Vor dem Spiel gegen Bayern München

»Das ist zu viel verlangt für diese Mannschaft«

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Daniel Farke bei der Pressekonferenz vor dem Bayern-Spiel (Foto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Borussia Mönchengladbach empfängt am Samstag zur ungewöhnlichen Anstoßzeit um 15.30 Uhr Bayern München. Der Klassiker war bei der PK am Donnerstag nur am Rande ein Thema. Es rumort mal wieder bei Borussia und das ist gar nicht gut.

Der FC Bayern kommt in den Borussia-Park und Stoff für Geschichten gibt es viele. Die Rückkehr von Yann Sommer beispielsweise, der vor der Partie offiziell verabschiedet wird. Der Schweizer kann sich nach achteinhalb Jahren eines herzlichen Empfangs sicher sein. Oder die Personalsorgen, die Trainer Daniel Farke vor dem wahren Klassiker der Bundesliga plagen.

Joe Scally und Marcus Thuram konnten bislang wegen Problemen mit der Wadenmuskulatur nicht trainieren. Bei Scally ist Farke optimistisch, was den Samstag betrifft, bei Thuram ist es kritischer. »Es wird ein enges Rennen«, so der Trainer. Die Voraussetzung ist, dass Thuram das Abschlusstraining voll mitmachen kann. »Sonst macht es definitiv keinen Sinn«.

Thuram ist trotz Leistungsloch nicht zu ersetzen

Auch wenn Thuram im neuen Jahr in einem echten Leistungsloch steckt, benötigen die Borussen ihn dringend. »Wir können Marcus mit seiner Qualität nicht eins zu eins ersetzen«, sagte Farke und verriet damit wenig Überraschendes. Der Kaderplatz, der durch den Abgang von Breel Embolo im letzten Sommer freigeworden ist, wurde auch im Winter nicht besetzt. Das Risiko, dass bei einem Durchhänger oder verletzungsbedingten Ausfall von Thuram ein Vakuum entsteht, wurde bei Borussia billigend in Kauf genommen.

Möglicherweise müssen die Gladbacher gegen die Bayern auch auf Julian Weigl verzichten, der sich mit einem Magen-Darm-Infekt vom Training abgemeldet hatte. »Wir müssen abwarten, wie es sich entwickelt«, so Farke. Auch hinter Luca Netz steht ein kleines Fragezeichen. Der 19-Jährige hat leichte Oberschenkelprobleme und setzte am Donnerstag mit dem Training aus. Allerdings ist ohnehin nicht damit zu rechnen, dass Netz wie in Berlin für die Startelf eingeplant ist, weil Bensebaini zurückkehren wird.

Sehr viel geredet, aber irgendwie doch am Thema vorbei

Die Bayern und die Personallage wurden bei der Pressekonferenz am Donnerstag routiniert und zügig ‘abgefrühstückt’. Danach wurde allerdings noch sehr, sehr viel geredet. Sowohl Sportdirektor Roland Virkus als auch Daniel Farke nahmen ausführlich zu der Kritik Stellung, die in den letzten Tagen über Borussia hereingebrochen ist. Leider blieb am Ende die Erkenntnis, dass zwar viel geredet wurde, aber irgendwie doch am Thema vorbei.

Farke und Virkus verteidigten sich mit durchaus schlüssigen Argumenten gegen überzogene Erwartungen von Außen. »Wenn es ums Schönreden geht – da reden wir uns die Geschichte schön, dass wir normalerweise in der Champions League spielen müssen«, stellte Farke mit Nachdruck klar. Farke führte nachvollziehbar aus, dass dieser Kader, der in besserer Besetzung in den vergangenen zwei Jahren Europa verpasst hat, jetzt nicht durch Handauflegen zu einem Top4-Club werden könne.

»Es ist eine total saubere und charakterlich einwandfreie Mannschaft!«

Allerdings hat dies auch niemand gefordert – jedenfalls niemand, den ein Vereinsverantwortlicher ernst nehmen sollte. Roland Virkus räumte ein, dass »die Tendenz nicht gut sei«. Er bemängelte, ganz wie der Fan an der Currywurstbude, die fehlende Bereitschaft, das Tor zu verteidigen und alles zu geben. »Da bin ich bei dem einen oder anderen enttäuscht, das können die Spieler besser«, so Virkus. Man rede viel mit den Spielern, man arbeite daran und die Spieler seien sehr selbstkritisch.

Auf der anderen Seite stellte sich Farke nochmals mit Vehemenz vor seine Spieler: »Es ist eine total saubere und charakterlich einwandfreie Mannschaft!«. Dennoch verfällt diese Mannschaft auch im dritten Jahr in Folge in den Larifari-Stil. Farke sagte, dass Tempo und Intensität nicht ideal seien und deshalb »zwei, drei Transferfenster« benötigt werden, »bis wir unsere Idealvorstellung auf den Platz bringen können.« Er weiß, dass man »eine andere Intensität gegen den Ball hinlegen muss«, aber er müsse sich daran anpassen, »was für Spielertypen« er hat.

»Wir entwickeln uns absolut in die richtige Richtung«

Farkes Schlussfolgerung klingt bitter: »Wir werden es aus diesen Spielern nicht hinbekommen, dass wir jetzt einfach mit Gras fressen den Gegner in Grund und Boden rennen. Sorry, aber das ist einfach zu viel verlangt für diese Mannschaft.« Natürlich verlangt niemand, dass Farke aus Gladbach ein Augsburg 2.0 macht, aber zwischen Gras fressen und dem Durchsetzungsvermögen einer Schülermannschaft ist eine weite Spanne. Sich reinhängen, auch die schmerzhaften Meter machen und Wehrhaftigkeit an den Tag zu legen sind Basics, die man auch von den Schöngeistern der Borussia verlangen muss.

»Wir entwickeln uns absolut in die richtige Richtung«, sagte Farke mit Blick aufs ‘große Ganze’. Das klingt fast schon verwegen, aber im Fußball kann sich das Momentum bekanntlich von einer Sekunde auf die andere ändern. Am Samstag kommen die Bayern zu einem dieser ‘Highlight-Spiele’, in denen die Gladbacher oftmals die Tugenden abrufen können, die gegen die anderen Spielverderber in der Liga in der Kabine bleiben. Es wäre eine gute Gelegenheit für die Borussen, mal wieder ein Ausrufezeichen zu setzen.

 

von Marc Basten

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