Nach der Auftaktniederlage gegen Frankreich mussten Joachim Löw und seinen Mannen gegen Portugal liefern – und sie taten es. Dabei überraschte Löw die vielen Bundestrainer im Lande mit seiner Aufstellung: Er veränderte gegenüber der Anfangself aus dem ersten Spiel überhaupt nichts. Das hätten wohl die wenigsten Experten erwartet, doch Löws Sturheit wurde an diesem Abend in München belohnt.
Ausschlaggebend war, dass Startelf und System zwar unverändert waren, die Interpretation aber entscheidend anders ausfiel. Deutschland agierte deutlich höher – Kroos im Mittelfeld sei hier exemplarisch erwähnt – und auch Matthias Ginter hatte einen entscheidenden Anteil an der gelungenen ersten Halbzeit. Der Borusse spielte in der Dreierkette rechts, schob sich aber von Beginn an weit mit nach vorne. Die Portugiesen mussten verstärkt auf die rechte deutsche Seite verschieben, was links insbesondere für Gosens Freiraum brachte.
Deutschland ließ sich nicht aus dem Konzept bringen
Ginter gab die Flanke zum vermeintlichen frühen 1:0 durch Gosens, das leider aufgrund einer Abseitsstellung von Gnabry vom VAR zurecht wieder einkassiert wurde (5.). Auch in der Folgezeit war Ginter sehr offensiv und spielte mehrere gute Bälle – ehe er nach 15 Minuten gemeinsam mit den Kollegen eine eiskalte Dusche über sich ergehen lassen musste. Nach einer abgewehrten deutschen Ecke stimmte die Konterabsicherung nicht, was Portugal schulbuchmäßig ausnutzte – Ronaldo markierte nach dem Schnellangriff über drei Stationen den Führungstreffer.
Positiv aus deutscher Sicht, dass man sich von diesem Gegentor nicht aus dem Konzept bringen ließ. Es wurde weiter mit der nötigen Passschärfe kombiniert, mit Positionsrochaden für Verwirrung gesorgt und Eins-gegen-Eins-Duelle gesucht und gewonnen. Das war teilweise sehr gut anzusehen und mündete schließlich in den zwei Eigentoren der Portugiesen, welche die Deutschen regelrecht erzwangen.
Matthias Ginter festigt seine Position
Nach der Pause agierte die DFB-Elf angesichts der Führung weniger forsch, was sich auch an der Positionierung von Matthias Ginter zeigte. Der Gladbacher war nun auf dem Weg nach vorne deutlich zurückhaltender. Portugal musste zwangsweise etwas mehr tun, was der DFB-Elf erstmals in diesem Turnier Räume öffnete, die sie - auch das ist lobend zu erwähnen – klug bespielte. Nach einer Stunde stand es 4:1, was mehr als nur eine Vorentscheidung war. Allerdings gelang es den Portugiesen danach, die eine oder andere Schwachstelle im deutschen Defensivverbund offenzulegen.
Daraus resultierte nicht nur der zweite Treffer, sondern es gab auch mehrere Situationen, die ins Auge hätte gehen können. Das sollte Warnung genug sein, es mit der Euphorie nicht zu übertreiben. Dennoch war es unter dem Strich ein nicht unbedingt zu erwartender sehr guter und teilweise mitreißender Auftritt der Nationalelf. Matthias Ginter festigte dabei seine Position innerhalb er Mannschaft mit einer auffällig offensiven ersten Halbzeit und einem kontrolliert konsequenten zweiten Durchgang – inklusive einiger Rettungsaktionen. Dem 27-Jährigen dürfte im abschließenden Gruppenspiel gegen Ungarn (Mittwoch, 21 Uhr) ein Startelfplatz sicher sein. Anders sieht es bei Florian Neuhaus aus, der auch gegen Portugal 90 Minuten auf der Bank saß. Der weiterhin nur dosiert trainierende Jonas Hofmann (Knieverletzung) verfolgte die Partie von der Tribüne aus.
von Redaktion TORfabrik.de