Es kracht im Gebälk

»Corona hat uns um fünf Jahre zurückgeworfen«

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Geschäftsführer Stephan Schippers (Foto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Borussia Mönchengladbach weist auch im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Millionenverlust aus. Geschäftsführer Stephan Schippers bezeichnet den Klub weiterhin als »gesund«. Doch die Handlungsfähigkeit ist eingeschränkt.

14,6 Millionen Euro - das ist der Verlust, den Borussia Mönchengladbach im Geschäftsjahr 2021 eingefahren hat. Das reicht nicht ganz an das Rekord-Minus von 16,8 Millionen heran, das der Klub im ‘ersten Corona-Jahr 2020’ vermelden musste. Im Jahr 2019, also vor der Pandemie, erwirtschaftete Borussia noch einen Gewinn von 12,2 Millionen Euro.

»Corona hat uns um fünf Jahre zurückgeworfen«, erläuterte Schippers am Montag am Rande der Mitgliederversammlung. Rechnet man die beiden Geschäftsjahre der Pandemie zusammen, so hat Borussia Umsatzeinbußen von über 100 Millionen zu verkraften. »2020 und 2021 haben wir 24 Geisterspiele durchgeführt, zwölf Spiele mit eingeschränkter Zuschauerkapazität und drei Spiele ohne Zuschauerbegrenzung. Man kann sich vorstellen, zu welchen Einnahmeverlusten das geführt hat.« Schippers verwies darauf, dass nicht nur die reinen Ticketpreise eine Rolle spielen, sondern auch die verlorenen Einnahmen aus Catering, Merchandising oder Sponsoring.

Ginters ablösefreier Abgang war finanziell ein absurdes Verlustgeschäft

Immerhin konnten die Borussen stolz vermelden, dass man mit allen großen Sponsoren die Zusammenarbeit ausgedehnt hat. Insgesamt sei man »sehr ordentlich durch diese ganz schwierige Zeit« (Präsident Rolf Königs) gekommen. Und Stephan Schippers ergänzte, dass man trotz der Verluste ein »im Liga-Vergleich sehr respektables Ergebnis erzielt« habe. Offiziell gilt also nach wie vor die Sprachregelung, dass Borussia nicht reich, aber gesund ist.

Was das für das Kerngeschäft bedeutet - und das ist nun mal die Zusammenstellung einer konkurrenzfähigen Mannschaft - ist schwer abzusehen. Dass der Klub mit seinem Finanzierungsmodell, nämlich werthaltige Spieler weiterzuentwickeln und dann mit möglichst großem Gewinn weiterzuverkaufen, zuletzt krachend gescheitert ist, ist Fakt. Allein der ablösefreie Abgang von Matthias Ginter (17 Millionen Ablöse plus fünf Jahre üppiges Gehalt) ist rein finanziell betrachtet ein absurdes Verlustgeschäft. Und in diesem Transfersommer droht weiteres Ungemach.

Wird selbst das vermeintliche Tafelsilber nur zum Selbstkostenpreis abgegeben?

Viele Verträge enden 2023 und es bahnen sich weitere Fälle der Kategorie Zakaria & Ginter an. Oder aber es werden Spieler für vergleichsweise kleines Geld abgegeben - so wie es im Fall Marcus Thuram spekuliert wird. Der Franzose soll nach seiner verkorksten Saison angeblich für 10 Millionen auf dem Markt sein - so viel hat Borussia 2019 mit Nebengeräuschen auch an Guingamp gezahlt. Also würde man selbst das vermeintliche ‘Tafelsilber’ nur zum Selbstkostenpreis abgeben.

Auch wenn Borussia im Moment noch davon zehrt, in den letzten Jahren insgesamt sehr gut gewirtschaftet zu haben, so beginnt das Gebälk ordentlich zu knacken. Dass nur richtig eingekauft werden kann, wenn auf der anderen Seite auch ordentliche Verkaufserlöse erzielt werden, bremst den so dringend notwendigen Umbruch mittlerweile im dritten Jahr spürbar aus. Es ist ein Drahtseilakt auf vielen Ebenen - mit einer gehörigen Absturzgefahr.

 


von Marc Basten

 

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