Einzelkritik: Borussia Mönchengladbach - Eintracht Frankfurt 6:7 n.E.

Berlin bleibt unerreichbar

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Ein Bild sagt mehr als tausend Worte - Andreas Christensen (Foto: Patrik Stollarz / AFP / Getty Images)

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte - Andreas Christensen (Foto: Patrik Stollarz / AFP / Getty Images)

Ein Halbfinale im DFB-Pokal entwickelt sich für Borussia Mönchengladbach zum Trauma. Auch im vierten Anlauf blieb Berlin unerreichbar für die Fohlenelf. Mit der Einzelkritik machen wir den Deckel auf einen unerfreulichen Pokalabend.

Yann Sommer: Verhinderte eine frühe Führung durch Hrgota, beim Gegentor bekam er nur noch die Fingerspitzen an den Ball, konnte die Flugbahn aber nicht mehr entscheidend verändern. Sehr fangsicher und präsent im Strafraum. Gute Fortsetzungen, u.a. ein schneller Abwurf in den Lauf von Hahn oder der weite Abschlag auf Hofmann, der fast traf. Einen von der Seite geknallten gefährlichen Ball am Ende der 90 Minuten boxte er weg. Leider konnte er beim Shoot-Out nur einen Elfmeter halten. Note 2,0.

Nico Elvedi: Hatte im ersten Durchgang große Schwierigkeiten. Nahezu jeder lange Schlag in seine Richtung erzeugte Gefahr, er leistete sich mehrere Ballverluste aufgrund technischer Defizite. Elvedi bekam keinen Zugriff auf die physisch starken Gegenspieler wie Rebic. Beim 0:1 hätte er mit vernünftigem Timing den Abschluss verhindern können. Nach der Pause, mit nachlassender Konsequenz der Frankfurter, agierte der Schweizer etwas ruhiger und stabiler. Er schaltete sich nun öfter nach vorne ein und zog in der ersten Hälfte der Verlängerung nach innen, kam aber nicht zum Abschluss. In der zweiten Verlängerungshälfte hatte er die große Chance mit links zentral vor dem Tor, der Schuss geriet zu schwach. In der Endphase unterlief ihm ein peinlicher Einwurf ins Seitenaus. Note 4,5.

Andreas Christensen: Wusste in der Anfangsphase nicht so recht, wie ihm geschah, als Frankfurt mit Vehemenz angriff. Hier geriet der Däne gemeinsam mit den Kollegen ins Schwimmen. Als es insgesamt geordneter zuging, ließ er seine Klasse erkennen. Stark, wie er in einem Zweikampf blitzschnell zupackte. Im Spielaufbau weitestgehend solide. Ab der zweiten Halbzeit nur noch vereinzelt gefordert, weil Frankfurt offensiv kaum noch stattfand. Christensen war der erste Fehlschütze des Abends mit einem ganz schlecht geschossenen Elfmeter. Kein Vorwurf an den Dänen, der eine traurige Tradition fortführt: Wieder verlässt ein Spieler Borussia mit einem Fehlschluss im Elfmeterschießen. Note 3,5.

Jannik Vestergaard: In der wilden Anfangsphase zunächst nicht auf der Höhe. Dann beruhigte er etwas durch seine körperliche Präsenz, während sich die Kollegen vor den bissigen Frankfurtern zu verkriechen schienen. Vestergaard zeigte sich im Zweikampf, u.a. mit einer beherzten Grätsche und probierte es im Spielaufbau mehrfach mit Steilpässen. Auch wenn einige nicht ankamen, zeugte das wenigstens von Mut. Im weiteren Verlauf hinten nur noch selten vor wirkliche Aufgaben gestellt, suchte er Lösungen im Spiel nach vorne. Klasse sein Pass innen durch auf Traoré – sowas erwartet man eigentlich von Mittelfeldstrategen. Der Frankfurter Wolf zog sich bei einem intensiven Zweikampf mit Vestergaard wohl einen Schlüsselbeinbruch zu. Eine resolute Grätsche in der 89. Minute brachte ihm Sonderapplaus. Im Elfmeterschießen verwandelte er knallhart und sicher. Note 3,0.

Oscar Wendt: Erstarrte zu Beginn förmlich ob der Frankfurter Herangehensweise und kam nur ganz schwer in die Gänge. Er sah mehrfach nur die Hacken der Gegenspieler und auch bei der Hereingabe von Chandler vor dem 0:1 agierte Wendt eher halbherzig. Im Verlauf der ersten Halbzeit wurde er aggressiver, gleichzeitig stieg der Frustfaktor. Dies führte zu einer berechtigten Gelben Karte und nach einem weiteren Foulspiel stand er an der Grenze zu Gelb-Rot. Die Auswechslung kurz vor der Pause wäre daher vertretbar gewesen, doch Wendt war bei einem von ihm begangenen Foul auf den Ellenbogen gefallen. Wie sich herausstellte, zog sich der Schwede eine Fraktur zu – die Saison ist für ihn beendet. Note 4,0.

Tobias Strobl: Wurde in der ersten Halbzeit durch die Manndeckung der Frankfurter überrascht. Unter Druck ‚pöhlte‘ er viele Bälle auf gut Glück nach vorne und wirkte phasenweise ängstlich bei Ballbesitz. Nach dem Seitenwechsel kam er besser ins Spiel, weil zum einen die Intensität der Frankfurter nachließ, sich zum anderen durch die kompaktere und höhere Staffelung mehr Lösungsmöglichkeiten für einen vernünftigen Aufbau ergaben. Strobl zeigte vorbildlichen Einsatz und war ein unermüdlicher Kämpfer bis zum Ende der 120 Minuten. Beim Elfmeterschießen verwandelte er sicher. Note 3,5.

Mo Dahoud: Ein simpler wie genialer Schachzug von Frankfurts Trainer Nico Kovac nahm Gladbachs Spielgestalter nahezu komplett aus der Partie: Der überaus bissige, aggressive, flinke und vor keiner Einlage zurückschreckende Gacinovic wurde zur Manndeckung auf Dahoud angesetzt. Der bekam kaum Luft zum Atmen, geschweige denn die Zeit, sich den Ball zurechtzulegen. Die Versuche, unter Druck schnell zu spielen, missrieten oft, auch weil das Kombinationsspiel insgesamt nicht funktionierte. So war bis auf den ersten Torschuss, der Hradecky Probleme bereitete, von Dahoud nicht viel zu sehen. Nach der Pause mit mehr Aktionen, aber immer noch mit dem unermüdlichen Gacinovic im Nacken und zudem einer gewissen Nervosität, die ihn schon im Dortmund-Spiel hemmte. Zehn Minuten vor Ende der regulären Spielzeit machte er Platz für Bénes. Note 4,0.

Jonas Hofmann: Kaum sichtbar zu Beginn und auch sein Bemühen, sich zurückfallen zu lassen um Bälle schleppen zu können, endete meist frühzeitig bei einem aggressiven Frankfurter. Kurz vor der Pause bekam er die große Möglichkeit nach dem genialen Abschlag von Sommer, doch er bugsierte den Ball an Hradecky und dem Tor vorbei. In der Nachspielzeit des ersten Durchgangs gelang ihm der Ausgleichstreffer, als er gut durchlief und die Weiterleitung von Hahn handlungsschnell – wenn auch wohl hauchdünn in Abseitsposition - verwertete. Nach der Pause weiter ungemein viel unterwegs, dennoch kam er über Ansätze nicht hinaus. Wie so oft machte er immer noch einen Schlenker oder legte komplett den Rückwärtsgang ein. Im Strafraum versuchte er es nach Herrmann-Ablage mit der Hacke. Zumindest die Idee war nicht schlecht, weil es in der Situation keine besseren Lösungen gab. Zollte seinem riesigen Laufpensum in der Verlängerung Tribut, als er von Krämpfen geplagt ausgewechselt werden musste. Note 4,0.

Ibrahima Traoré: Wirkte in vielen Aktionen hektisch, so dass der Ball mehrfach unkontrolliert ‚flipperte‘. Konnte zudem seine Schnelligkeit nicht ausspielen, da die Frankfurter meist auf der Höhe waren. Eine halbe Torchance hatte er, als er nach innen zog. Traoré tauschte einige Male die Seiten mit Hofmann. Den Ausgleich bereitete er so vor, als er von links flankte. In der zweiten Halbzeit war zwar mehr Struktur im Gladbacher Spiel, viele Räume ergaben sich für Traoré nicht. Er versuchte, etwas zu inszenieren, vermochte sich allerdings nicht entscheidend durchzusetzen. Nach 90 Minuten wurde er durch Herrmann ersetzt. Note 4,0.

Lars Stindl: Fand im ersten Durchgang kaum Bindung, weil die Frankfurter ihn besonders aufmerksam stellten. Auf engem Raum konnte er sich und seine Mitspieler nur selten in Szene setzen. Mit zunehmender Spieldauer hatte er seine Momente, u.a. den typischen ‚Schiebe-Schuss‘, der tückisch aufsetzte und dennoch von Hradecky pariert werden konnte. Ging in der Schlussphase und der Verlängerung voran, weil er unbedingt das Elfmeterschießen vermeiden wollte. Dort trat er als erster Schütze an und verwandelte sicher. Note 4,0.

André Hahn: Zeigte sich von der Frankfurter Aggressivität nicht sonderlich beeindruckt und hielt seinerseits mit ‚Männerfußball‘ dagegen. Einsatz und Zweikampfverhalten waren zu loben, auch weil er sehr darum bemüht war, keine dummen ‚Remplerfouls‘ zu machen. Trotzdem sah er für ein unabsichtliches Foulspiel die gelbe Karte. Hahn schmiss sich rein, gewann viele Kopfballduelle und versteckte sich in keiner Phase. Er rieb sich in vielen Zweikämpfen auf, aber ließ sich nicht einschüchtern. Gab mit seiner Kopfballverlängerung den Assist zum Ausgleich und drosch den Elfmeter souverän ins Tor. Note 3,5.

Nico Schulz: Kam kurz vor der Pause für Wendt und konnte seine Chance durchaus nutzen. Es kam ihm natürlich zugute, dass Frankfurt ab der zweiten Halbzeit offensiv nur sehr dosiert stattfand und er munter mit nach vorne laufen konnte. Das gelang dem Ex-Herthaner mit mehreren Turboantritten. Er war ein belebendes Element mit viel Dynamik. Sah Gelb, als er mit gestrecktem Bein attackierte, aber den Ball traf. Schulz sollte Wendt in den verbleibenden Partien gut vertreten können. Note 3,0.

Laszlo Bénes: Ersetzte Dahoud und machte seine Sache wieder sehr ordentlich. Gleichwohl wäre es falsch, ihn zum großen Heilsbringer hochzustilisieren. Bénes spielte mit Mut, ohne dabei unnötiges Risiko zu gehen. Seine Standards waren ansprechend. Im Elfmeterschießen ohne Nerven hoch unters Dach. Ohne Note.

Patrick Herrmann: Ersetzte Traoré mit Beginn der Nachspielzeit. Er kam gut rein, spielte saubere Pässe und die Ballannehmen waren gelungen. Bereitete zweimal gut vor, leider blieb der Abschluss aus. Beim Elfmeter guckte er den Torwart aus und verwandelte cool. Ohne Note.

Djibril Sow: In der Verlängerung für den krampfgeplagten Hofmann ins Rennen geschickt. Der erste Ball landete im Seitenaus, einmal wurde er gefoult bei einem Richtungswechsel. In der 120. Minute lief er Hrgota noch ab, der den Siegtreffer auf dem Fuß hatte. Wurde leider zur tragischen Figur beim Elfmeterschießen, wobei der nicht so schlecht geschossen war. Ohne Note.

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