Einzelkritik: Werder Bremen - Borussia Mönchengladbach 2:1 (1:1)

Greifbare Verunsicherung

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Mo Dahoud war ein keiner Lichtblick (Foto: Team2 Sportphoto)

Mo Dahoud war ein keiner Lichtblick (Foto: Team2 Sportphoto)

Das Gladbacher Spiel hatte in Bremen mehr Defensivstruktur, doch die zahlreichen Fehlpässe sprechen für eine greifbare Verunsicherung. Entsprechend fällt die Einzelkritik aus - jeder Gladbacher schleppte seinen persönlichen Rucksack mit sich herum.

Yann Sommer: Schlug den ersten Ball ins Seitenaus und einmal wurde es etwas gefährlich, als er die Kugel mehr oder weniger auf gut Glück nach vorne spielte. Am 100 km/h-Freistoß von Vestergaard hatte er noch die Fingerspitzen, jedenfalls gab es Eckball. Beim Elfmeter zeigte er dem Schützen die Ecke an, tauchte aber selbst in die andere ab. Beim 2:1 machte er bei der Ecke zunächst einen Schritt vor, entschied sich dann für den Rückweg auf die Linie und vertraute seinen Vorderleuten. Sommer kam, sah, ging und verlor. Verhinderte in der Schlussphase mit einer starken Reaktion gegen den auf ihn zulaufenden Bartels eine frühere Entscheidung. Note 3,0.

Tony Jantschke: Rückte gegenüber der Vorwoche aus der Innenverteidigung wieder raus auf die rechte Seite. Bekam in keiner Phase der Partie die gewohnte Sicherheit in seine Aktionen. Ging zwar ein paar Mal sehr resolut zu Werke um sich Respekt zu verschaffen, doch eigentlich sind solche Aktionen eher untypisch für Jantschke. Auffällig sein unsauberes Passspiel über das gesamte Spiel hinweg. Ein uninspiriert gespielter Querpass ermöglichte die Ujah-Chance. Jantschke war deutlich von Normalform entfernt. Note 4,5.

Roel Brouwers: Saisondebüt für den Niederländer. Gerade zum dritten Mal Vater geworden, sollte er Schulz als ›Papa Roel‹ zur Seite stehen. Das machte er, korrigierte unter anderem den Ballverlust nach dem Sorglos-Dribbling von Schulz. Ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, wenn er angelaufen wurde, und klärte aufmerksam per Kopf am ersten Pfosten zur Ecke, als eine Flanke auf Ujah kam. Im Passspiel gewohnt solide und im Vergleich zu den anderen ›Architekten‹ im Aufbau ohne gravierende Fehler. Eine Mitschuld trifft ihn beim zweiten Tor, als er die Rückwärtsbewegung von Vestergaard unterschätzte und nicht mehr rechtzeitig stören konnte. Note 3,5.

Marvin Schulz: Bekam es zumeist mit Ujah zu tun und musste einiges an Lehrgeld zahlen. Gut seine Torpedo-Rettung, als er in der Luft vor Ujah klärte. Doch insgesamt sehr ›grün‹ in den Zweikämpfen, auf die es ankam. Ein paar Mal wurde er von Ujah verladen, in der einen oder anderen Situation musste er sich mit einem Foul behelfen. Ujah benötigte keine fußballerische Raffinesse, sondern setzte einfach seinen Körper geschickt ein. So auch beim Elfmeter, als Schulz Ujah quasi einlud, sein Bein zu touchieren und abzuheben. Zweimal dribbelte Schulz nach vorne und produzierte Ballverluste mit Ansage. Note 4,5.

Oscar Wendt: Ein äußerst wechselhafter Auftritt des Schweden. Immer wieder spielte er regelrecht schlampige Pässe in die Füße des Gegners oder ins Aus, selbst wenn er nicht mal im Ansatz unter Druck gesetzt wurde. Das war teilweise unterirdisch. Kein Wunder, dass der Schwede die Fehlpassstatistik in Bremen mit großem Vorsprung anführte. Andererseits sorgte er im Spiel nach vorne mit ein paar pfiffigen Sololäufen für Belebung und stemmte sich sichtlich gegen die Niederlage. Bei der Raffael-Hereingabe fast in Mittelstürmerposition an den Ball gekommen. Zudem hatte er Pech mit einem Rechts-Volley, der geblockt wurde, woraus der Bartels-Konter entstand. Hier aber kein Vorwurf an Wendt. Insgesamt im Spiel nach vorne meist diagonal nach innen orientiert und weniger bis zur Grundlinie auf der Seite geblieben. Note 4,0.

Håvard Nordtveit: Saisondebüt für den Norweger nach der verbüßten Rotsperre. Ordnete sich neben Xhaka im defensiven Mittelfeld ein, was insgesamt sichtlich besser passte, als in den ersten beiden Saisonspielen. Nordtveit machte es im Rahmen seiner Möglichkeiten ordentlich. Er lief viel, war wachsam und hatte den Raum im Auge. Gut sein aufmerksames Mitlaufen bzw. sprinten, wenn ein Bremer steil in die seitliche Spitze startete. Sah Gelb für ein hartes Einsteigen. Spielerisch nicht sonderlich in Erscheinung getreten, jedoch auch ohne nennenswerte Fehler. Musste 22 Minuten vor Schluss für Dahoud weichen. Note 3,5.

Granit Xhaka: Einmal mehr die tragische Figur, wobei man ihn diesmal in Schutz nehmen muss. Bei der ersten Gelben Karte lag deutlich kein Foulspiel vor, Xhaka wurde zu Unrecht verwarnt. Die zweite Gelbe konnte man geben, wobei Xhaka hier keine Absicht zu unterstellen ist. Er hatte den Gegenspieler schlichtweg nicht gesehen. Natürlich ist sein Spiel, gerade wenn er schon verwarnt ist, immer ein Tanz auf der Rasierklinge. Insgesamt profitierte Xhaka davon, mit Nordtveit einen ›alten Bekannten‹ an seiner Seite zu haben. Beide verdichteten die Zentrale vernünftig und Xhaka fand Gelegenheit, sich nach vorne einzuschalten. Er gab zwei gute Schüsse ab, mit denen der Torwart Mühe hatte. Große Klasse waren die Pässe zu den Chancen von Herrmann und Hahn. Ärgerlich, dass er nun gegen den HSV gesperrt fehlt. Note 3,5.

Thorgan Hazard: Nachdem er gegen Mainz zentral spielte, kam er in Bremen vornehmlich über die rechte Seite. Er deutete gelegentlich an, was in ihm steckt, doch zumeist agierte er etwas zu hastig oder zu blauäugig. Es fehlte die Durchschlagskraft und die Beschleunigung in den Aktionen. Ein ›Chip-Pässchen‹ leitete das 1:1 ein. Hazard muss etwas weg vom Stil des ›Hallenfußballers‹, hin zu einem Spieler, der zielgerichtet forciert. Note 4,0.

Patrick Herrmann: Weit von der Form der Rückrunde entfernt, wobei er deutlich mit der Rolle auf der linken Seite fremdelt. Sehr fehlerbehaftet im Passspiel und offensiv mit wenig Durchsetzungsvermögen. Ein Linksschuss aus dem Lauf verfehlte das Tor. Hatte die 100%ige Chance auf das 2:2 nach Xhaka-Traumpass, setzte den Ball jedoch am langen Pfosten vorbei. In der Rückwärtsbewegung engagiert, ein gutes Wiedereroberungs-Tackling nach einem gelungenen Doppelpass der Bremer. Nach 72 Minuten musste er für Hahn weichen. Note 4,5.

Lars Stindl: Nach zwei Partien als Sechser lief er nun erstmals als zweite Spitze auf. Die neue Rolle interpretierte er mannschaftsdienlich. Er war viel unterwegs, ließ sich auch immer wieder bis kurz vor oder sogar zwischen die Sechser fallen. Stindl war der laufstärkste Borusse im Weserstadion. Gut seine Annahmen mit der Brust und das Abschirmen des Balles. Stark, wie er sich beim Ausgleich behauptete und trocken abschloss. Sein Passspiel war solide, doch er hätte sich ruhig noch etwas mehr zutrauen und das Ruder stärker an sich reißen können. Note 3,5.

Raffael: Sucht weiter seine Form und das Zusammenspiel mit den Kollegen. In mehreren Situationen wurde er bei Ballbesitz alleine gelassen, bekam keine echte Hilfe und niemand bot sich mit einem Lauf an. Es gab selten die Konstellation, wo er ›im Dreieck‹ kombinieren konnte. Der Ballverlust vor dem 1:0 war bezeichnend - Raffael machte aus Hilflosigkeit den fatalen Schlenker und ließ sich den Ball abluchsen. Bei seiner besten Aktion fehlte die Finalisierung: Mit schnellem Sololauf drang er in den Strafraum ein und legte dann per Außenrist - eigentlich gut gedacht - ab, doch ein Bremer kam gerade noch vor dem mitgelaufenen Wendt an den Ball. In der Schlussphase wurde Raffael für Drmić rausgenommen. Note 4,5.

Mo Dahoud: Ersetzte Nordtveit und schon war mehr Fußball im Team. Perfektes Zuspiel in den Lauf von Wendt, der zu Raffael passte. Flott und frisch, Dahoud wirkte leichtfüßig. Nach fehlerhaftem Anspiel mit beherztem, aber sauberem Tackling. Hetzte Bartels beim Konter vergeblich hinterher. Ohne Note.

André Hahn: Kam für Herrmann und brachte etwas Power und Physis vorne rein. Hatte nach feinem Xhaka-Pass eine Großchance. Sein Schuss war nicht schlecht, doch Keeper Wiedwald reagierte stark. Ohne Note.

Josip Drmić: Eine Schlussoffensive bei Rückstand ist eigentlich eine gute Gelegenheit für einen eingewechselten Stürmer, auf sich aufmerksam zu machen. Blöd nur, wenn es - wie schon gegen Mainz - keine Schlussoffensive gibt. So verpuffte die Einwechslung von Drmić vollständig. Ohne Note.

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