Es ist eine außergewöhnliche Situation in Mönchengladbach, auch wenn die Protagonisten bemüht sind, so etwas wie Normalität auszustrahlen. Aber normal ist es eben nicht, dass ein künftiger Ex-Trainer - was er unfreiwillig und für ihn überraschend geworden ist - dafür sorgen soll, eine zuletzt strauchelnde Mannschaft erfolgreich durch die letzten Saisonspiele zu führen.
»Die Enttäuschung ist nach wie vor da«, gibt Hecking unumwunden zu. »Trotzdem bin ich Profi genug, um das abzuschütteln. Ich kann meine persönliche Enttäuschung von dem trennen, was jetzt die Aufgabe ist - nämlich dass wir am Sonntag das Heimspiel gegen Werder Bremen gewinnen. Ich denke, dass ich da allemal in der Lage zu bin, das zu trennen und auch hinzubekommen.«
»Man merkt, dass sie auch etwas gutmachen wollen«
Die schlechte Leistung in Düsseldorf, der Verlust von Platz 4 und nun auch noch die angekündigte Demission des Cheftrainers - die Mannschaft muss einiges verarbeiten. »Aufgrund der Besonderheit der Situation war die Arbeit mit der Mannschaft in den letzten zwei Tagen etwas anders, was die Stimmungslage angeht«, so Hecking. »Aber auf dem Trainingsplatz haben die Jungs hervorragend mitgezogen. Man merkt, dass sie auch was gutmachen wollen - nicht weil ich jetzt mit dieser Entscheidung leben muss, nicht weil sie für mich das Spiel gewinnen wollen - sie wollen selber gewinnen und das ist das Allerwichtigste.«
Hecking betont nochmals, dass sein Bezug zum Team absolut intakt sei. »Ich bin immer wieder verwundert, was teilweise von außen kolportiert wird. Die Mannschaft und ich haben seit über zwei Jahren ein sehr, sehr gutes Verhältnis. Egal was einige meinen da auch gehört zu haben oder reinschreiben zu wollen. Es interessiert uns in der Innenbeziehung überhaupt nicht. Letztendlich will diese Mannschaft nach Europa. Sie will es nicht nur wegen mir, sie will es selber. Das ist unser Antrieb. Sie müssen mir nichts beweisen, sie müssen sich als Mannschaft beweisen, dass sie das Zeug dazu haben. Ich traue ihr absolut zu, in den letzten sieben Spielen unser großes Ziel Europa zu erreichen.«
»Ich bleibe dabei - ich mache das, wovon ich überzeugt bin«
Als ersten Schritt dahin muss das Team im ausverkauften Borussia-Park gegen Werder Bremen bestehen. Dazu ist vor allem eine ganz andere Mentalität notwendig, als sie vor Wochenfrist in Düsseldorf an den Tag gelegt wurde. Dass Hecking die Mannschaft komplett durcheinander würfelt oder gar eine völlig veränderte Ausrichtung mit an die Hand geben wird, ist nicht zu erwarten. »Alles ist möglich am Sonntag«, sagt der 54-Jährige. »Ich bleibe dabei - ich mache das, wovon ich überzeugt bin und nicht das, was andere Leute meinen, was ich machen müsste, damit Gladbach nach Europa kommt«.
Das betrifft auch die Personalie Alassane Plea. Die Kritik, dass der Franzose endlich in der Mitte spielen müsse und auf der linken Seite verschenkt sei, konterte Hecking: »Alassane Plea hat deutlich mehr Tore von links gemacht, als als Mittelstürmer. Dass er trotzdem für mich auch ein zentraler Stürmer sein kann, ist klar. Aber es muss auch im Gesamtkonstrukt einer Mannschaft passen. Da war ich über weite Strecken mit der Aufteilung mit Stindl, Hazard und Plea sehr einverstanden. Das kann auch am Wochenende wieder so sein.«
»Natürlich ist das eine Überlegung, Thorgan spielen zu lassen«
Der Zwist mit Hazard, den Hecking in Düsseldorf noch vor der Pause ausgewechselt hat, ist ausgeräumt. »Natürlich ist das eine Überlegung, Thorgan spielen zu lassen. Er hat einmal schlecht gespielt, wir haben drüber gesprochen, er hat mir seine Gründe gesagt, ich habe ihm gesagt, was ich von der Leistung gehalten habe, deshalb ist das für mich abgehakt. Weil ich weiß, dass Thorgan alles dafür tun wird, um mit dieser Mannschaft nächstes Jahr in Europa zu spielen - wenn er bleibt.«
von Marc Basten