Einzelkritik: Borussia Dortmund - Borussia Mönchengladbach 5:2 (4:0)

Das nächste Trauerspiel der Gladbacher Borussia

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Ein schlimmer Abend im Westfalenstadion (Foto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Borussia Mönchengladbach hat im Dortmunder Westfalenstadion das nächste Trauerspiel abgeliefert und sich auf eine beschämende Art und Weise zerlegen lassen. Eine sachliche Einzelkritik ist nach so einem Spiel eine Herausforderung.

Jan Olschowsky: Ein unglücklicher Abend für den 21-Jährigen, der kurzfristig den angeschlagenen Jonas Omlin vertrat. Als er in der 37. Minute mit einer schönen Flugeinlage einen Distanzschuss von Malen entschärfte, war das seine erste Parade in diesem Spiel. Zuvor hatte Olschowsky allerdings schon viermal den Ball aus dem Netz holen müssen. Beim 0:1 kam er nicht mehr rechtzeitig zum abgefälschten Ball, der Elfmeter flutschte unglücklich unter seinem Körper hindurch. Beim Doppelpack von Haller war Olschowsky chancenlos. In der zweiten Halbzeit konnte er sich in zwei, drei Situationen auszeichnen, ehe er in der Nachspielzeit den Guerreiro-Freistoß nach vorne prallen ließ und den Rebound von Reyna nicht verhindern konnte. Note 4,0.

Stefan Lainer: Erhielt wieder den Vorzug vor Scally und hatte im ersten Durchgang - wie alle Borussen - große Probleme im Positionsspiel. Der Österreicher versuchte mit anzuschieben, rannte dann aber bei Dortmunder Angriffen vergeblich zurück. Adeyemi ließ den 30-Jährigen einige Male einfach stehen. Nach dem Seitenwechsel in der Fünferkette bekam Lainer mehr Zugriff. Vom Engagement her kann man Lainer keinen Vorwurf machen. Er lief fast 12 Kilometer und versuchte mit Elan und Sprints etwas zu inszenieren. Die gut gemeinten Ansätze verpufften jedoch, weil sie letztlich zu einfach gestrickt und damit für die Dortmunder leicht zu verteidigen waren. Eine Ausnahme bildete die Hereingabe zur Chance von Stindl auf ein mögliches 3:4. Note 4,0.

Marvin Friedrich: Blieb etwas überraschend in der Startelf, konnte seine ordentliche Leistung gegen Bochum vor einer Woche jedoch nicht bestätigen. Das lag selbstredend auch daran, dass die Innenverteidiger in zahllose 50:50-Duelle verwickelt wurden, weil ihre Vorderleute die Scheunentore geöffnet hatten. Friedrich konnte den einen oder anderen Ball wegschlagen, aber in den entscheidenden Situationen gegen Haller war er zu passiv. Vorne prüfte er Kobel mit einem Kopfballaufsetzer im Anschluss an eine Freistoßflanke. Nach dem Seitenwechsel spielte Friedrich als zentraler Mann in der Dreierkette. Die insgesamt kompaktere Staffelung kam ihm entgegen und er klärte in einigen Situationen, auch wenn er nicht frei von Wacklern war. Note 4,5.

Nico Elvedi: Ein katastrophaler Auftritt des Schweizers, der sich vor dem 0:1 von Haller mit einer simplen Körperbewegung abkochen ließ. Dann lief er sich mit Ball an der Mittellinie kopflos fest und eröffnete Dortmund die Umschaltmöglichkeit, die letztlich zum Elfmeter führte. Mehrfach agierte Elvedi so unglaublich träge, als ob er eine Zentnerlast mit sich herumschleppen würde. Der Schweizer war körperlich und geistig extrem schwerfällig und auch keine Hilfe, wenn Bensebaini in seinem Rücken wieder Räume öffnete. Zwei- oder dreimal konnte der 26-Jährige klären, als er mehr oder weniger zufällig richtig stand. Nach dem Seitenwechsel stand er links in der Dreierkette, wo er davon profitierte, dass der BVB weitaus weniger Druck aufbaute. Zweimal beförderte Elvedi den Ball gut aus der Gefahrenzone, in der einen oder anderen Situation taumelte er jedoch erneut orientierungslos herum. Note 5,0.

Ramy Bensebaini: Dürfte bei den Anhängern seines vermeintlich neuen Arbeitgebers einige Diskussionen ausgelöst haben, ob eine Verpflichtung tatsächlich Sinn ergibt. Beim 0:1 fälschte der 28-Jährige unglücklich ab, da kann man ihm keinen Vorwurf machen. Kurz darauf hatte er eine Chance, als er nach innen zog und mit rechts einen guten Schuss aufs kurze Eck platzierte, den Kobel entschärfte. Danach legte der Algerier einen Kamikaze-Auftritt hin. Er war außerordentlich undiszipliniert im Positionsspiel und ließ Malen unfassbar viel Zeit und Raum, die beiden Haller-Tore vorzubereiten. In weiteren Situationen war Bensebaini völlig von der Rolle. Im zweiten Durchgang in der Fünferkette mit deutlich besserer Raumaufteilung. Holte nach Kramer-Pass den Elfmeter raus, den er souverän verwandelte. Note 5,0.

Julian Weigl: Keine gelungene Rückkehr des 27-Jährigen an seine alte Wirkungsstätte. Er schaffte es im ersten Durchgang nicht, eine kompakte Staffelung zu organisieren. Im Gegenteil - auch Weigl bewegte sich bei Gladbacher Ballbesitz schon fast naiv in die Halbräume, sodass er beim defensiven Umschalten regelmäßig nur die Hacken der Dortmunder sah und vergeblich hinterherlief. An Laufbereitschaft mangelte es Weigl nicht (12 Kilometer), aber fehlende Dynamik und eine für seine Verhältnisse schwache Passquote (84 %) ließen ihn mit untergehen. Als im zweiten Durchgang die Ausrichtung geordneter und kompakter war, fand Weigl auch wieder zu seinem Spiel. Note 4,5.

Manu Koné: Ließ seine Klasse nur gelegentlich aufblitzen, auch wenn man bei ihm zumindest den Eindruck gewinnen konnte, dass er sich nicht willenlos vorführen lassen wollte. Aber wenn es um naives Positionsspiel geht, ist Koné ebenfalls zu nennen. Auch er trabte mehrfach sorglos über die Mittellinie und schien keinen Gedanken an Absicherung zu verschwenden. Seine persönlichen Fehler hielten sich in Grenzen, aber ansonsten trug der 21-Jährige weder defensiv noch offensiv etwas Wesentliches bei. Nach 75 Minuten machte er Platz für Netz. Note 4,5.

Jonas Hofmann: Führte die Mannschaft gegen seinen Ex-Klub als Kapitän aufs Feld und übernahm die Position auf der rechten Seite. Dort konnte der Nationalspieler nur wenig hinzufügen und blieb trotz des gewohnten Laufumfangs (11,8 Kilometer) und 61 Ballkontakten vergleichsweise wirkungslos. Bei seinen Defensivzweikämpfen fehlte wie gehabt die letzte Bissigkeit, die Hofmann-typischen Balleroberungen gab es nicht und bei seinen seltenen Versuchen, in die Tiefe zu starten, blieben die Anspiele aus. Hofmanns Standards waren allenfalls durchschnittlich: Die Freistoßflanke zur Kopfballmöglichkeit von Friedrich war gut, der Versuch eines direkten Freistoßes aus ansprechender Distanz nach der Pause misslang gründlich. Auch im weiteren Verlauf der zweiten Halbzeit, als Borussia mehr Ballbesitz hatte, konnte der 30-Jährige nichts bewegen. Note 4,5.

Florian Neuhaus: Durfte sich erneut als ‘Zehner’ versuchen und startete recht auffällig in die Partie. Neuhaus deutete immerhin an, dass er im Offensivspiel für Kreativität sorgen könnte. Als Dortmund Fahrt aufnahm, blieb auch Neuhaus auf der Strecke. Er wollte sich wehren, aber die Umsetzung war eher ungeschickt. So wie bei der Situation, die zum Elfmeter führte, auch wenn die Regelauslegung des Schiedsrichters arg kleinlich war. Der 26-Jährige hielt zwar gegen Bellingham verbal dagegen, aber gerade im direkten Vergleich mit dem Engländer wurde deutlich, wie viel Dynamik Neuhaus im Spitzenbereich abgeht. Auch nach dem Seitenwechsel in der neuen Grundordnung konnte er sich nicht nachdrücklich behaupten und wurde nach 68 Minuten durch Kramer ersetzt. Note 4,5.

Hannes Wolf: Durfte nach längerer Zeit mal wieder von Beginn an ran und übernahm die Position auf der linken Seite. Dort hatte er offensiv zwei, drei gute Ansätze und leitete dabei die Chance von Bensebaini ein. Allerdings wurden auch Wolfs Defizite mehr als offensichtlich, wenn es darum ging, sich in den direkten Duellen durchzusetzen. Sowohl defensiv als auch offensiv fehlte es dem 24-Jährigen an Standfestigkeit. Es hatte teilweise etwas vom schmächtigen Jugendspieler, den die erfahrenen Haudegen zappeln lassen und dann einfach zur Seite schieben. Erschwerend kam hinzu, dass Wolf trotz aller Laufbereitschaft defensiv nur bedingt eine Hilfe war, was die Probleme des indisponierten Bensebaini noch vergrößerte. Zur zweiten Halbzeit machte Wolf Platz für Itakura. Note 5,0.

Nathan Ngoumou: Bekam seine Chance als zentraler Angreifer, was in der Theorie keine so schlechte Variante war. Ein schneller Flitzer, der aus einer Konterhaltung heraus steil geschickt werden kann, machte durchaus Sinn. Allerdings spielten die Borussen nicht auf Konter und es gab kaum Aktionen, in denen Ngoumou seinen Fähigkeiten entsprechend eingebunden wurde. Stattdessen lief das Spiel weitestgehend an ihm vorbei. Der 23-Jährige hatte kaum Ballkontakte und wenn, wirkte er überhastet und technisch unsauber. Ein ordentlicher Schuss, als er den Ball am Tor vorbei zirkelte, blieb die sehr dünne Ausbeute. Eine Viertelstunde vor Schluss räumte Ngoumou das Feld für Stindl. Note 5,0.

Ko Itakura (46. Minute für Wolf): Mit seiner Einwechslung folgte die Umstellung auf Dreier- bzw. Fünferkette. Itakura gab den rechten der drei Innenverteidiger und löste die Aufgaben unaufgeregt und mit der Selbstverständlichkeit, die den Innenverteidigerkollegen vor der Pause gefehlt hatte. Allerdings war die Staffelung im 5-4-1 insgesamt stabiler und Dortmund hatte längst zwei Gänge zurückgeschaltet. Note 3,0.

Christoph Kramer (67. Minute für Neuhaus): Leistete sich einen einfachen Ballverlust, den Dortmund zu einem im Ansatz gefährlichen Umschaltangriff ausnutzen konnte. Ansonsten agierte Kramer in einem mittlerweile vom Tempo her überschaubaren Spiel routiniert und war mit seinem feinen Crossball auf Bensebaini an der Entstehung der Elfmetersituation beteiligt. Ohne Note. 

Lars Stindl (75. Minute für Ngoumou): Fügte sich direkt mit einem Traumpass auf Netz ein und markierte dann mit einem klassischen Stindl-Schuss mit der Innenseite den zweiten Gladbacher Treffer. Kurz darauf wäre der Kapitän - die Binde hatte ihm Hofmann sofort ausgehändigt - mit einem starken Schuss fast erneut erfolgreich gewesen, doch Kobel parierte hervorragend. Stindl war zweifelsfrei ein kleiner Lichtblick an einem ansonsten stockdunklen Gladbacher Abend. Ohne Note.

Luca Netz (75. Minute für Koné): Zeigte in der Viertelstunde, dass er ein ‘Schienenspieler’ mit Offensivdrang und kein klassischer Linksverteidiger in einer Viererkette ist. Sein Tempo ist mehr als ordentlich, wie er bei dem Tiefenlauf nach perfektem Pass von Stindl zeigte, als ihm der Chipball jedoch missglückte. Auch bei der Vorarbeit zum Stindl-Treffer war Netz gut durchgestartet und passte dann überlegt in den Rückraum. Ohne Note. 

Tony Jantschke (84. Minute für Elvedi): Dass Elvedi so lange spielen durfte, war nicht nachvollziehbar. Erstens wegen der katastrophalen Leistung des Schweizers, zweitens aufgrund der Verfassung von Jantschke. Der wirkte nämlich richtig frisch, wach und ging konsequent zur Sache. Da war jemand, der wusste, was er zu tun hatte und erledigte seinen Job. Gutes Stellungsspiel und eine Passquote von 100% bei 16 Pässen waren ein kleines, aber feines Ausrufezeichen des 33-Jährigen. Ohne Note.

 


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