Es gab Zeiten, da eroberten die Gladbacher Borussen das Dortmunder Westfalenstadion regelmäßig im Sturm. Doch die 80er-Jahre verblassen immer mehr in der Erinnerung, und spätestens seit der Jahrtausendwende sind die Gastspiele der Fohlenelf in Dortmund kein Vergnügen.
Es gab eine lange Durstrecke, die im März 2014 ihr Ende fand. Doch danach begann eine neue Minusserie, die bis heute anhält. Grund genug also, nochmals auf den ‚Ausreißer‘ vor 11 Jahren zurückzublicken. Damals unter Trainer Lucien Favre war die Situation auch nicht gerade rosig – der Sieg in Dortmund Mitte März war der erste Dreier im Jahr 2014.
Kurzstatistik zum Spiel:
Borussia Dortmund: Weidenfeller – Piszczek (67. Ducksch), Sokratis, Hummels, Schmelzer–Kehl (63. Jojic), Sahin – Aubameyang (82. Schieber), Hofmann, Großkreutz – Lewandowski
Borussia Mönchengladbach: ter Stegen – Korb, Stranzl, Domínguez, Daems – Nordtveit, Kramer –Herrmann (79. Rupp), Arango – Raffael (89. Brouwers), Kruse (74. Marx)
weiter im Kader: Heimeroth (ETW), Mlapa, Younes, Hrgota
Tore: 0:1 Raffael (31.), 0:2 Kruse (40.), 1:2 Jojic (77.)
Gelbe Karten: Lewandowski - Nordtveit
Gelb-Rote-Karte: Nordtveit (70.)
Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberaspach)
Zuschauer: 80.645 (ausverkauft)
Nach einer ausgesprochen erfolgreichen Hinrunde gerieten die Borussen in den ersten Partien der Rückrunde von einer Ergebniskrise in einen Abwärtsstrudel. Kurz vor der Partie in Dortmund wurde der Vertrag von Trainer Lucien Favre vorzeitig verlängert und mit dem Sieg im Westfalenstadion ein dickes Ausrufezeichen gesetzt.
Der Schlüssel zum Erfolg war seinerzeit die mannschaftliche Geschlossenheit, und die wird auch die Grundlage sein müssen, wenn Borussia irgendwann einmal wieder drei Punkte aus Dortmund mitnehmen will.
Um ein wenig in Erinnerungen zu schwelgen – die Einzelkritik aus März 2014:
Ein Erfolg der ganzen Mannschaft
Borussia Mönchengladbach überzeugte beim Auswärtssieg in Dortmund vor allem durch die mannschaftliche Geschlossenheit. Sie war die Basis für den ersten Sieg im Jahr 2014, wie auch die Einzelkritik belegt.
Marc-André ter Stegen: Eine starke Leistung von Borussias Keeper, lediglich der etwas zu kurz geratene Pass auf Daems in der Anfangsphase war zu bemängeln. Ansonsten als mitspielender Torwart sicher und aufmerksam, zudem mit guten Abwürfen. So der weite und präzise Wurf auf Raffael vor dessen Tor. Bärenstark seine Rettungstat gegen Hummels und bei einem Kopfball aus Abseitsposition. Die Parade des Spiels zeigte er nach der Pause gegen Lewandowski. Beim Tor machtlos, weil der Ball abgefälscht wurde. Zu Recht wurde die Attacke von Lewandowski gegen ihn im Fünfmeterraum geahndet. Note 1,5.
Julian Korb: Mit klaren Aktionen und meist sicheren Pässen überzeugte der Rechtsverteidiger über weite Strecken der Partie. Korb verlor selten den Überblick und behielt auch am Ball unter Druck die Nerven und machte keine unvernünftigen Dinge. Zwar kamen nicht alle Zuspiele an, doch mehrfach stand seine besonnene und saubere Eröffnung über die Seite an der Basis für die eigenen Angriffsaktionen. Hatte meist Tuchfühlung zum Gegenspieler, ohne jedoch überhastet zu Werke zu gehen. Im Stellungsspiel nicht immer vollends auf der Höhe, so als er sich gemeinsam mit Stranzl ausspielen ließ (HZ 1) oder einen Kopfball zuließ, weil er zu weit eingerückt war (HZ2). Note 2,5.
Martin Stranzl: Um die Bezeichnung ‚Turm in der Schlacht‘ kommt man nicht herum, vor allem wenn es gilt, die Leistung von Stranzl während der letzten zwanzig Minuten in Unterzahl zu beurteilen. Besonders dort ragte er mit seinem kämpferischen Einsatz heraus. Zwar köpfte er nach einer Ecke den Ball vor die Füße von Jojic, aber insoweit kann man Stranzl keinen Vorwurf machen. Zu bemängeln gibt es zwei, drei unnötige Fouls als er rausrückte, wobei es fraglos kompliziert ist, in derartigen Drucksituationen immer die richtige Entscheidung zu treffen. Note 2,5.
Álvaro Dominguez: Bildete ein sehr stabiles Duo mit Stranzl und räumte einiges ab. Sehr bissig und kompromisslos in den Zweikämpfen, stets mit hartem, aber fairen Körperkontakt. Wichtig, dass er keine dummen Fouls beging, sondern sich im Griff hatte. Im Spielaufbau solide. Auffällig, dass er bei Schüssen im Strafraum extrem früh die Hände hinter den Rücken nahm – die gegen ihn verhängten Handelfmeter wirken immer noch nach. Pech hatte er beim Anschlusstreffer, als der den Schuss unhaltbar für ter Stegen abfälschte. Note 2,5.
Filip Daems: Eine klasse Partie des Linksverteidigers, vor allem vor der Pause. Er überzeugte mit ausgezeichnetem Stellungsspiel und entschied alle relevanten persönlichen Duelle für sich. Keine Spur von Nervosität und sehr spritzig in den Laufduellen. Man hatte nicht das Gefühl, dass Aubameyang nennenswerte Schnelligkeitsvorteile hätte. Auch im Spiel nach vorne war Daems beteiligt, wobei ein misslungener Haken in der Vorwärtsbewegung einen gefährlichen Ballverlust zur Folge hatte. Etwas Glück hatte Borussias Kapitän, dass der Schiedsrichter keinen Handelfmeter pfiff, als er aus kurzer Distanz angeschossen wurde. Dass er liegen blieb wie nach einem Volltreffer am Kinn und sich behandeln ließ, war einerseits keine Bewerbung für den Fair-Play-Preis, andererseits in dieser Situation hilfreich. Note 2,0.
Håvard Nordtveit: Schloss sehr fleißig die Räume und verrichtete zusammen mit Kramer und dem gesamten Abwehrverbund defensiv einen guten Job. Kämpferisch war Nordtveit vorbildlich, doch sobald das Tempo angezogen wurde, wirkte er mehrfach überfordert. Er war sehr oft am Ball, agierte jedoch ziemlich träge im Umschaltspiel. Leistete seiner Mannschaft mit dem Platzverweis einen echten Bärendienst. Das Ballwegschlagen war albern und dass er sich danach nicht im Griff hatte, schlichtweg unprofessionell. Damit brachte er sein Team fast um die Früchte der Arbeit. Zu seinem Glück reichte es auch in Unterzahl zum Sieg. Sein Verhalten ist dennoch nicht zu entschuldigen. Note 4,5.
Christoph Kramer: Unermüdlicher Kilometerfresser im Mittelfeld und vor allem in der ersten Halbzeit ein echter Antreiber. Er spielte einige gute Bälle, u.a. in den Lauf von Herrmann. Allerdings unterlief ihm auch ein grober Ballverlust in der Vorwärtsbewegung, als er ein Solo starten wollte. Defensiv lief er vieles ab und hatte den richtigen Radar für vertikale Bälle der Dortmunder. Ließ sich auch von einem kurzzeitig ausgerenkten Daumen nicht aus der Bahn werfen. Nach hinten heraus hatte Kramer noch Benzin im Tank und brachte mit seiner Aktion gegen mehrere Dortmunder in der Nachspielzeit Klopp zur Weißglut. Note 3,0.
Patrick Hermann: Sorgte mit seiner Schnelligkeit für einigen Wirbel und stiftete Verwirrung bei den Dortmundern. Hatte die erste Gelegenheit, als er mit etwas zu viel Außenrist knapp vorbeischoss. Kurz darauf zog er nach innen und hatte eigentlich eine freie Schusschance, doch er drosch den Ball drüber. Den Führungstreffer von Raffael bereitete er mit etwas Glück vor, aber zumindest war er gut durchgelaufen. Auch beim zweiten Tor dabei, als er energisch antrat und dann trotz Foulspiel noch gut auf Arango weiterleitete. Solche Situationen zeigen, dass in Herrmann noch viel mehr Potenzial steckt, wenn er den Mumm hat, Aktionen zu starten und sie durchzuziehen. Auch in Dortmund ließ er diesbezüglich einiges liegen, weil die letzte Klarheit und Zielstrebigkeit fehlten. Pech hatte er bei der Volleyabnahme nach Kruse-Hereingabe. Wurde kurz nach dem Anschlusstreffer durch Rupp ersetzt. Note 3,0.
Juan Arango: Es war nicht die große Arango-Show, sondern vor allem eine sehr mannschaftsdienliche Leistung des Venezolaners. Glänzend war seine perfekte Weiterleitung auf Kruse vor dem 0:2, sowie einige Ballannahmen, die für andere unmöglich sind. Nach der Pause kam er einige Male über rechts, wo er sich mehrfach gut befreite und u.a. Kruse vor der Herrmann-Volleychance auf die Reise schickte. In Unterzahl zog er geschickt Fouls, die Zeit brachten. Läuferisch ging Arango mit über 11 Kilometern bis an oder gar über seine Schmerzgrenze. In der Nachspielzeit lief er unter sichtlichen Qualen im Sprint über den ganzen Platz nach hinten. Note 3,0.
Raffael: Auch wenn er sich zunächst nicht immer durchsetzen konnte, blieb Raffael von Beginn an sehr beweglich und wurde mit zunehmender Spieldauer immer kreativer. Seine Drehungen und Wendungen im höchsten Tempo sorgten mehrfach für Probleme bei den Dortmundern. Raffael machte das Beste aus der nicht genauen Hereingabe von Herrmann und stolperte bzw. „stoppte“ den Ball ins Tor. Beim zweiten Treffer an der Seitenlinie mit seinem technischen Kabinettpass an der Basis des Angriffs. Raffael führte auffällig viele Zweikämpfe und entschied die Mehrzahl für sich. Übernahm schon die Sechserposition als Kramer behandelt wurde und dann definitiv nach dem Platzverweis von Nordtveit. Note 2,0.
Max Kruse: Spielte nicht wesentlich anders als zuletzt, krönte seine Leistung jetzt jedoch mit dem Tor. Der doppelte Haken gegen Pisczek und Weidenfeller war zum Zungenschnalzen. Darüber hinaus beschäftigte er seine Gegenspieler ordentlich, gab keinen Ball verloren. Kruse kippte oft ab, um die Mitte zu schließen und Pässe ins Zentrum zu verhindern, was mit großer Laufbereitschaft einherging. Nach der Pause zog er einmal gut von links nach innen und gab einen Rechtsschuss ab. Bereite Herrmanns Volleyabnahme mit einer Maßflanke vor. Wurde dann bei Unterzahl gegen Marx ausgewechselt. Note 2,5.
Thorben Marx: Kam bei Unterzahl in einer ganz heiklen Phase in die Partie. Diese äußerst undankbare Aufgabe meisterte der Routinier trotz fehlender Spielpraxis mit Bravour. Er fightete, behielt die Ruhe und agierte auch unter Druck nicht panisch. Ohne Note.
Lukas Rupp: Kam für Herrmann und half, die Räume zu schließen. Bei den wenigen Entlastungsspielzügen beteiligt. Tat sich einmal sehr schwer mit dem Zurücklaufen und schleppte sich erstaunlicherweise über den Platz. Dabei war er da gerade mal zehn Minuten dabei. Ohne Note.
Roel Brouwers: Dortmund hatte Schieber gebracht und Hummels nach vorne beordert, so dass gegen die BvB-Brechstange in den Schlusssekunden Größe und Kopfballstärke gefragt waren, die Brouwers noch einbrachte. Ohne Note.