Einzelkritik: Borussia Mönchengladbach - Borussia Dortmund 1:3 (0:1)

Ohne Netz und doppelten Boden

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Raffael erzielte ein sehenswertes Tor (Foto: Olaf Kozany / TORfabrik.de)

Raffael erzielte ein sehenswertes Tor (Foto: Olaf Kozany / TORfabrik.de)

Borussia Mönchengladbach versuchte gegen Dortmund einen gewagten Balanceakt ohne Netz und doppelten Boden. Am Ende scheiterte die Fohlenelf aufgrund individueller Fehler und einer problematischen defensiven Grundordnung.

Yann Sommer: Borussias Keeper bekam fünf Schüsse auf seinen Kasten - einer klatschte an die Latte, drei waren drin. Bei allen Gegentoren war der Schweizer machtlos, obwohl die lange Ecke beim Reus-Treffer ziemlich weit offen stand. Bei der Zufallschance von Aubameyang im ersten Durchgang reagierte er herausragend. Ansonsten vor allem als Anspielstation gefragt, um den langen Ball zu schlagen. Das machte er - einen groben Fehlpass ausgenommen - ordentlich. Dass einiges beim Gegner landete, war offensichtlich einkalkuliert, um auf den zweiten Ball zu gehen. Note 3,5.

Julian Korb: Hatte die meisten Ballkontakte auf Gladbacher Seite, doch viel wusste er daraus nicht zu machen. Er bekam wenig Raum, wenn er am Ball war. Korb war offensiv zwar da, aber doch nicht vorhanden. Defensiv machte er die nötigen weiten Wege, doch es fehlte der rechte Zugriff im Zweikampf. Vor dem 0:2 tummelte er sich in vorderster Front und machte sich erst gar nicht auf den Weg zurück. Beim dritten Dortmunder Tor war er zwar hinten, reagierte aber zu spät auf die Hereingabe zu Gündogan. Ganz schwach war Korbs Verhalten bei der Entstehung der Riesenkonterchance von Aubameyang, als er in der gegnerischen Hälfte nur einen Alibizweikampf gegen den ballführenden Durm führte. Note 4,5.

Andreas Christensen: Löste sich nach der Raffael-Ecke in der Anfangsphase hervorragend von seinem Gegenspieler, der Kopfball aus sechs Metern streifte die Latte. Auch wenn sicher Pech dabei war - so ein Ball muss aufs Tor gehen. Christensen verteidigte zumindest teilweise aktiv und kam so zu einigen Balleroberungen. Im Aufbauspiel mit ungewohnt vielen langen Bällen, die ein stückweit geplant waren (siehe Sommer) und beim Gegner landeten. Note 3,5.

Nico Elvedi: Überraschend als linker Innenverteidiger aufgeboten. Der junge Schweizer wirkte ausgesprochen zittrig am Ball und spielte einige komplett verunglückte Pässe. Er war an den entscheidenden Situationen der Partie maßgeblich beteiligt. Beim 0:1 wurde er offensichtlich vom Pass auf Reus überrascht, jedenfalls verfiel er in eine kurze Schockstarre und hatte danach keine Chance mehr, Reus noch einzufangen. Vor dem 0:2 verpasste er die Möglichkeit, Passgeber Reus zu stören und eskortierte ihn stattdessen gemeinsam mit Nordtveit. Auch wenn Elvedi noch einen gewissen ›Welpenschutz‹ genießt und man ihm Fehler zugestehen muss: Dass er vor dem 1:3 geistig komplett abschaltete, in den Strafraum trabte und Gündogan überhaupt nicht registrierte, ist mit Unerfahrenheit allein nicht zu entschuldigen. Note 5,0.

Oscar Wendt: Hatte in der Defensive einige Schwierigkeiten überhaupt in den Zweikampf zu kommen. Dortmund konnte sich in der ersten Halbzeit mehrfach wirkungsvoll über die linke Gladbacher Seite durchsetzen, auch weil Wendt und Johnson lange nicht so harmonierten wie gewohnt. Im Spiel nach vorne vor der Pause mit einem Schuss gefährlich, seine Flankenversuche wurden geblockt. Nach dem Wechsel mit mehreren Vorstößen, die zumindest im Ansatz gefährlich waren. Musste mehrfach in Kontersituationen hinter den Dortmundern herhetzen, weil die Absicherung fehlte. Note 4,0.

Håvard Nordtveit: Führte die Mannschaft als Kapitän an und beackerte von Beginn an das Mittelfeld mit großer Leidenschaft. Hatte es vor allem mit Castro zu tun und war ansonsten auffällig oft im Kopfballspiel gefordert. Dortmund überspielte gerade in der ersten halben Stunde die Pressinglinie der Borussen mit hohen Bällen ins Halbfeld, die Nordtveit - bis auf zwei Fehler beim Timing - häufig per Kopf abräumte. Leider landete die Kugel (sehr) oft beim Gegner, der damit den gewünschten ›zweiten Ball‹ erhielt. Im Spiel nach vorne mit vielen langen Pässen ohne Adressaten. Beim 0:2 lief er noch rechtzeitig zurück, war jedoch nur fixiert auf den ballführenden Reus, ohne diesen im Verbund mit Elvedi zu stellen. Schließlich machte er dem Ex-Kollegen noch die Tür auf zum Pass auf Mkhitaryan. Note 4,5.

Mo Dahoud: In den meisten Szenen sehr ballsicher und mit guten Lösungen gegen das Pressing der Dortmunder. Hier hat Dahoud Fortschritte gemacht - er weiß seinen Körper nun besser einzusetzen. Die fußballerische Komponente im Mittelfeld kam von Dahoud: Ein feiner Pass in den Lauf von Johnson oder der tolle Steilpass auf Traoré, der leider im Abseits war. Er lief wieder ungemein viel (11,2 Kilometer in 80 Minuten), dennoch konnte er die Riesenlöcher nicht stopfen. Beim ersten Dortmunder Tor lief er mit Johnson im ›toten Raum‹, so dass Gündogan alle Freiheiten hatte. Vor dem 1:3 verlor er den Ball, weil er aus der Umzingelung nicht mehr herauskam. Zum Verhängnis wurde ihm dieser Ballverlust, weil die Aktion ohne Absicherung erfolgte. Note 4,0.

Ibrahima Traoré: Startete sehr quirlig und mit viel Schwung, wobei er schon fast etwas übermütig wirkte. Er hatte eine Schusschance nach schöner Kombination und spielte den etwas zu scharfen Pass auf Raffael. In der ersten halben Stunde auch defensiv aufmerksam und einige Male eine wichtige Hilfe für Korb. Hatte direkt nach Wiederbeginn die Großchance zum Ausgleich, als ihm der Ball etwas zu weit vom Fuß sprang, er einen Tick zu lange brauchte und Bürki anschoss. Kurz darauf unterlief ihm der Ballverlust, der den Konter zum 0:2 ermöglichte. Dies sollte einem Offensivspieler, dessen Stärke das Risiko-Dribbling ist, mal passieren dürfen. Das in dieser Szene sperrangelweit offene Scheunentor war der Knackpunkt. Note 4,0.

Fabian Johnson: Nach einer Reihe starker Spiele fand der US-Nationalspieler gegen Dortmund kaum statt. Er hatte die wenigsten Ballkontakte (35), weil zum einen die Dortmunder die Räume für seine Antritte aus der Tiefe zustellten und Johnson zum anderen durch die vielen langen Bälle aus dem Spiel genommen wurde. So blieben seine offensiven Speerstiche Mangelware. In der Rückwärtsbewegung mit sichtlichen Abstimmungsproblemen mit Wendt und Dahoud, was nicht nur beim 0:1 deutlich wurde. Note 4,5.

Raffael: In den letzten Partien war es die Offensivwaffe der Borussia: Raffael, der kurz hinter der Mittellinie mit Ball am Fuß loszieht und unaufhaltsam Richtung Strafraum läuft. Die Dortmunder hatten jedoch ihre Hausaufgaben gemacht und ließen Raffael in diesen Szenen keinen Raum. Zu dritt attackierten sie den Brasilianer, der gar nicht dazu kam, Tempo aufzunehmen. Er konnte sich kaum durchsetzen und war auch beim Versuch, zweite Bälle gegen Hummels & Co zu sichern, oft auf verlorenem Posten. Zweikämpfe entschied er nur ganz wenige für sich. Dennoch war er bei allen gefährlichen Offensivaktionen involviert und erzielte ein herausragendes Tor, als er sich den Ball mit der Sohle selber vorlegte. Note 3,5.

Lars Stindl: Holte zunächst mit viel Einsatz einige Einwürfe und eine Ecke heraus. Stindl war wieder der laufstärkste Gladbacher und rieb sich mit vielen Läufen auf. Da die Borussen zwar hoch standen, aber nur selten konsequent pressten, war Stindl oftmals auf verlorenem Posten, wenn er Hummels oder Sokratis alleine anlief. Blieb jedoch unermüdlich, hätte fast mit langem Bein nach dem Wendt-Schuss getroffen und gab die Vorlage zum Tor von Raffael. Missglückt dagegen der Nachschuss nach der Traoré-Chance, als er von der Strafraumgrenze deutlich verzog. Note 3,5.

Martin Hinteregger: Gab sein Debüt zehn Minuten vor Schluss in einer bereits entschiedenen Partie. Konnte nicht mehr nachhaltig auf sich aufmerksam machen. Ohne Note.

Jonas Hofmann: Auch für ihn eine 10-minütige Premierenvorstellung. Hatte eine relativ gute Möglichkeit, als er flach am Tor vorbei schoss. Ohne Note.

Josip Drmić: Kam in der zweiten Minute der Nachspielzeit ... Ohne Note.

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