Das Spiel im sonnig-kühlen Borussia-Park gegen Vizemeister VfB Stuttgart war eine gute Viertelstunde alt, da konnte man auf den Tribünen vermehrt zustimmendes Kopfnicken und Gemurmel ausmachen. Das, was die Fohlenelf da auf den Platz brachte, war wirklich mehr als ordentlich. Dieses Mal eher in einem 4-4-2 unterwegs, setzten die Gladbacher die Stuttgarter mannorientiert so unter Druck, dass diese ihr Spiel nicht aufziehen konnten.
Ganz stark waren die Aktionen von Itakura und Elvedi, die an der Mittellinie mehrfach vor ihre Gegenspieler kamen, Bälle sicherten und gezielt nach vorn passten. Ein solch kollektives Pressing, wo alle mitmachen und jedes Rädchen ineinander greift, hat man in Mönchengladbach in dieser Qualität lange nicht gesehen. Der Wermutstropfen war, dass die Mannschaft aus den vielen hohen Ballgewinnen zu wenig machte. Einige Male wurde zu überhastet der Abschluss gesucht, mehrfach fehlte die Präzision oder schlichtweg der Killerinstinkt, wie bei Pleas Rebound-Großchance.
Eine Fehlerkette, die an die vergangene Saison erinnerte
Anstatt verdient in Führung zu gehen, mussten die Borussen plötzlich einem Rückstand hinterherlaufen. Ausschlaggebend hierfür waren mehrere Fehler im Abwehrverbund. Stöger als Aushilfsaußenverteidiger auf links stellte sich abenteuerlich schlecht gegen Vagnoman an und im Strafraum zeigte Honorat gegen Leweling, dass er kein Defensivexperte ist. Den Schuss von Leweling wehrte Omlin zwar ab, ließ den Ball aber in die Mitte prallen. Dort wurde Scally auf dem falschen Fuß erwischt, während Itakura zwar noch schaltete, aber mit seinem langen Bein etwas zu spät kam, um den Schuss von Undav zu blocken.
Es war eine Fehlerkette, die an die vergangene Saison erinnerte. Immerhin behielten die Borussen den Kopf oben, hatten durch Plea die oben erwähnte Rebound-Chance, nachdem Nübel einen Kleindienst-Schuss ebenfalls nach vorn abgewehrt hatte. Kurz darauf erzwangen sie nach einem von Stöger inszenierten Pingpong im Stuttgarter Strafraum den verdienten Ausgleich durch Plea. Ausschlaggebend für diesen Angriff war ein erneuter Ballgewinn von Elvedi an der Mittellinie.
Der Fauxpas von Netz war spielentscheidend
Plea musste wenige Momente später angeschlagen ausgewechselt werden, was dem Spiel der Borussen alles andere als zuträglich war. Zum einen fehlte nun das kreative Pendant zu Stöger, zum anderen wurde die Statik anders, weil Plea nicht durch Neuhaus oder Hack, sondern überraschenderweise durch Ngoumou ersetzt wurde. Der ordnete sich auf der linken Seite ein, während Freigeist Stöger mehr zentral agierte. Das führte zu einem deutlichen Bruch im Offensivspiel, weil niemand so richtig zu wissen schien, wie man Ngoumou in Position bringt. Gerardo Seoane sagte später, er habe sich von Ngoumou Tempoläufe in die Tiefe versprochen, was aber augenscheinlich nicht funktionierte.
Dennoch war es eine mehr als ordentliche erste Halbzeit der Borussen gegen den VfB. Nach dem Seitenwechsel wurde Stuttgart konkreter, auch weil die Borussen nun nicht mehr so konsequent dagegenhielten wie im ersten Durchgang. Die Folge war, dass die Gäste ihr Tempo in der gegnerischen Hälfte ausspielen konnten, Fehler erzwangen und diese auch ausnutzten. Wie sich Netz vor dem 1:2 von Rieder düpieren ließ, obwohl er in der besseren Position war und Rieder im Laufduell sogar noch vom Linienrichter ausgebremst wurde, war katastrophal. Auch wenn Sportchef Roland Virkus anschließend vehement darauf verwies, dass Netz erst 21 Jahre alt sei und man ihm Fehler und einen daraus folgenden Lernprozess zugestehen müsse, führt kein Weg daran vorbei, dass diese Aktion spielentscheidend war.
Der verstörend penibel pfeifende Dr. Brych drückt beim 1:3 beide Augen zu
Zwar hätte Itakura in der Mitte einen Tick früher gegen Demirovic reagieren müssen und auch Omlin sah erneut schlecht aus, weil er zu früh abtauchte und die kurze Ecke öffnete, doch ursächlich für den Gegentreffer war der Fauxpas von Netz. Drei Minuten später war die Messe gelesen - durch ein Standardgegentor. Hier kam dann das mittlerweile obligatorische Pech mit den Unparteiischen hinzu. Chabot stützte sich bei Scally deutlich mit beiden Händen auf und hinderte Scally, hinter Demirovic hochzusteigen und diesen zumindest mit Körperkontakt zu stören. Dies war ein klares Foul und eine Aktion, die unmittelbar Einfluss auf die Torerzielung hatte - hier hätte der ansonsten verstörend penibel pfeifende Dr. Brych eingreifen müssen.
So aber führte der VfB mit 3:1 und mit diesem Tor wurde den Borussen der Stecker gezogen. Zwar versuchten sie nach vorn zu spielen, aber es fehlte in allen Belangen an Überzeugung. Das Publikum arbeitete sich an den schon tragisch schlechten Aktionen von Ngoumou ab, während mit der Auswechslung von Stöger eine Viertelstunde vor Schluss das letzte Stück Unberechenbarkeit aus dem Gladbacher Spiel entschwand. Sebastian Hoeneß sagte nach dem Match, er habe bis in die Nachspielzeit hinein die Sorge gehabt, dass ein Anschlusstreffer den Borussia-Park nochmals anzünden könnte, doch diese Sorge war unbegründet. Der VfB brachte den Sieg letztlich clever über die Runden. Die Borussen müssen sich derweil den Vorwurf gefallen lassen, sich selbst um den Ertrag gebracht zu haben. Ein Punkt war gegen diesen VfB mehr als nur im Bereich des Möglichen.