er leicht angeschlagen Platz für Čvančara - die Ballfestigkeit von Jordan wurde in der Schlussphase schmerzlich vermisst. Note 2,0. 

Marvin Friedrich (64. Minute für Elvedi): Übernahm die Elvedi-Position und machte keine groben Fehler, auch wenn er sich bei der Entstehung des Angriffs zum Bochumer Treffer nicht gut anstellte. Dem 27-Jährigen fehlte es in einigen Situationen an der letzten Entschlossenheit, als er jeweils einen kleinen Tick zu spät reagierte. Ohne Note.

Tomáš Čvančara (64. Minute für Jordan): War in Bezug auf Ballverarbeitung und -sicherung längst nicht so stark wie Jordan zuvor. Mehrfach versprang Čvančara der Ball und auch bei einem Konter, als er letztlich das Abspiel auf Honorat verpasste, bremste er sich durch unsaubere Ballbehandlung selbst aus. In der Nachspielzeit hätte der Tscheche nach Honorat-Flanke fast das 4:1 gemacht, allerdings konnte er den Kopfball nicht mehr kontrolliert platzieren. Ganz zum Schluss sah er noch eine Gelbe Karte, nachdem er bei einer Rudelbildung (harmlos) mitgemischt hatte. Ohne Note. 

Christoph Kramer (72. Minute für Neuhaus): Brachte etwas frische Aggressivität ins Spiel, gefiel allerdings auch mit einigen klugen Pässen. Kramer sah eine unberechtigte Gelbe Karte, nachdem er klar den Ball gespielt hatte. In der Nachspielzeit holte er noch geschickt eine Ecke heraus, machte aber etwas viel Show nach einem Zweikampf, was noch eine Rudelbildung zur Folge hatte. Ohne Note. 

Joe Scally (72. Minute für Plea): Ordnete sich auf der rechten Abwehrseite ein, um mitzuhelfen, die Kreise des schnellen Antwi-Adjei einzuengen. Zunächst gab der US-Nationalspieler vorn einen überhasteten Distanzschuss in Rücklage ab, der weit über das Tor flog. Danach machte er defensiv engagiert seinen Job, auch wenn er in den direkten Duellen kleinere Probleme hatte. Ohne Note.

Tony Jantschke (89. Minute für Reitz): Kam in den Schlussminuten zu seinem 300. Pflichtspieleinsatz für die Borussia. Glück hatte der Jubilar, dass es keinen Handelfmeter gab, nachdem ein abgefälschter Ball im Strafraum seine Hand touchiert hatte. Das war zwar alles andere als Absicht, aber es hat schon ähnliche ‘Vergehen’ gegeben, in denen auf Handelfmeter entschieden wurde. Ohne Note.

 

 


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