Einzelkritik: SC Freiburg - Borussia Mönchengladbach 3:1 (0:1)

Enttäuschend harmlos

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Es war grausam (Foto: Thomas Kienzle / AFP / Getty Images)

Es war grausam (Foto: Thomas Kienzle / AFP / Getty Images)

Borussia Mönchengladbach holte sich in Freiburg eine verdiente Niederlage ab. Alle Spieler blieben unter ihren Möglichkeiten, wie auch die Einzelkritik zeigt. Die Bäume wachsen in Gladbach nicht in den Himmel.

Yann Sommer: Borussias Keeper war weitaus mehr gefordert, als allgemein erwartet. Freiburg kam zu einer gehörigen Anzahl an Abschlüssen, wobei Sommer einige parierte bzw. beim Pfostentreffer vor der Pause das Glück des Tüchtigen hatte. Beim Ausgleichstor machtlos, danach ließ er einen Freistoßaufsetzer von Grifo schwach nach vorne klatschen und hatte erneut Glück, dass der Abpraller nicht verwertet wurde. Den nächsten Freistoß von Grifo lenkte er gekonnt zur Seite. Beim 1:2 ohne Abwehrchance, vor dem Elfmeter zum 1:3 musste er hingehen. Die Regeländerung kam ihm zugute, sonst hätte er auch noch zu allem Überfluss wegen einer Notbremse Rot gesehen. So blieb es bei Gelb. Note 4,0.

Nico Elvedi: Als rechter Mann der Dreierkette startete er nach 30 Sekunden mit einem Querschläger im eigenen Strafraum. Sein erster vertikaler Pass geriet anschließend mit Ansage in die Füße eines Gegners. Bis zu seiner Auswechslung in der 77. Minute konnte der Schweizer die Unsicherheit in seinem Spiel nicht ablegen. Bezeichnend die 24. Minute, als er innerhalb weniger Sekunden zunächst unbedrängt ins Seitenaus passte, dann von Frantz vernascht wurde und nach Klärung der Aktion ein Stindl-Zuspiel verschlief. Nach der Umstellung auf Viererkette als Rechtsverteidiger mit einem ganz schwachen Zweikampf Höhe der Mittellinie, der eine Freiburger Umschaltgelegenheit zur Folge hatte. Note 5,0.

Andreas Christensen: Wenn selbst Christensen Kopf und Überblick verliert, dann kann man sich ausrechnen, wie Borussia in Freiburg aufgetreten ist. Der Däne kam eigentlich gut ins Spiel, gewann einige wichtige Duelle. Doch spätestens als er nach einer halben Stunde völlig untypisch zwanzig Meter vor dem Tor den Ball verdaddelte, ging die Souveränität flöten. Missverständnisse (Strobl) im Passspiel, schlechtes Timing in Zweikämpfen und weitere Unzulänglichkeiten reihten sich aneinander. So hätte er sich nicht wirklich beschweren können, wenn ein Handelfmeter gegen ihn gepfiffen worden wäre. Gelungen war Christensens Antritt in der Nachspielzeit, als er den Ball mit raumgreifenden Schritten in die gegnerische Hälfte trieb, aber den Zeitpunkt fürs Abspiel verpasste. Dann wurde er gefoult, doch der Schiedsrichter ließ den fälligen Freistoß nicht mehr ausführen. Beim Ausgleich konnte er in letzter Instanz nicht mehr blocken, beim Freiburger Führungstreffer orientierte er sich früh von Petersen weg und ließ ihn frei zur Kopfballverlängerung kommen und vor dem Elfmeter zum 3:1 konnte er den Ball nicht sichern. Man muss Christensen ganz sicher auch mal ein schlechtes Spiel zugestehen. Das war in Freiburg ganz klar der Fall. Note 5,0.

Tony Jantschke: Noch der stabilste Akteur in der Dreierkette, wobei auch er gegen die aggressiv zu Werke gehenden Freiburger einige Zweikämpfe verlor. Die wichtigen Duelle vermochte Jantschke zu seinen Gunsten zu entscheiden. Da Freiburg die Gladbacher Dreierkette immer wieder früh unter Druck setzte, hatte Jantschke im Passspiel einige Streuung. Nach der Umstellung auf Viererkette in der zweiten Halbzeit zunächst als Linksverteidiger unterwegs, nach Elvedis Auswechslung dann als Rechtsverteidiger. Wirkliche Stabilität brachten die Positionswechsel nicht - weder bei Jantschke noch im Gesamtgefüge. Note 3,5.

Christoph Kramer: Über weite Strecken der ersten Halbzeit machte es Kramer als Ballschlepper und Verteiler im Mittelfeld recht ordentlich. Er war bemüht, eine geduldige Ballzirkulation in die Wege zu leiten, die allerdings immer öfter von den Freiburgern unterbrochen wurde und im weiteren Spielverlauf überhaupt nicht mehr zustande kam. Nach zwanzig Minuten verlor Kramer leichtfertig, weil gedanklich zu langsam, den Ball, was einen schnellen Gegenangriff zur Folge hatte. Anschließend eher damit beschäftigt, Lücken zu schließen und Räume zuzulaufen, als dem eigenen Spiel Impulse geben zu können. In der zweiten Halbzeit setzte sich das nahtlos fort, auch Kramer fand unter Druck nicht die Lösungen. Mit seinem ›Krankenhausanspiel‹ zu Christensen leitete er die Elfmetersituation zum 1:3 ein. Note 4,0.

Tobias Strobl: Nach dem ganzen (berechtigten) Lob der Vorwochen begleitete den Neuzugang aus Hoffenheim eine gewisse Erwartungshaltung, welche er nicht erfüllen konnte. In der Anfangsphase gelangen ihm im Spielaufbau noch gute Verlagerungsbälle (Wendt, Traoré), danach war er weitgestgehend mit Defensivarbeit beschäftigt. Hier ging er in diversen Situationen sehr zögerlich zu Werke, wodurch er mehrere Duelle nicht für sich entscheiden konnte bzw. erst gar nicht in den Zweikampf kam. Er verlor immer öfter den Überblick, z.B. als er fast panisch im Strafraum ein Luftloch trat. Untauglich sein Abwehrversuch gegen Philipp vor dem 1:1, als er viel zu passiv war und sich trotz der besseren Position ganz simpel wegdrängen ließ. Note 5,0.

Ibrahima Traoré: Forderte auf seiner rechten Seite die Bälle und war bemüht, etwas zu inszenieren. Freiburg hatte sich allerdings sehr gut auf die Einzelaktionen eingestellt und attackierte Traoré direkt bei der Ballannahme mit teils grenzwertiger Vehemenz. Doch er wehrte sich und bereitete mit seiner bissigen Balleroberung den Führungstreffer vor. Im weiteren Verlauf immer mehr in der Defensive gefordert, um den oft ›schwimmenden‹ Elvedi zu unterstützen. Das machte er fleißig, wenn auch in mehreren Zweikämpfen sehr deutlich wurde, dass er halt kein Abwehrspieler ist. Immerhin war bei ihm von der Körpersprache her der Wille erkennbar, sich zu wehren und nicht kampflos ergeben zu wollen. Note 3,5.

Oscar Wendt: Hatte zu Beginn eine vielversprechende Offensivaktion, als er nach Doppelpass mit Raffael über links ziemlich unbedrängt in den Strafraum laufen konnte. Doch der Schwede verpasste sowohl den Zeitpunkt für einen Abschluss, als auch für ein Abspiel. Danach noch mit zwei, drei guten Läufen, doch viel mehr war vom Routinier nicht zu sehen. Unter Druck suchte er meist den Weg zurück, wirkliche Impulse konnte er nicht setzen. Die Wege nach hinten machte er mit, der letzte Biss fehlte im Vergleich zu den Freiburgern. Note 4,0.

Lars Stindl: Blieb deutlich unter seinen Möglichkeiten, was auch mit der Freiburger Herangehensweise zu tun hatte. Die stellten Stindl sehr aufmerksam, wenn sich dieser zurückfallen ließ, um das Spiel aufzubauen bzw. die Verbindung zur Angriffsreihe herzustellen. Weil Borussias Kapitän die Bälle in der dicht bevölkerten Zentrale nicht verteilen konnte, blieb das Offensivspiel insgesamt so erschreckend harmlos. Stindl versuchte zwar Lösungen zu finden, rieb sich aber auf und wurde immer fahriger, je länger das Spiel dauerte. Den Ausgleichstreffer leitete er mit einem abgefangenen Pass auf Kramer in die Spitze ein, in der Rückwärtsbewegung verpasste er nach Strobls misslungenem Klärungsversuch den entscheidenden Moment für den Zugriff gegen Philipp. Note 4,5.

Raffael: Seine auffälligste Szene hatte er in der 19. Minute, als er eine falsche Eckballentscheidung des Schiedsrichters korrigierte. Zum Dank für das Fairplay sah Raffael später eine nahezu lächerliche Gelbe Karte durch den überforderten Referee. Auf der anderen Seite ließen die Freiburger Raffael keine Sekunde Luft zum Atmen und nahmen ihn durch die aggressive Spielweise nahezu komplett aus der Partie. Raffael kam nur ganz wenig an den Ball und wenn, wurde er so bissig gestört, dass die Aktion meist schon im Ansatz verpuffte. Eigentlich darf man Raffael nie abschreiben, doch diesmal war nach 70 Minuten Feierabend für den Brasilianer. Note 5,0.

Thorgan Hazard: Blieb über weite Strecken unauffällig, weil er kaum brauchbare Bälle bekam und sich zudem wie Raffael einer sehr intensiven Betreuung durch die Freiburger Gegenspieler ›erfreute‹. Er startete zwar mehrfach gut in die Tiefe, die Anspiele bleiben jedoch aus. Als er einmal durchstartete, zog er zu überhastet und eigensinnig in Richtung Tor ab. Deutlich besser machte es Hazard beim Führungstor, als er sehenswert ins lange Eck traf. Danach kam er nicht mehr in Position und in der 70. Minute wurde der Belgier ausgewechselt. Note 4,0.

André Hahn: Ersetzte Raffael in den letzten zwanzig Minuten, doch sein Einsatz verpuffte wirkungslos. Sechs Ballkontakte hatte Hahn, in Abschlussposition kam er nicht. Ohne Note.

Jannik Vestergaard: Mit seiner Einwechslung in der 70. Minute wurde auf Viererkette umgestellt. Bei seiner ersten Aktion kam der Däne einen Schritt zu spät, danach konnte mit zwei, drei gelungenen Zweikämpfen helfen, dass die defensive Stabilität besser wurde. Vorne mit einem Kopfball nach Traoré-Freistoß aufs Tornetz. Beim zweiten Gegentor reagierte Vestergaard gegen den Torschützen Philipp zu träge und kam nicht mehr rechtzeitig in Position. Ohne Note.

Patrick Herrmann: Durfte die letzten 13 Minuten mitmischen und brachte etwas von der Bissigkeit mit, die zuvor vermisst wurde. Zog sich ohne gegnerische Einwirkung einen Muskelfaserriss zu und wird die nächsten Wochen fehlen. Ohne Note.

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