Einzelkritik: Borussia Mönchengladbach - Bayern München 3:1 (0:0)

Ein Gladbacher Festtag

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Da staunt selbst Xabi Alonso (Foto: Norbert Jansen / Fohlenfoto)

Da staunt selbst Xabi Alonso (Foto: Norbert Jansen / Fohlenfoto)

Borussia Mönchengladbach kann aus dem 3:1 gegen Bayern München mehr mitnehmen, als ›nur‹ die die drei Punkte. Die Mannschaft hat nachgewiesen, dass sie auf allerhöchstem Niveau taktisch und fußballerisch mithalten kann. Das war ein Gladbacher Festtag.

Yann Sommer: Tags zuvor arbeitete er mit Uwe Kamps noch an der Rückpassverarbeitung, beim Spiel gegen die Bayern wurde er in dieser Disziplin oft gefordert. Er hatte nach Nordtveit die meisten Ballkontakte aller Borussen. Bis auf eine Situation im ersten Durchgang, die ›heiß‹ wurde, wusste er größere Risiken zu vermeiden. Zwar flog der eine oder andere Ball ins Seitenaus, aber dort können sie nicht zur Gefahr werden. Sommer hielt seine Mannschaft vor der Pause mit mehreren Paraden im Spiel. Beim Lewandowski-Schuss aus kurzer Distanz und dem Martinez-Abschluss unmittelbar vor dem Pfostenschuss reagierte er prächtig. Bei den weiteren Gelegenheiten der Bayern war er ebenfalls zur Stelle, wobei er diese unpräzisen Abschlüsse auch abwehren musste. Sicher bei hohen Bällen. Keine Abwehrchance hatte er beim Anschlusstreffer. Note 1,5.

Nico Elvedi: Startelfdebüt als rechter Mann in der Dreierkette. Musste sich dabei mit Coman auseinandersetzen, der aufgrund seiner Schnelligkeit kaum zu halten war. Zwar kam Elvedi in einigen Situationen gut vor den Mann und konnte ihn bei der Ballannahme erfolgreich stellen. Doch wenn der Franzose ins Laufduell kam, sah Elvedi mehrfach kein Land. Nach einem Sommer-Zuspiel unterlief ihm ein Ballverlust, bei der Lewandowski-Chance kam er einen Schritt zu spät. Nach einer halben Stunde stabilisierte er sich und traute sich sogar nach vorne, als er einen abgefälschten Schuss aufs Tor abgab. Auffällig seine ruhigen und beherrschten Aktionen, die frei von Hektik waren. Ein weiterer Faktor war seine Präsenz bei hohen Bällen - hier war er eine große Hilfe. Beim 2:0 mit seiner Kopfballverlängerung eher unfreiwilliger Assistgeber. Bekam zum Ende seiner Premierenvorstellung auch noch Ribery als Gegenspieler serviert, den er beim Anschlusstor nicht halten konnte. Allerdings war das nahezu perfekt gespielt und kaum zu verteidigen. Nach der Orientierungsphase am Anfang war es ein ordentliches Debüt unter wahrlich nicht einfachen Voraussetzungen. Note 3,5.

Andreas Christensen: Zentraler Akteur in der Dreierkette, der wieder einmal mit großer Abgeklärtheit überzeugte. Er zog die Bälle nahezu magnetisch an und entpuppte sich erneut als ›Antizipations-Meister‹. Der Däne hat wirklich einen ›Fühler‹ für den Ball. Auch in den direkten Duellen sehr standhaft. Ließ selbst einen Weltklasse-Stürmer wie Lewandowski abprallen. Christensen blockte, was das Zeug hielt und riskierte dabei Kopf und Kragen. Mehrfach bekam er etwas ab, doch er zog nie zurück und biss auf die Zähne. Im Passspiel solide, nur einmal mit einem wirklich schlechten Ball in die Mitte, aus dem der Gegenangriff mit dem Pfostenschuss resultierte. Note 2,0.

Håvard Nordtveit: Links in der Dreierkette mit einer überzeugenden Leistung. Zu bemängeln gab es einen Fehlpass, mit dem er Xhaka zu einer ›Mördergrätsche‹ nötigte und einen ›unforced-error‹ nach der Pause, den er selbst korrigierte. Ansonsten war Howie sehr aufmerksam und vor allem in den Zweikämpfen ausgesprochen bissig. Mehrfach kam ihm seine ordentliche Grundschnelligkeit zugute. Dazu überzeugte er als Kopfballspieler, was er als 6er so nicht zeigen konnte. Spielte die meisten Pässe der ›Drei aus der Kette‹. Schön ein langer Ball auf Stindl, zudem gab er nach dem abgewehrten Standard aus dem Rückraum den Pass auf Elvedi vor dem 2:0. Ganz klar: der ›schnelle Ausbügler‹ Nordtveit spielt sich in der wie auch immer gearteten Abwehrkette fest. Note 2,0.

Julian Korb: Zu Beginn in der neuen Rolle etwas ›suchend‹ und zu zurückhaltend, wenn es darum ging, die Bayern zu attackieren. So konnten die Gäste mehrfach über Borussias rechte Seite aufbauen und Coman in Position bringen, worunter wiederum Elvedi zu leiden hatte. Nach und nach schaffte es Korb, die Abstände zu verringern und vehementer zu attackieren. Durch die ›hohe‹ Positionierung noch mehr als bislang im Spiel nach vorne gefordert. Er versuchte einiges, schien jedoch zunächst etwas zu viel Respekt zu haben. Den legte er im Verlauf des Spiels ab und traute sich mehr zu. Er rückte mehrfach gut mit an und in den Strafraum. Hatte die Riesenchance zum 2:0, als er eigentlich gar nicht so viel falsch machte. Klasse sein Pass auf Johnson vor dem 3:0, den er mit Übersicht und ›wohl temperiert‹ spielte. Note 3,0.

Mo Dahoud: Es war eng im neuen Fünfermittelfeld, zudem tummelten sich ja auch die Bayern verstärkt in diesem Bereich. So hatte Dahoud nur wenig Raum für seine Aktionen, längere Ballbesitzphasen gab es kaum. Dafür machte er wieder weite Wege und war überall zu finden. Kleinere ›Verbindungspässe‹ ermöglichten mehrfach ein Vorankommen. Ging direkten Zweikämpfen nicht aus dem Weg und konnte sich einige Male gut behaupten. In einer Aktion fehlte es ihm an ›Body‹, als er einfach weggedrückt wurde. Fing in der Hochphase der zweiten Halbzeit mal kurz an zu überdrehen, als er Pirouetten mit dem Ball drehen wollte. Er besann sich jedoch schnell wieder eines Besseren, fünf Minuten vor Schluss wurde er ausgewechselt. Note 3,0.

Granit Xhaka: Aufgrund der Neusortierung im Mittelfeld nicht so die zentrale Anspielstation wie gewohnt. Er war zunächst mehr darum bemüht, für Ordnung als für Akzente zu sorgen. Machte es in der Defensivarbeit meist gut, setzte saubere Grätschen und verhielt sich im Zweikampf - mit Ausnahme eines Fouls mit Ankündigung - geschickt. Der beengte Raum im Mittelfeld brachte es mit sich, dass Xhaka weniger Ruhe beim Passspiel hatte und somit seine Quote deutlich unter dem üblichen Schnitt lag. Vor allem bei Kurzpässen unter Bedrängnis mit dem rechten Fuß fehlten ihm mehrmals Gleichgewicht und Genauigkeit. In der einen oder anderen Situation lief er zu lange mit dem Ball. Auf der anderen Seite brachte er im Umschaltspiel mit kurzen Weiterleitungen den Motor immer wieder zum Laufen. Xhaka machte weite Wege und arbeitete vorbildlich für die Mannschaft. Auch das ist eine Eigenschaft, die ihn als Kapitän auszeichnet. Am Ende wirkte er etwas müde. Note 3,0.

Fabian Johnson: Nominell im linken Mittelfeld, wo er gemeinsam mit Wendt sehr gut harmonierte. Beide schafften es defensiv, das Münchener Spiel erfolgreich zu unterbinden oder zumindest zu stören. Wenn die Bayern gefährlich wurden, dann über die rechte Gladbacher Seite. Nach vorne zeigte Johnson vor der Pause einige Ansätze, so richtig auffällig wurde er nach dem Seitenwechsel. Er war enorm sprintstark mit und ohne Ball, bei seinen spritzigen Tempo-Gegenstößen immer mit erhobenem Kopf und dem Blick nach vorne. Bereite das 1:0 mit seinem Antritt vor und vollendete seinen Sprint von der Mittellinie zum 3:0. Wobei der Schuss nicht wirklich gut war, aber vielleicht gab das den Ausschlag, dass der Ball letztlich im Tor landete. Note 1,5.

Oscar Wendt: Da er ja seine Rolle als Linksverteidiger schon immer sehr offensiv interpretiert, war die Umstellung für ihn nicht sonderlich schwer. Nun hatte er ganz offiziell die ›Lizenz‹, sich vorne rumzutreiben. In Abstimmung mit Johnson klappte das ausgezeichnet, weil beide die defensiven Aufgaben nicht vernachlässigten. Wendt überzeugte mit gutem Stellungsspiel und einer sauberen Zweikampfführung. Am Ball sah alles sehr sorgfältig und ruhig aus. Er wählte perfekt die Momente, wenn es galt, zu temporisieren. Bereitete das 1:0 mit filigraner Vorarbeit mit vor und vollendete schließlich überlegt mit rechts. Defensiv nach der Pause einmal von Coman überlaufen, als der die Seite gewechselt hatte. Da konnte Wendt nachfühlen, wie es Elvedi zuvor ergangen war. Note 1,5.

Raffael: Hatte in der Anfangssequenz eine erste Schussgelegenheit mit einem Aufsetzer aus dem Lauf heraus. Nachdem sich die Bayern sortiert hatten, gab es zunächst kaum Aktionen des Brasilianers. Wie immer arbeitete er sehr fleißig mit nach hinten und war überall unterwegs. Ein paar Mal wurde er vor der Pause angespielt, als er zu schnell auf den Passgeber zurücklegte, obwohl eigentlich Raum für eine Drehung und eine Aktion in Richtung Strafraum möglich gewesen wäre. Nach dem Seitenwechsel traute er sich mehr zu. Genial und bewusst gewollt sein Assist zum 1:0, dazu noch mit feinem Hackenzuspiel für Stindl. Raffael sorgte dafür, dass sich die Rädchen vorne drehten und ineinandergriffen. Note 2,5.

Lars Stindl: Schaut man sich die ›Heatmap‹ von Stindl an, so gibt es kaum eine freie Fläche. Nominell ist er Stürmer, doch er war wieder mal überall zu finden. 12,5 Kilometer lief er, half Räume zu schließen und Bälle zu erobern. Im Spiel nach vorne mit einigen guten Ideen, auch wenn nicht alles glückte. Stark die Direktweiterleitung auf links vor der Pause und herausragend seine Übersicht bei der Korb-Großchance. Aufmerksam und im Stile eines Torjägers beim 2:0 zur Stelle gewesen. Sah Gelb für ein taktisches ›Muss-Foul‹. Note 2,5.

Marvin Schulz: Ersetzte Dahoud in der Schlussphase und sortierte sich im linken Mittelfeld ein, wo er eifrig die Räume zulief. Eine Ballaktion hatte er nicht. Ohne Note.

Josip Drmić Zwei Minuten vor Schluss für Raffael eingewechselt, um an der Uhr zu drehen. Ein Schussversuch wurde geblockt. Ohne Note.

Thorgan Hazard: Letzte Wechseloption in der Nachspielzeit, um das Spiel nochmal zu unterbrechen. Ohne Note.

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