Naive Borussen ohne defensive Ordnung

Nico Elvedi: Schwer vorstellbar, aber Elvedi toppte seine Minus-Leistung aus der Vorwoche gegen Wolfsburg im negativen Sinne. Es fing schon damit an, dass er sich nach 20 Sekunden vom ersten Angriff überraschen ließ und sich zu spät zu Lewandowski orientierte. Bei der folgenden Ecke wurde er zwar regelwidrig von Martinez geschubst, dennoch muss er bei der Verteidigung von Standards auch etwas mehr Standfestigkeit an den Tag legen. Beim 0:2 schien Elvedi fasziniert von der Hereingabe und schaute auch beim Rebound von Müller nur bewundernd zu, ohne zu reagieren. Anfängerhaft sein Timing bei der Chance von Lewandowski (22. Minute), wo er einen langen Ball von Neuer komplett falsch einschätzte. Wie sehr Elvedi neben der Spur war, zeigte die Situation in der 39. Minute, als zwar auf Abseits entschieden wurde, er aber den Ball wegköpfen wollte und diesen nicht traf. Kurz darauf rettete er gut per Kopf vor Lewandowski zur Ecke – das war seine beste Aktion. Was ihn beim Fehlpass unmittelbar nach Wiederbeginn geritten hat, bleibt rätselhaft. Beim 1:3 sah Elvedi im Verbund mit Ginter schlecht aus, beim 1:4 orientierte er sich zunächst von Lewandowski weg, ließ diesen unbedrängt köpfen und verfiel er erneut in eine Art Schockstarre, ehe er zu spät reagierte und den ungewollten Assist für Gnabry produzierte. Note 5,0.

Oscar Wendt: Hatte seine Seite defensiv besser im Griff als sein Pendant Lang, was auch an der fleißigen Unterstützung durch Hazard lag. Bei den Gegentoren war Wendt nicht involviert, wobei er beim 1:4 Kimmich ziemlich ungestört flanken ließ. Ansonsten machte Wendt von den vier Mann hinten noch den stabilsten Eindruck. Vorne mit einer perfekten Flanke auf Neuhaus und einem fulminanten Freistoß nach der Pause, der nur um wenige Zentimeter am Winkel vorbeiflog. Das war endlich mal wieder ein Gladbacher Freistoß, der es in sich hatte. Note 4,0.

Christoph Kramer: Wurde schon nach wenigen Sekunden von Pleas Fehlpass auf dem falschen Fuß erwischt, woraus die erste Großchance für Lewandowski entstand. In der Folgezeit war Kramer zwar bemüht, im Mittelfeld Ball und Gegner zu jagen, doch mehrfach rückte er ohne Erfolg raus und öffnete den Bayern damit die Räume in seinem Rücken für deren Umschaltspiel. So entstand u.a. die große Gnabry-Chance zum möglichen 0:3 und weitere gefährliche Konter. Auch wenn der Spielverlauf einen vorwärts orientierten Sechser rechtfertigte, so stand das Risiko der fehlenden Konterabsicherung in keinem Verhältnis zum Ertrag. Laufbereitschaft und Willen waren Kramer nicht abzusprechen, doch in den entscheidenden Momenten agierte er unglücklich. So stocherte er vor dem vorentscheidenden 1:3 im Mittelfeld vergeblich nach dem Ball, den sich Thiago schnappte und den Angriff einleitete. Note 4,5.

Florian Neuhaus: Zeigte im Offensivspiel ein paar gute Ansätze. So schirmte er den Ball geschickt ab, bevor er Lang bediente, der knapp im Abseits war. Später löste er sich gut mit einer Körpertäuschung und brachte sich so in Schussposition, als er den Arm von Boateng traf. Nach Wendt-Flanke missglückte ihm ein Kopfball in aussichtsreicher Position. Darüber hinaus unterliefen Neuhaus einige technische Fehler bei der Ballannahme. In der Defensive fehlte die Bissigkeit, was bei der Entstehung des 0:2 gut zu sehen war. Da ließ er James erst mit einer einfachen Körpertäuschung vorbeiziehen und kam dann aufgrund eines viel zu großen Wendekreises zu spät, um noch einzugreifen. Nach 65 Minuten wurde er von Zakaria abgelöst. Note 4,5.

Jonas Hofmann: Laufstark wie gewohnt und auch darum bemüht, den Pass in die Tiefe zu spielen. Das gelang hervorragend mit dem intelligenten Zuspiel auf Hazard vor dem Anschlusstreffer. In der Rückwärtsbewegung bekam Hofmann wenig Zugriff. Er sucht ja ohnehin nur selten den Zweikampf und sammelt lieber die Bälle ein, doch die Bayern präsentierten sich mit dem nötigen Freiraum als extrem ballsicher und überspielten Hofmanns ‚Zone‘ leichtfüßig. Gehandicapt durch eine zuvor erhaltene Gelbe Karte für ein Halten an Kimmich ließ Hofmann Thiago vor dem vorentscheidenden 1:3 ziehen. Einen Freistoß von halbrechts spielte Hofmann genau in die bayerische Ein-Mann-Mauer. Nach 72 Minuten machte er Platz für Raffael. Note 4,0.

Thorgan Hazard: Tauschte bereits früh mit Plea die Seiten und war der auffälligste Offensivspieler bei Borussia. Hazard war am Ball stets im ‚Initiermodus‘ und stellte die Bayern mit seinen Antritten vor Probleme. Einmal zog er von links nach innen, aber sein Schuss wurde geblockt. Dann spielte er einen Klasse-Pass zur ersten Stindl-Chance und bereitete kurz darauf das Tor mit einem Tunnel-Steckpass mustergültig vor. Lobenswert, dass Hazard nie aufsteckte und selbst bei aussichtslosem Spielstand immer wieder den Bällen hinterherjagte. Seine Defensivarbeit war vorbildlich, weil er mit dem nötigen Biss agierte. Dass ausgerechnet Hazard den (Witz-)Elfmeter verursachte, sagt einiges aus. Noch größere Aussagekraft hat es, dass er wohl auch Borussias bester Verteidiger war. Note 3,0.

Lars Stindl: Auch wenn einige Dinge missglückten – u.a. eine Annahme nach einem Einwurf – war der Kapitän ordentlich im Spiel. Er spielte den guten Steilpass auf Plea und knallte den Ball bei seiner ersten Chance über den Kasten. Die zweite Möglichkeit aus fast identischer Position nutzte er dann mit einem fulminanten Schuss zum Anschlusstreffer. Diese Zielstrebigkeit von Stindl im Abschluss war ein wichtiges Signal für die kommenden Wochen. Kurz vor der Pause unterlief ihm ein Fehlpass bei einer Umschaltmöglichkeit, später spielte er einen feinen Pass in den Lauf von Zakaria. Als Raffael kam, rückte Stindl auf die Achterposition von Hofmann. Note 3,5.

Alassane Plea: Begann sehr unglücklich mit dem Fehlpass in Richtung Kramer nach wenigen Sekunden, woraus die Großchance für Lewandowski resultierte. Plea wechselte früh die Seite mit Hazard. Auch wenn der Franzose noch längst nicht die Präsenz aus der Hinrunde hatte, war er diesmal zumindest ab und zu ins Kombinationsspiel eingebunden. So war er bei der Entstehung des schönen Angriffs vor dem Anschlusstreffer beteiligt. In einer Situation brauchte er zu lange für die Entscheidung zwischen Hereingabe und Abschluss, so dass nur eine Ecke heraussprang. Nach dieser erzielte Plea zwar ein Tor, das aber zurecht wegen Abseits nicht gegeben wurde. Kurz vor der Pause noch mit einem Schuss nach schneller Drehung, der zentral auf Neuer kam. In mehreren Situationen ließ er sich zu einfach vom Ball trennen. In der Rückwärtsbewegung war Plea keine große Hilfe, auch wenn er nicht lauffaul war und nur Kramer und Stindl mehr Kilometer abspulten. Note 4,5.

Denis Zakaria: Kam nach 65 Minuten für Neuhaus und hatte eine gute Torchance, als er flach am langen Pfosten vorbei zielte. In zwei, drei Situationen spielte er seine Dynamik aus und seine körperliche Präsenz hätte der Mannschaft wohl auch von Beginn an gut zu Gesicht gestanden. Mit letztem Einsatz rettete Zakaria gegen Lewandowski nach dem Lang-Aussetzer. Ohne Note.

Raffael: Gab für 18 Minuten sein Comeback nach dem Schlüsselbeinbruch. Die Partie war gelaufen und natürlich war Raffael die lange Pause anzumerken. Ein Verlagerungspass landete im Seitenaus, ein Steilpass im Toraus. Immerhin konnte er mal wieder Bundesligaluft schnuppern. Er wird im Schlussdrittel der Saison gebraucht. Ohne Note.

Fabian Johnson: Ersetzte in der letzten Viertelstunde Michael Lang, übernahm dessen Position auf rechts und machte seine Sache ordentlich, ohne dass er in der längst entschiedenen Partie wirklich gefordert wurde. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik