Einzelkritik: Darmstadt 98 - Borussia Mönchengladbach 3:3 (3:0)

Dem kollektiven Blackout folgte die Aufholjagd

Created by Einzelkritik: Darmstadt 98 - Borussia Mönchengladbach 3:3 (3:0)

Die Aufholjagd brachte den Borussen immerhin noch einen Punkt (Foto: Alex Grimm - Getty Images)

Borussia Mönchengladbach spielte in Darmstadt eine grausame erste Halbzeit und enttäuschte in allen Belangen bodenlos. Im zweiten Durchgang folgte eine Aufholjagd historischen Ausmaßes. Die Einzelkritik:

Moritz Nicolas: War im ersten Durchgang der einzige Borusse, der nicht enttäuschte. Der 25-Jährige wurde von den Kollegen im Stich gelassen und musste nach 33 Minuten schon dreimal den Ball aus dem Netz holen. Bei allen Gegentreffern war Nicolas machtlos. Kurz vor dem Seitenwechsel bewahrte er sein Team mit zwei Paraden gegen Nürnberger vor einem noch höheren Rückstand. Nicolas hatte im Spielaufbau Luft nach oben, was jedoch auch auf die wenigen vorhandenen Anspielstationen zurückzuführen war. Vor allem die langen Bälle fanden keinen Abnehmer. Im zweiten Durchgang wurde der Schlussmann aufgrund der veränderten Gemengelage nur noch einmal richtig gefordert, als er den Knaller von Karic entschärfte (61.). Note 3,0.

Joe Scally: Wirkte von Beginn an komplett überfordert. Der US-Nationalspieler war sehr hibbelig und extrem zweikampfschwach. Gleich mehrfach ließ er sich nahezu ohne Gegenwehr abdrängen. Bei eigenem Ballbesitz offenbarte Scally erhebliche technische Schwächen und geriet wiederholt in Panik. Vor dem 2:0 ließ er sich von Flankengeber Kempe einfach verladen, später kurz vor dem Pfostenschuss wurde Scally im Zweikampf einfach abgekocht. Die Auswechslung zur Pause war durchweg nachvollziehbar. Note 5,0.

Marvin Friedrich: War maßgeblich am 0:1 beteiligt, als er beim langen Schlag der Darmstädter ausgesprochen träge reagierte und dann zu langsam war, um gegen Torschütze Mehlem noch in den Zweikampf zu kommen. Auf eine Notbremse, letztlich die einzige Möglichkeit noch einzugreifen, verzichtete Friedrich. Auch in der Folgezeit hatte er Schwierigkeiten, sich richtig zu positionieren und in die Zweikämpfe zu kommen. Am Ball wirkte der 27-Jährige sehr verunsichert und fand unter Druck keine Lösungen. Auch für ihn war der Arbeitstag zur Halbzeit beendet. Note 5,0. 

Ko Itakura: Kam ebenfalls nicht gut ins Spiel und sah sich bereits nach wenigen Sekunden zu einem Foul an der Strafraumgrenze genötigt, wofür er berechtigt mit der Gelben Karte verwarnt wurde. Vor dem 0:1 war es der Japaner, der das Abseits aufhob. Im weiteren Verlauf zeigte der 26-Jährige zumindest eine gewisse Standfestigkeit im Zweikampf und blieb ohne nennenswerte Ausrutscher. Im zweiten Durchgang nominell als mittlerer Mann der Dreierkette kaum mit Abwehrarbeit beschäftigt, sondern meist im Spielaufbau involviert, wo er einige Male weit mit aufrückte. So war Itakura am Angriff zum Ausgleich beteiligt. Note 4,0.

Maximilian Wöber: Der Österreicher begann wieder als Linksverteidiger, was keine optimale Lösung war. Zwar wirkte Wöber im ersten Durchgang von den vier Kettenspielern noch am wenigsten verunsichert, allerdings mangelte es auch bei ihm am Positionsspiel. So kam er kaum in die Zweikämpfe. Vorne hatte Wöber nach Honorat-Freistoß fast eine Chance, bekam seine Direktabnahme allerdings nicht richtig kontrolliert. Nach der Pause links in der Dreierkette aufgeboten und mit gutem Auge für den Spielaufbau. Der 25-Jährige überzeugte durch sicheres und schnelles Kombinationsspiel und brachte einige gute Hereingaben in den Sechzehner – u. a. zur Kopfball-Großchance von Hack. Note 3,5. 

Julian Weigl: Der Kapitän bekam im ersten Durchgang kaum ein Bein auf den Boden. Er startete mit einem Ballverlust, kam danach mehrfach keinen Zugriff und sah beim 0:2 im Kopfballduell gegen Maglica miserabel aus. Den Freistoß, der letztlich zum 0:3 führte, wurde vom 28-Jährigen verursacht. Aus dem ersten Durchgang blieb nur ein Ballgewinn hängen, mit dem Weigl den Umschaltangriff über Plea einleitete. Eigentlich wäre auch Weigl ein Wechselkandidat gewesen, doch er blieb auf dem Platz. Unter den sich komplett veränderten Bedingungen nach der Pause ordnete Weigl das Mittelfeld und spielte u. a. feine Pässe in den Lauf von Neuhaus und Hack. Note 4,0.

Rocco Reitz: Stand nach seiner gelungenen Premiere gegen die Bayern wieder in der Startelf. Da insgesamt die Abstände viel zu groß waren, lief Reitz sehr viel hinterher. Sein Bemühen war erkennbar und auch der Wille, den Zweikampf zu führen und nicht zurückzuziehen. Der 21-Jährige brachte jedenfalls etwas von der Wehrhaftigkeit mit, die einigen Kollegen abging. Mit dem herausragenden Solo, bei dem er sich trotz Bedrängnis durchsetzte, den Gegenspieler geschickt umspielte und dann perfekt für Jordan querlegte, leitete Reitz die Wende ein. Dass er nach einer guten Stunde ausgewechselt wurde, kam überraschend. Note 3,5.

Franck Honorat: Kehrte in die Anfangsformation zurück und war auf der rechten Seite unterwegs. Im Offensivspiel deutete der Franzose zumindest sporadisch etwas an, ohne dass er wirklich konkret durchsetzen konnte. Seine Freistoßhereingabe auf Wöber brachte immerhin etwas Gefahr. Defensiv war Honorat für den überforderten Scally keine nennenswerte Unterstützung. Im zweiten Durchgang als klarer Rechtsaußen oft gesucht und gefunden, als das Spiel in Überzahl breit gemacht wurde. Der 27-Jährige war eifrig, aber leider missrieten ihm mehrere Flanken. Das kann Honorat definitiv besser. In der Schlussphase führten einige unsaubere Aktionen von Honorat dazu, dass im Ansatz vielversprechende Angriffe verpufften. Note 4,0.

Alassane Plea: Ein komplett gebrauchter Tag für den Franzosen. Er war äußerst phlegmatisch, ließ sich mehrfach den Ball abnehmen und stand teilweise richtiggehend neben sich. Nach einem Ballgewinn von Honorat verdaddelte er einen Umschaltangriff und bei einer weiteren Aktion schoss er nach einem halbherzigen Solo deutlich am Tor vorbei. Eklatant schwach war Pleas Pseudo-Anlaufverhalten, wenn Darmstadt aufbaute. Der 30-Jährige war ein Totalausfall und seine Auswechslung zur Pause folgerichtig. Note 5,0.

Nathan Ngoumou: Vermochte sein Tempo nicht auszuspielen, blieb bei seinen Dribblings hängen und zog zwar einige Sprints an, die jedoch nichts einbrachten. Von der Körpersprache her wirkte der 23-Jährige teilnahmslos und seine Arbeit nach hinten war allenfalls als halbherzig zu bezeichnen. Vor dem 0:3 kam er gegen den Torschützen zu spät und fälschte den Schuss noch entscheidend ab. Auch für Ngoumou war das Spiel zur Pause beendet. Note 5,0.

Jordan: Hing bei seinem Startelfdebüt zunächst völlig in der Luft. Zwei-, dreimal konnte er wenigstens einen Ball festmachen, wobei die Spielfortsetzung ziemlich schnell verpuffte.  Ein Laufwunder ist der 27-Jährige nicht, und auch als Störer des gegnerischen Aufbauspiels war er kein Faktor. Immerhin war er im Passspiel weitestgehend sicher. Im zweiten Durchgang profitierte Jordan von der neuen Gemengelage. Aus dem Kopfball-Rebound bei der Elfmeterszene hätte er mehr machen können. Die Klasse-Vorarbeit von Reitz zu verwerten, war einfach – aber dort muss ein Stürmer halt auch zur Stelle sein. Danach hatte er noch zwei gute Gelegenheiten, als jeweils nur eine Fußspitze fehlte. Note 4,0.

Nico Elvedi (46. Minute für Scally): Übernahm in der neu gebildeten Dreierkette die rechte Position. Der Schweizer musste sich nicht viel mit Abwehrarbeit aufhalten, sondern schob mit an. Das machte er sehr seriös, mit sicheren und überlegten Pässen. Mit seiner Flanke stand er an der Basis des zweiten Tores. Zwei weitere Möglichkeiten, eine Flanke zu schlagen, ließ der 26-Jährige verstreichen und wählte stattdessen die kurze Variante. Note 3,0.

Luca Netz (46. Minute für Friedrich): Durfte als linker 'Schienenspieler' ran, wobei die Schiene eigentlich nur in Richtung Darmstädter Tor ging. Netz besetzte den Raum in Abstimmung mit Wöber strukturiert und brachte zwei gefährliche Hereingaben für Jordan. Wobei er einmal besser in den Rückraum gepasst hätte, wo zwei Borussen frei waren. Mit seiner Kopfballablage auf Čvančara bereitete Netz das Neuhaus-Tor mit vor. Note 3,5.

Florian Neuhaus (46. Minute für Plea): War sofort im Spiel und bereitete mit seinem feinen Pass in den Lauf von Čvančara die Elfmetersituation vor. Neuhaus zeigte seine Qualitäten als Zehner, indem er geschickt die Bälle verteilte und selbst immer wieder in Position kam. Bei seinem Treffer vollendete er im Stile eines Mittelstürmers. Einmal zirkelte Neuhaus den Ball knapp am Tordreieck vorbei, weiteren Schüssen fehlte der Punch. Beim Kopfball in der Nachspielzeit war die Distanz letztlich zu groß. Note 2,5.

Tomáš Čvančara (46. Minute für Ngoumou): Begann mit der Aktion, die zum Handelfmeter und der Roten Karte führte. Die Ballannahme des Tschechen war dabei nicht optimal, aber er blieb dran und forcierte so die Situation. Den Elfmeter verschoss Čvančara kläglich. Positiv hervorzuheben ist der Umstand, dass sich der 23-Jährige davon unbeeindruckt zeigte und mit seiner Präsenz für Unruhe bei den Darmstädtern sorgte. Mit seiner überlegten Kopfballablage auf Neuhaus lieferte er den Assist zum zweiten Tor. Den Ausgleichstreffer erzielte Čvančara mit einem fulminanten Schuss, nachdem eine Weiterleitung per Hacke nicht funktioniert hatte. Seine Fähigkeit, geradlinig und humorlos zu vollstrecken, ist eine echte Qualität. Note 3,0.

Robin Hack (62. Minute für Rocco Reitz): Brachte zusätzlichen Schwung ins Angriffsspiel und ging mit viel Engagement zur Sache. In der 65. Minute hätte er bei seinem völlig freien Kopfball nach Wöber-Flanke zwingend treffen müssen – das war eine hundertprozentige Chance. Unmittelbar danach scheiterte Hack mit einem Flachschuss. In der 90. Minute kam der 25-Jährige erneut zu einer Kopfballmöglichkeit, die er ebenfalls nicht nutzen konnte. Und kurz darauf traf er nach feinem Weigl-Pass aus halbrechter Position den Ball nicht voll. Bei aller lobenswerten Einsatzfreude – etwas mehr Coolness im Abschluss und Hack wäre der Matchwinner geworden. Ohne Note.

 


von Redaktion TORfabrik.de
Copyright © 2000- 2024 TORfabrik.de [Marc Basten] Nachdruck und Weiterverbreitung,
auch auszugsweise, nur mit Genehmigung.

TORfabrik.de ist ein offiziell eingetragenes Magazin bei der
Deutschen Nationalbibliothek (ISSN 1610 - 4919)
Herausgegeben von Marc Basten, Altenkleusheimer Str. 12, 57462 Olpe

Unterstützt durch unseren Sponsor & Partner: tops.net GmbH & Co. KG