Unerklärliche Niederlage in Köln

Rätselhafte Derbypleite

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Leere Blicke nach der Derbypleite (Foto: Dean Mouhtaropoulos / Bongarts / Getty Images)

Leere Blicke nach der Derbypleite (Foto: Dean Mouhtaropoulos / Bongarts / Getty Images)

Noch weit nach Schlusspfiff blickten die Gladbacher Borussen ähnlich ratslos drein, wie in den 95 Minuten zuvor auf dem Platz. Was da in Müngersdorf passiert ist, blieb äußerst rätselhaft.

Was hatten sie nicht alles erzählt im Vorfeld des Derbys zum Rückrundenauftakt. Von der Bedeutung des Spiels, vom unbedingten Willen, sich keine Blöße zu geben und sich den vermutlich kratzenden und beißenden Überlebenskämpfern aus Köln entgegenstemmen zu wollen. Und was passierte dann?

»Wir waren ganz gut im Spiel, haben nach hinten nichts zugelassen und hatten die Ball- und Spielkontrolle«, sagte Dieter Hecking später. Das war allerdings auch keine Kunst gegen einen Gegner, der sich komplett abwartend verhielt. »Wir haben gewusst, dass Köln sehr kompakt steht und nicht auf Ballbesitz geht«, unterstrich Vincenzo Grifo die These, dass sich genau die Art von Spiel entwickelte, mit der zu rechnen war.

»Wir hatten Ballbesitz und das Spiel so im Griff«, führte Grifo weiter aus. Es war allerdings nur eine Scheinüberlegenheit, weil die Borussen den Ball nur in der neutralen Zone beherrschten. »Wir haben den Ball kontrolliert, ohne mal so richtig in torgefährliche Situationen zu kommen«, bestätigte Hecking. »Wir haben gespielt, gespielt, gespielt.«

Mit den halbherzigen Bemühungen sorgten die Borussen dafür, dass die spürbar verunsicherten Kölner Boden unter die Füße bekamen. »Und dann schlafen wir bei einer Standardsituation«, ärgerte sich Hecking. Jannik Vestergaard verschätzte sich komplett gegen Sörensen und schenkte seinem Landsmann den Führungstreffer. Ein Gegentor wie aus dem Nichts und gleichzeitig eine schwere Hypothek für die zweite Halbzeit.

»Wir haben dann mit Raffael einen Spieler gebracht, der sich in den engen Räumen gut bewegen kann«, führte Hecking aus. »Jeder hat gesehen, dass das aufgegangen ist.« Tatsächlich sorgte der Brasilianer mit seinen Aktionen dafür, dass Kölns Defensive endlich gefordert wurde. Prompt wurde deutlich, wie anfällig der FC ist.

Der Ausgleich durch Raffael war folgerichtig und überfällig. Doch was passierte dann? »Danach wurde es richtig wild«, so Hecking. »Ich hätte mir gewünscht, dass wir in dieser Phase mehr Ballkontrolle gehabt hätten.« Doch weit gefehlt. Die Kölner schalteten nun in den vorher angekündigten ›Endspiel-Modus‹ und spielten Alles oder Nichts.

Die Borussen sahen sich plötzlich defensiv gefordert und gerieten mehrfach in arge Bedrängnis. Auf der anderen Seite eröffneten sich Räume für Kontergelegenheiten ohne Ende. »Beim Stand von 1:1 müssen wir das Tor machen, wir hatten genügend Möglichkeiten«, sagte Lars Stindl. »Es ist wirklich top, wie wir die Chancen rausspielen. Aber die müssen wir auch nutzen, wenn wir den nächsten Schritt machen wollen.«

Wieder einmal fehlten Konsequenz und Kaltschnäuzigkeit im Abschluss. Bezeichnend, dass dem Knockout in der 95. Minute ein Ballverlust durch einen törichten Hackentrick von Hazard vorausging. »Allerdings am gegnerischen Sechzehner«, schränkte Hecking ein. »Das waren achtzig Meter von unserem Tor weg, das kann man immer noch verteidigen.« Man ja - aber nicht die Borussen an diesem Nachmittag. Elvedi ließ Rausch alle Zeit der Welt zu flanken, im Zentrum war Vestergaard viel zu weit weg von Terodde. Der Ex-Stuttgarter machte es zugegebenermaßen richtig stark, dennoch war das Gladbacher Abwehrverhalten unentschuldbar.

»Das ist eine total unnötige Niederlage«, so Hecking. »Mit dem Punkt hätte ich leben können, aber mit der Niederlage nicht.« Doch das war nicht zu ändern, auch weil Schiedsrichter Felix Zwayer den Borussen in der 86. Minute einen Foulelfmeter verwehrte. »Wenn das kein Elfmeter war, dann weiß ich es auch nicht«, ereiferte sich der eingewechselte Jonas Hofmann, der bei seinem Schuss vom heranrauschenden Jorge Meré getroffen wurde. Der Kölner kam deutlich zu spät und traf nur den Mann. Doch Zwayer blieb bei seiner Entscheidung auf Abstoß - auch nachdem er sich die Bilder angeschaut hatte.

Diese Regelauslegung war ein Mosaikstein bei einem total verkorksten Nachmittag in Müngersdorf. Dennoch hätten die Borussen überhaupt nicht auf die Gunst des Schiedsrichters hoffen müssen, wenn sie das Derby als solches angenommen und den vielen Worten der letzten Tage Taten hätten folgen lassen. So haben die Gladbacher dem biederen FC mit dem Pseudo-Fußball vor der Pause, dem Kopflos-Fußball nach dem 1:1 und dem kindischen Abwehrverhalten in den Schlüsselszenen den Derbysieg geschenkt.

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