Einzelkritik: FC Sevilla - Borussia Mönchengladbach 3:0 (0:0)

Hilflos auf europäischer Bühne

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Hilferuf - Borussia chancenlos (Archivfoto: Team2 Sportphoto)

Hilferuf - Borussia chancenlos (Archivfoto: Team2 Sportphoto)

Es war eine rabenschwarze Nacht für Borussia Mönchengladbach in Andalusien. Die Fohlenelf musste eine verdiente 0:3-Niederlage über sich ergehen lassen. Die Hilflosigkeit in allen Mannschaftsteilen war überdeutlich.

Yann Sommer: Borussias Keeper war bis in die Schlussminuten hinein der einzige Borusse, dem man eine gute Leistung attestieren konnte. Er reagierte mehrfach stark, war sicher bei hohen Bällen und machte es als mitspielender Keeper ordentlich. Ausnahme ein unfreiwilliger Doppelpass mit dem Gegner kurz vor der Pause, der ins Auge hätte gehen können. Bei der ersten Elfmetersituation schuldlos, da er hingehen musste und zudem rechtzeitig vor Vitolo am Ball war. Am Ende hielt er zunächst bravourös gegen Immobile, leistete sich alsdann einen ziemlichen Fehlgriff beim 0:3, das er quasi selbst markierte. Entscheidend war dieser Fauxpas in einer bereits komplett entschiedenen Partie nicht mehr. Note 3,5.

Julian Korb: Hatte einen schweren Stand gegen den mit allen Wassern gewaschenen Reyes und bekam deutlich seine Grenzen aufgezeigt. In der Anfangsphase brachte er den Spanier durchaus elfmeterwürdig im Strafraum zu Fall, mehrfach war er schlecht postiert und kam nicht hinterher. Reyes narrte Korb des Öfteren. Die Abstimmung mit Hahn passte überhaupt nicht, beide brachten sich bei Ballbesitz ständig gegenseitig in die Bredouille. Als Traoré zeitweise vor ihm spielte, kam er etwas besser zurecht. Nach der Pause weiter ohne Zugriff auf die Kontrahenten. Erst als Sevilla nach dem 2:0 zwei Gänge zurückschaltete, war Korb ein paar Mal am Ball. Note 5,0.

Roel Brouwers: Hinterließ wie schon gegen den HSV keinen gefestigten Eindruck, wobei die Innenverteidiger das schlechte Defensivverhalten der Mannschaft geballt zu spüren bekamen. Die Spanier kamen wiederholt ungehindert mit Tempo in den Strafraum, so dass Brouwers nur auf gut Glück reagieren konnte. Ein paar Mal schaffte er es, irgendwie noch ein Körperteil an den Ball zu bekommen. Bei der Situation zum zweiten Elfmeter ging er zu plump hin, wobei er kaum eine andere Bewegung hätte hinbekommen können. Vorne hatte er in der Anfangsphase eine gute Kopfballchance - da war mehr drin. Note 4,5.

Tony Jantschke: Durfte die Mannschaft bei der Königsklassen-Premiere als Kapitän aufs Feld führen. Dieses Erlebnis und zwei überragende Rettungsaktionen im eigenen Strafraum kurz vor der Pause dürfen haften bleiben. Der Rest des Abends war wie bei allen anderen zum Vergessen. Erst ließ er sich an der Eckfahne leicht überspielen, dann verlor er Gameiro bei dessen Kopfballchance im Fünfmeterraum aus den Augen. Wie Brouwers litt er darunter, dass die Spanier unbehelligt und mit Tempo in den Strafraum laufen konnten. Jantschke versuchte nach Kräften, zu stören und Lücken zu schließen. So wie vor der ersten Elfmetersituation, als er rausrückte, die Hereingabe aber nicht verhindern konnte. Den dritten und entscheidenden Strafstoß muss er klar auf seine Kappe nehmen. Nach einem misslungenen Befreiungsschlag am Fünfmeterraum traf er im zweiten Versuch den Gegenspieler elfmeterreif. In der Offensive hatte er Ende des ersten Durchgangs nach einer Ecke eine Kopfballgelegenheit, konnte den Ball aber nicht richtig drücken. Note 4,5.

Oscar Wendt: Der Schwede ist ein Musterbeispiel für die Krise bei Borussia. In der Rückrunde, als alles funktionierte, schwamm Wendt routiniert und ultracool auf der Erfolgswelle mit. Jetzt, wo das Konstrukt bedenklich wackelt, ist von Wendts Coolness nichts mehr übrig. In Sevilla lief er defensiv ständig neben- oder hinterher. Monstergrätschen fordert niemand, aber körperloser Begleitservice für die Gegenspieler ohne den geringsten Versuch zu stören ist schlichtweg zu wenig. Defensiv ohne Zugriff, im Aufbauspiel flatterig und fehlerbehaftet und alles andere als eine Hilfe für Kollegen. Note 5,0.

Håvard Nordtveit: Ihm gelang es im Zentrum zumindest ab und zu mal, einen Fuß dazwischen zu bekommen und die Kombinationen der Spanier etwas zu behindern. Doch für einen vornehmlich defensiv ausgerichteten Sechser war die Quote der Störaktionen zu gering. Zumal er nicht klug agierte, wie sich schon in der Anfangsphase vor dem Pfostenschuss zeigte. Da rückte er übereifrig ohne Rückendeckung aus der Ordnung heraus und öffnete damit sperrangelweit die Tür für die flinken Spanier. Man kann Nordtveit den Einsatzwillen nicht absprechen, doch mit der Organisation der Zentrale war er genauso wie bei der Spielgestaltung überfordert. Note 4,5.

Lars Stindl: Nach dem missglückten Experiment auf der rechten Seite gegen Hamburg nun wieder als zweiter Sechser aufgeboten. Hier mit großen Schwächen im defensiven Positionsspiel, eine Abstimmung und Raumaufteilung mit Nordtveit war nicht auszumachen. Als Störfaktor oder gar Balleroberer trat er überhaupt nicht in Erscheinung. Wenn die Spanier das Tempo anzogen, überliefen sie Stindl problemlos. Defensiv ein Ausfall, machte der Ex-Hannoveraner auch im Spiel nach vorne keinen Stich. Von Tempo und Esprit war nichts zu sehen. Komplett neben die Spur geriet Stindl, als ihm unmittelbar nach Wiederanpfiff der Ballverlust unterlief, mit dem er den Gegenangriff zum ersten Elfmeter ermöglichte. Danach klappten nicht mal mehr einfachste Pässe über wenige Meter, dazu holte er sich höchst ungeschickt eine Gelbe Karte ab. Die Auswechslung nach 67 Minuten dürfte einer Erlösung gleichgekommen sein. Note 5,0.

André Hahn: Nachdem er gegen den HSV als zweite Spitze auflief, wurde er in Sevilla auf der rechten Seite eingesetzt. Dort mit seinem gewohnten Eifer unterwegs, allerdings ziemlich kopflos. Das war hochgradig gefährlich, weil er überhastet mehrfach ›Flipperbälle‹ spielte, die fast immer beim Gegner landeten und mit denen er zweimal für die Spanier perfekt einen Angriff einleitete. In der Defensive passte die Abstimmung mit Korb überhaupt nicht, teilweise herrschte rechts hinten Chaos. Als Hahn nach links rückte, klappte es defensiv etwas besser. Nach vorne ging derweil so gut wie gar nichts. Aus einer Verzweiflungsaktion resultierte die erste Ecke vor der Pause, die Jantschkes Kopfballgelegenheit zur Folge hatte. Nach der Pause tauchte Hahn immer mehr ab und wurde später durch Nico Schulz ersetzt. Note 4,5.

Ibrahima Traoré: Kam ganz gut ins Spiel und war in der Anfangsphase recht auffällig, als es einige vernünftige Spielzüge über links gab. Er brachte die gefährliche Freistoßflanke zum Brouwers-Kopfball und hatte selbst eine gute Schusschance, als Raffael zurücklegte. Allerdings schoss er etwas hastig, der zentral platzierte Nordtveit wäre als Anspielstation eine bessere Option gewesen. Nach hinten machte Traoré ordentlich mit. Im weiteren Verlauf wechselte er auf die rechte Seite. Insgesamt wurde er mit zunehmender Spieldauer immer unauffälliger, blieb gleichwohl die kompletten 90 Minuten auf dem Feld. Note 4,0.

Raffael: Zu Beginn des Spiels, als es einige konstruktive Aktionen nach vorne gab, war der Brasilianer als Verbindungsspieler mit dabei und suchte den direkten Weg nach vorne. Legte Traoré die Schusschance auf und zeigte darüber hinaus einige gute Ansätze. Allerdings häuften sich die leichten Ballverluste und Raffael agierte immer mutloser. Gleichwohl war er es, der im zweiten Durchgang die Ausgleichschance hatte, aber vorbeischoss. Er blieb insgesamt erneut unter seinen Möglichkeiten und seine Körpersprache war wenig motivierend. Allerdings wäre ohne ihn die fußballerische Armut noch viel größer. Note 4,5.

Thorgan Hazard: Wurde von der Seite wieder ins Zentrum verschoben, wo er jedoch kaum Bälle bekam. In den ersten zwanzig Minuten sporadisch mit dabei, wurde er in der Folgezeit immer unauffälliger. Wenn er etwas auf eigene Faust unternahm, fingen die Spanier ihn ein, bevor auch nur im Ansatz Gefahr entstand. Hazards beste Aktion war die Vorbereitung zu Raffaels Chance im zweiten Durchgang, als er sich (endlich) mal behaupten und nicht vom Ball trennen ließ. Note 4,5.

Mo Dahoud: Ersetzte Stindl und profitierte davon, dass Sevilla nach dem 2:0 den ›Eco-Modus‹ einschaltete. So kam Borussia zu Ballbesitz und Dahoud deutete seine Qualität mehrmals an. Gleichwohl wurden körperliche Defizite deutlich, wenn es nach Ballverlusten darum ging, die Situation zu bereinigen. Ohne Note.

Nico Schulz: Sein Debüt für Borussia blieb in einem bereits entschiedenen Spiel eine Randnotiz. Ein paar Mal ließ er eine gewisse Dynamik aufblitzen, ohne sich jedoch nachhaltig in Szene setzen zu können. Ein überhasteter Abschlussversuch war zu notieren. Ohne Note.

Josip Drmić: Kam unmittelbar nach dem 3:0 für die restlichen sechs Minuten, als alles gelaufen war. Ohne Note.

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