Einzelkritik: Borussia Mönchengladbach - Bayern München 1:2 (1:0)

Trotz der Niederlage eine Leistungssteigerung

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Ko Itakura - wer ist Harry Kane? (Foto: Uwe Kraft - Getty Images)

Die Niederlage von Borussia Mönchengladbach gegen Bayern München war aufgrund des späten Siegtors der Bayern unglücklich, aber nicht unverdient. Gegenüber der Vorwoche haben die Borussen dennoch einen Schritt nach vorn gemacht. Die Einzelkritik:

Moritz Nicolas: Stand erstmals für die Borussia in der Bundesliga zwischen den Pfosten und bestand die Feuertaufe mit einer starken Leistung. Den ersten Kopfball von Goretzka nach einer Ecke sicherte Nicolas im Nachfassen, was eine gewisse Nervosität vermuten ließ. Doch der 25-Jährige behielt kühlen Kopf und wurde zunächst nur als mitspielender Keeper gefordert. Das erledigte er ruhig, risikolos und mit Bedacht. Wenn es nötig war, wählte er den langen Schlag nach vorn. Ein ‘Flankenpflücker’ ist Nicolas nicht, denn er bereinigte fast alles mit den Fäusten. Seine Reflexe konnten sich sehen lassen: Den Knaller von Sané lenkte er mit den Fingerspitzen an die Latte, beim Kopfball von Gnabry bekam er den Körper gut dazwischen und in der Nachspielzeit parierte er stark gegen Choupo-Moting. Bei beiden Gegentoren war Nicolas machtlos. Note 2,0.

Joe Scally: Interpretierte die Rolle des Rechtsverteidigers in der Viererkette im traditionellen Sinne und beschränkte sich fast ausschließlich auf die Defensivarbeit. Das war angesichts der schnellen bayerischen linken Seite mit Coman und dem nachrückenden Davies auch angebracht. Im Verbund mit Ngoumou löste Scally die Aufgaben unter dem Strich ordentlich und mit einer gesunden Aggressivität. Im Spielaufbau war der US-Amerikaner allerdings deutlich limitiert, zudem unterlief ihm der eine oder andere ‘unforced error’. Nach der Pause sprintete er einmal weit mit nach vorn, aber die Gelegenheit verpuffte. In der 83. Minute musste der 20-Jährige leicht angeschlagen vom Platz. Note 3,5.

Marvin Friedrich: Setzte die erste echte offensive Duftmarke, als er per Bogenlampe an die Latte köpfte. Auch nach der Pause hatte der Ex-Unioner noch eine Kopfballgelegenheit, bei der er jedoch zu wenig Druck hinter den Ball bekam. Weil Borussia dicht gestaffelt und teilweise gezwungenermaßen tief stand, war es ein Spiel nach dem Geschmack von Friedrich. Der 27-Jährige gewann alle Zweikämpfe, ob in der Luft oder am Boden und musste selten in längere Sprints. Im eigentlich kaum vorhandenen Aufbau unterliefen ihm auch keine Schnitzer, wobei er einen Ball ins Seitenaus spielte. Note 2,5.

Ko Itakura: Auch der Japaner profitierte von der kompakteren Grundordnung und den engeren Abständen zwischen den Kettenspielern. Er funkte gefühlt überall dazwischen und blockte enorm viel ab, u. a. wichtig gegen Kane. In einer Situation kam er gut vor den Mann, verlor aber postwendend den Ball und musste foulen. Sein Kopfball zum 1:0 war stark und genauso gewollt. Der 26-Jährige entwickelt sich bei Standards zu einer echten Waffe. Nach der Pause rettete er per Kopf vor der Linie. Beim Ausgleich kam Itakura mit eingesprungenem langen Bein zu spät, was man ihm nicht ankreiden kann und beim Siegtreffer war er zwar in der Nähe, kam jedoch nicht ins Kopfballduell. Note 2,5.

Maximilian Wöber: Obwohl er nicht der Schnellste ist, wurde er doch als Linksverteidiger gegen Sané & Co aufgestellt. Das war angesichts der geplanten und umgesetzten Kompaktheit vertretbar. Wöber fing einige Male Pässe durch gutes Stellungsspiel ab und ging kompromisslos in die Zweikämpfe - eine Grätsche gegen Kane brachte Szenenapplaus. Ausbaufähig war die Passquote des 25-Jährigen, der einige ungenaue Bälle spielte. Ärgerlich war ein falscher Einwurf in der Nachspielzeit der ersten Hälfte, mit dem er den Bayern nochmals einen Angriff ermöglichte. In der Offensive sorgte der Österreicher mit einem Flachschuss für ein erstes kleines Erschrecken bei den Bayern und die Kopfballverlängerung für Itakura war perfekt. Nach der Pause startete Wöber einen guten Flankenlauf. Kurz danach signalisierte er, dass er Probleme hatte, musste sich aber bis zu seiner Auswechslung in der 73. Minute durchbeißen. Note 3,5.

Julian Weigl: Die Verdichtung der Zentrale durch zwei defensiv orientierte Achter kam Weigl zugute. Die Räume, die er zulaufen musste, waren längst nicht so groß wie gegen Leverkusen und so bekam er besseren Zugriff. Deutlich ist erkennbar, dass der 27-Jährige in Bezug auf Zweikampfintensität die Vorgaben des Trainers erfüllen will. Der Kapitän hätte nach der Plea-Hereingabe fast im Stil von Lars Stindl das 2:0 erzielt. Der Flachschuss war gut, leider die Parade von Ulreich ebenso. Ansonsten war spielerisch gewiss Luft nach oben, aber gegen diesen Gegner waren die Prioritäten andere. Note 3,0.

Nathan Ngoumou: War über weite Strecken mehr als Unterstützung für Scally eingebunden, als dass er vorn seine Schnelligkeit ausspielen konnte. Dort holte er aus den insgesamt spärlichen Bemühungen der Borussen noch einiges raus, u. a. eine gute Flanke und mit einer schnellen Kurzdrehung sorgte er für die Ecke zur Führung. Bei einer Umschaltmöglichkeit im ersten Durchgang verpasste der 23-Jährige dagegen den Moment, den schnellen, direkten Pass in die Spitze zu spielen und zog den Ballbesitz vor. Ngoumou ist für seine Defensivarbeit zu loben, weil er auch die unbequemen Meter machte. Dass Davies nicht so zur Entfaltung kam, war der Verdienst von Ngoumou. Als nach 73 Minuten auf 5-3-2 umgestellt wurde, machte er Platz für Jantschke. Note 3,0.

Rocco Reitz: Bekam etwas überraschend die Chance und nutzte sie. Reitz war gallig, griffig und giftig. Auch wenn er das eine oder andere Duell nicht für sich entscheiden konnte, so suchte er doch immer Körperkontakt und war für die Bayern ein ‘ekliger’ Widerpart. Am Ball agierte der 21-Jährige mit viel Selbstbewusstsein und fand in mehreren engen Situationen noch gewisse Lösungen. Offensichtlich wurden ihm die durch das Risiko verbundenen Fehler zugestanden, sodass er ohne Hemmungen aufspielen konnte. Auch wenn im Verlauf der zweiten Halbzeit sichtlich die Kräfte schwanden, machte es Reitz ordentlich und zeigte, dass er eine echte Alternative sein kann. Note 3,0.

Florian Neuhaus: Kam in dieser Ausrichtung seiner Wunschrolle als Achter näher, allerdings musste er gegen die Bayern letztlich viel mehr Defensivarbeit leisten, als ihm lieb sein konnte. Der 26-Jährige hängte sich rein und ging den Zweikämpfen nicht aus dem Weg, doch es wurde einmal mehr sehr deutlich, dass dies nicht seine Stärke ist. Neuhaus machte keine groben Fehler, allerdings hätte er Kimmich vor dem Chipball zum Ausgleich viel mehr unter Druck setzen müssen. Am Ball mit einigen zögerlichen Aktionen, wobei dies auch den wenigen Abspielmöglichkeiten im eng gestaffelten Mittelfeld geschuldet war. Sich da ständig selbst zu befreien und etwas zu gestalten, war für Neuhaus nicht einfach. Note 3,5.

Alassane Plea: Auch der Franzose verteidigte mit viel Engagement auf der linken Seite und eroberte mehrfach den Ball. Auf dem Weg nach vorn zeigte Plea einige gute Ansätze, u. a. das Zuspiel auf Reitz. Die Standards waren sehr ansprechend, so wie der Freistoß von halblinks zum Lattenkopfball von Friedrich oder die flache Freistoßhereingabe in den Rückraum zu Weigl. Der Eckball zum 1:0 kam auch von Plea. Der 30-Jährige schirmte mehrfach den Ball gut ab und war dabei immer bemüht, Abspieloptionen zu suchen, wie bei einem tollen Verlagerungspass im zweiten Durchgang. Trotz einiger Ballverluste durch Zeitknappheit und dadurch entstandene Ungenauigkeiten war es eine ansprechende Gesamtleistung. Note 3,0.

Tomáš Čvančara: Hatte einen schweren Stand beim Vorhaben, vorne Bälle festzumachen, weil Kim ihm sehr rigoros zusetzte. Dennoch hätte schon etwas mehr kommen müssen, denn wenn er den Ball kontrollierte, fehlte es Čvančara an Ideen und Handlungsschnelligkeit. Tiefgang konnte er kaum entwickeln und fiel damit auch als Anspielstation für mögliche Steilpässe nicht ins Gewicht. Bei einem Sprint gegen Upamecano deutete der 23-Jährige zumindest an, dass er durchaus Tempo aufnehmen kann. Čvančara ging früh auch die mentale Kraft aus, was sich beim 1:1 bemerkbar machte, als er auf links aushalf und Sané in seinem Rücken entwischen konnte. Nach einer Stunde wurde er von Jordan abgelöst. Note 5,0.

Jordan (60. Minute für Čvančara): Wirkte etwas stabiler als Čvančara und deutete an, dass er mit seiner Physis ein Gewinn sein könnte. Viel Land sah der 27-Jährige allerdings auch nicht. Ohne Note.

Lukas Ullrich (73. Minute für Wöber): Agierte gewollt, allerdings auch sehr wild. Einer Balleroberung standen mehrere verlorene Zweikämpfe gegenüber. Man merkte, dass sich der 19-Jährige zeigen wollte und sein Enthusiasmus war bemerkenswert. Dass noch viel Entwicklungsarbeit wartet, steht außer Frage. Ohne Note. 

Tony Jantschke (73. Minute für Ngoumou): Verstärkte die Abwehr und war direkt gefordert. Gewann ein Duell gegen Laimer cool und routiniert. Schmerzhaft wurde es für Jantschke in einer Situation, als Kane auf ihm landete. Beim 1:2 war er mit im Gedränge, kam aber ebenfalls nicht in die Position, um einzugreifen. Ohne Note.

Nico Elvedi (73. Minute für Scally): Gab sein Comeback auf der rechten Abwehrseite. Einige unsaubere Pässe machten deutlich, dass dem Schweizer die Matchpraxis fehlt. Künftig könnte er jedoch als Rechtsverteidiger eine Option sein. Ohne Note.

Franck Honorat (83. Minute für Plea): Es wäre eine Möglichkeit gewesen, ihn wegen seines Tempos früher zu bringen. In der Phase nach dem Rückstand zog der Franzose noch einige Sprints an. Sein Schussversuch am Ende brachte nichts mehr ein. Ohne Note.

 


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